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Julia

Julia

Titel: Julia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Fortier
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würde.«
    Eva Maria lehnte sich erschrocken zurück. »Wie können Sie nur etwas so Schreckliches sagen!«
    »Jedenfalls - herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!« Ich nahm einen Schluck von meinem Prosecco. »Und vielen Dank für alles.« Dann fixierte ich Alessandro, bis er meinen Blick schließlich erwiderte. »Keine Sorge, ich bleibe nicht lange.«
    »Das hätte mich auch gewundert«, gab er kalt zurück, »denn für Ihren Geschmack ist es hier bestimmt viel zu friedlich.«
    »Ich mag es, wenn es friedlich ist.«
    In seinen nadelbaumgrünen Augen blitzte für einen Moment eine Warnung auf, die aus den Tiefen seiner Seele zu kommen schien. Ein beunruhigender Anblick. »O ja, natürlich.«
    Ich verkniff mir eine Antwort, biss stattdessen die Zähne zusammen und wandte meine Aufmerksamkeit den Antipasti zu.
    Leider besaß Eva Maria nicht die nötigen Antennen, um die feineren Nuancen meiner Gefühle aufzufangen. Sie sah nur mein gerötetes Gesicht. »Sandro«, sagte sie, um unserem vermeintlichen Flirt einen weiteren Anstoß zu geben, »warum hast du Giulietta denn noch nicht in der Stadt herumgeführt und ihr ein paar schöne Sachen gezeigt? Darüber würde sie sich bestimmt freuen.«
    »Ja, bestimmt.« Alessandro stach mit seiner Gabel nach einer Olive, machte jedoch keine Anstalten, sie zu verspeisen. »Leider gibt es bei uns keine Statuen von kleinen Meerjungfrauen.«
    Jetzt wusste ich endgültig, dass er meine Akte eingesehen und dabei alles in Erfahrung gebracht hatte, was es über Julie Jacobs zu wissen gab - Julie Jacobs, die Anti-Kriegs-Demonstrantin, die, kaum aus Rom zurück, gleich nach Kopenhagen weitergereist war, um gegen die Rolle der Dänen im Irak zu protestieren, indem sie die Statue der kleinen Meerjungfrau beschädigte. Bedauerlicherweise hatte er der Akte nicht entnehmen können, dass die ganze Geschichte auf einem großen Missverständnis beruhte und Julie Jacobs nur nach Dänemark gereist war, um ihrer Schwester zu beweisen, dass sie sich traute.
    Der schwindelerregende Cocktail aus Wut und Furcht, den ich plötzlich in meiner Kehle schmeckte, ließ mich blind nach dem Brotkorb greifen. Ich hoffte sehr, dass man mir meine Panik nicht ansah.
    »Nein, aber wir haben andere schöne Statuen!« Eva Maria, die nicht recht begriff, was vor sich ging, sah erst mich und dann ihn an. »Und Brunnen! Du musst ihr unbedingt Fontebranda ...«
    »Vielleicht würde Miss Jacobs lieber die Via dei Malcontenti sehen«, schnitt Alessandro seiner Patentante das Wort ab. »Dort haben wir früher die Verbrecher hingebracht, um ihren Opfern Gelegenheit zu geben, sie auf ihrem Weg zum Galgen mit allem Möglichen zu bewerfen.«
    Ich erwiderte seinen kalten Blick. Inzwischen hatte ich nicht mehr das Gefühl, mich verstellen zu müssen. »Wurde jemals irgendwer begnadigt?«
    »Ja. Man nannte das Verbannung. Die Leute wurden aufgefordert, aus Siena zu verschwinden und niemals wiederzukommen. Dafür ließ man sie am Leben.«
    »Ach, ich verstehe«, konterte ich schnippisch, »genau wie Ihre Familie, die Salimbenis.« Verstohlen spähte ich zu Eva Maria hinüber, die ausnahmsweise mal sprachlos war. »Oder irre ich mich da?«
    Alessandro antwortete nicht gleich. Nach den zuckenden Muskeln seiner Kieferpartie zu urteilen, hätte er mir liebend gerne mit gleicher Münze herausgegeben, was er jedoch vor seiner Patin nicht konnte. »Die Familie Salimbeni«, erklärte er schließlich mit gepresster Stimme, »wurde im Jahre 1419 von der Regierung enteignet und gezwungen, die Republik Siena zu verlassen.«
    »Für immer?«
    »Offensichtlich nicht. Aber sie war lange Zeit verbannt.« Der Blick, mit dem er mich dabei bedachte, legte nahe, dass wir mittlerweile wieder von mir sprachen. »Und wahrscheinlich hatten sie es auch verdient.«
    »Was, wenn ... jemand trotzdem zurückkam?«
    »Dann ...« - um die Spannung zu erhöhen, legte er eine kurze Pause ein, während der mir auffiel, dass seine Augen im Grunde keinerlei Ähnlichkeit mit organischem Material hatten, sondern so kalt und kristallin wirkten wie die Scheibe Malachit, die ich meinen Mitschülern in der vierten Klasse als besonderen Schatz präsentiert hatte, bis uns die Lehrkraft erklärte, dass dieses Mineral abgebaut wurde, um daraus unter massiver Schädigung der Umwelt Kupfer zu gewinnen - »musste der oder die Betreffende dafür schon einen sehr guten Grund haben.«
    »Genug!« Eva Maria hob ihr Glas. »Schluss mit Verbannung und Kämpfen! Jetzt sind wir alle

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