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Julia

Julia

Titel: Julia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Fortier
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verführen wollen. Je spröder die Magd, desto schöner die Poesie.«
    Romeo unterdrückte sein Lachen, so gut er konnte. »Erstens habe ich noch nie einen einfachen Bauern irgendetwas in Reimen sagen hören. Zweitens frage ich mich, wie schön meine Poesie in diesem Fall sein müsste. Angesichts der Magd nicht allzu schön, glaube ich.«
    Sie schnappte nach Luft. »Du Schurke! Dann werde ich dich wohl eines anderen belehren müssen, indem ich mich ganz prüde gebe und deine Küsse verschmähe.«
    »Das ist leicht gesagt, solange uns eine Wand trennt«, scherzte er.
    Für einen Moment versuchten sie beide schweigend, einander durch die Holzbretter zu spüren.
    »O Romeo«, seufzte Giulietta plötzlich traurig, »ist unsere Liebe dazu verdammt, ein Geheimnis in einer dunklen Kammer zu bleiben, während draußen die Welt vorüberschwirrt?«
    »Nicht für lange, wenn es nach mir geht.« Romeo schloss die Augen und stellte sich vor, statt der Wand Giuliettas Stirn an der seinen zu spüren. »Ich wollte dich heute sehen, um dir zu sagen, dass ich meinen Vater bitten werde, unserer Heirat seinen Segen zu erteilen und sobald wie möglich bei deinem Onkel um deine Hand anzuhalten.«
    »Du willst ... mich heiraten?« Sie war nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte. Er hatte es nicht als Frage, sondern eher als Tatsache formuliert. Aber vielleicht war das in Siena so üblich.
    »Mit weniger kann ich mich nicht zufriedengeben«, stöhnte er. »Ich muss dich mit Haut und Haar haben, an meinem Tisch und in meinem Bett, sonst werde ich verkümmern wie ein hungernder Gefangener. Nun weißt du es. Verzeih den Mangel an Poesie.«
    Da auf der anderen Seite der Wand einen Moment lang völlige Stille herrschte, bekam Romeo es ein wenig mit der Angst zu tun. Er befürchtete, sie beleidigt zu haben, und war bereits im Begriff, sich wegen seiner unverblümten Art selbst zu verfluchen, als sich Giulietta wieder zu Wort meldete und seinen kleinen, flatterigen Anflug von Angst mit dem beißenden Geruch einer größeren Gefahr vertrieb.
    »Wenn du eine Ehefrau willst, dann musst du um Tolomei werben.«
    »So sehr ich deinen Onkel auch respektiere«, bemerkte Romeo, »hatte ich doch gehofft, nicht ihn, sondern dich in meine Kammer zu tragen.«
    Nun konnte sie sich ein Kichern nicht mehr verkneifen, auch wenn ihre Freude nur von kurzer Dauer war. »Er ist ein sehr ehrgeiziger Mann. Sorge dafür, dass dein Vater einen langen Stammbaum mitbringt, wenn er bei ihm vorspricht.«
    Romeo, der diese Worte als Beleidigung auffasste, schnappte nach Luft. »Meine Familie trug schon federgeschmückte Helme und diente den Cäsaren, als dein Onkel Tolomei noch in Bärenfellen herumlief und Gerstenmaische an seine Schweine verfütterte!«
    Als ihm klarwurde, wie kindisch er sich benahm, fuhr er in ruhigerem Ton fort: »Tolomei wird meinen Vater nicht zurückweisen. Zwischen unseren Häusern ist nie Blut geflossen.«
    »Ach wäre es doch ein steter Blutstrom gewesen!«, seufzte Giulietta. »Verstehst du denn nicht? Wenn unsere Häuser bereits im Frieden miteinander leben, was soll unsere Vereinigung dann erbringen?«
    Er wollte sie nicht verstehen. »Alle Väter wollen doch, dass es ihren Kindern gut geht.«
    »Und deswegen geben sie uns bittere Medizin und bringen uns zum Weinen.«
    »Ich bin achtzehn. Mein Vater behandelt mich wie seinesgleichen.«
    »Warum ist ein so alter Mann wie du dann noch nicht verheiratet? Oder hast du deine Jugendliebe schon zu Grabe getragen?«
    »Mein Vater hält nichts von Müttern, die selbst noch Kinder sind.«
    Nach so viel Folter tat ihm ihr scheues Lächeln richtig gut, auch wenn es durch das Gitter nur zu erahnen war.
    »Aber hält er etwas von alten Jungfern?«
    »Du bist bestimmt noch keine sechzehn.«
    »O doch, wenn auch noch nicht lange. Aber wer zählt schon die Blütenblätter einer verwelkenden Rose?«
    »Wenn wir erst verheiratet sind«, flüsterte Romeo und küsste dabei ihre Fingerspitzen, so gut er konnte, »dann werde ich dich wässern und auf mein Bett legen und jedes einzelne zählen.«
    Sie tat, als runzle sie die Stirn. »Was ist mit den Dornen? Vielleicht steche ich dich ja und verderbe dir dadurch die Freude?«
    »Glaub mir, die Freude wird weitaus größer sein als der Schmerz.«
    Auf diese Weise flüsterten sie weiter miteinander, mal besorgt, mal neckend, bis plötzlich jemand ungeduldig an die Wand des Beichtstuhls klopfte. »Giulietta!« Die Stimme von Monna Antonia ließ ihre Nichte

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