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Julia

Julia

Titel: Julia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Fortier
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direkt ins Herz der Strohpuppe. »Eine Frau, irgendeine dahergelaufene Frau, wo doch da draußen eine ganze Stadt voller Frauen auf dich wartet ! Als ob du das nicht wüsstest!«
    »Sie ist keine dahergelaufene Frau«, widersprach Romeo seinem Vater mit ruhiger Stimme, »sondern die meine.«
    In der kurzen Pause, die nun folgte, trafen zwei weitere Pfeile in schneller Abfolge ihr Ziel. Die Strohpuppe zuckte an ihrem Seil wie ein Gehängter am Galgen. Schließlich holte Comandante Marescotti tief Luft, und als er weitersprach, war seine Stimme wieder ruhig, ein unerschütterliches Gefäß der Vernunft. »Mag sein, doch deine Auserwählte ist die Nichte eines Narren.«
    »Eines mächtigen Narren.«
    »Wenn Männer nicht schon als Narren auf die Welt kommen, dann lassen Macht und Schmeichelei sie dazu werden.«
    »Wie ich höre, ist er gegenüber Familienmitgliedern sehr großzügig.«
    »Sind denn noch welche übrig?«
    Obwohl Romeo klar war, dass sein Vater das nicht lustig gemeint hatte, musste er lachten. »Ein paar schon«, antwortete er, »nachdem nun seit zwei Jahren Frieden herrscht.«
    »Frieden nennst du das?« Comandante Marescotti hatte das alles schon einmal erlebt, und leere Versprechen ermüdeten ihn noch mehr als offenkundige Falschheit. »Wenn dieser Salimbeni nun wieder anfängt, Tolomei-Schlösser zu überfallen und auf der Landstraße Geistliche auszurauben, dann hat dieser Frieden auch bald ein Ende, das darfst du mir glauben.«
    »Warum dann nicht die Chance auf ein Bündnis mit Tolomei ergreifen?«, hakte Romeo beharrlich nach.
    »Und Salimbeni zu unserem Feind machen?« Comandante Marescotti betrachtete seinen Sohn aus schmalen Augen. »Wenn du der Entwicklung in der Stadt genau so aufmerksam gefolgt wärest wie dem Wein und den Frauen, mein Sohn, dann wüsstest du jetzt, dass Salimbeni schon eine ganze Weile aufrüstet. Sein Ziel ist nicht nur, Tolomei in den Sand zu treten und sämtliche Banken aus der Stadt zu verbannen, sondern die ganze Stadt von seinen ländlichen Stützpunkten aus zu belagern und, wenn ich mich nicht sehr täusche, die Zügel unserer ganzen Republik an sich zu reißen.« Stirnrunzelnd ging der Comandante nun auf und ab. »Ich kenne diesen Mann, Romeo, ich habe ihm in die Augen gesehen, und ich habe mich dafür entschieden, sowohl meine Ohren als auch meine Tür für seine ehrgeizigen Ziele zu verschließen. Ich weiß nicht, wer schlechter dran ist, seine Freunde oder seine Feinde, deswegen hat Marescotti geschworen, keins von beiden zu werden. Eines Tages, vielleicht schon sehr bald, wird Salimbeni den verrückten Versuch unternehmen, das Gesetz über den Haufen zu werfen, und dann werden Ströme von Blut durch unsere Rinnsteine fließen. Ausländische Soldaten werden ins Spiel kommen, und hier in der Stadt werden die Männer in ihren Türmen sitzen und die von ihnen geschlossenen Bündnisse bedauern, während sie auf das Klopfen an ihrer Tür warten. Ich will nicht zu ihnen gehören.«
    »Wer sagt, dass sich dieses ganze Elend nicht verhindern lässt?«, drängte Romeo. »Wenn wir uns mit Tolomei zusammenschlössen, würden andere edle Häuser dem Adlerbanner folgen, und Salimbeni verlöre an Boden. Wir könnten gemeinsam die Straßenräuber dingfest machen und die Straßen wieder sichern. Mit seinem Geld und Eurer Würde ließe sich Großes schaffen. Der neue Turm auf dem Campo wäre bestimmt binnen weniger Monate fertig, die neue Kathedrale binnen weniger Jahre. Alle Leute würden das Haus Marescotti in ihre Gebete einschließen.«
    »Ein Mann sollte sich aus Gebeten heraushalten«, antwortete Comandante Marescotti, ehe er eine kurze Pause einlegte, um erneut seinen Bogen zu spannen, »bis er tot ist.« Der Pfeil durchschlug den Kopf der Puppe und landete in einem Topf Rosmarin. »Danach kann er tun, was er will. Die Lebenden, mein Sohn, sollten darauf achten, dass sie wahren Ruhm verfolgen, und nicht leere Lobhudelei. Wahrer Ruhm geht nur einen selbst und Gott etwas an. Schmeichelei ist die Nahrung der Seelenlosen. Im stillen Kämmerlein darfst du dich ruhig darüber freuen, dass du diesem Mädchen das Leben gerettet hast, aber erwarte dafür keine Anerkennung von anderen Männern. Ruhmsucht steht einem Edelmann nicht gut zu Gesichte.«
    »Ich will keine Anerkennung«, entgegnete Romeo, während sein männliches Gesicht der trotzigen Miene eines kleinen Jungen Platz machte, »ich will nur sie. Es interessiert mich wenig, was die Leute wissen oder glauben. Wenn Ihr mir

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