Julians süßes Blut (German Edition)
nur mit ihm reden.«
Julian zögerte. »Ja, vielleicht. Aber nicht heute.«
»Julian, dieser Ripley von deiner Schule hat wieder angerufen. Er ... tyrannisiert mich regelrecht. Warst du in irgendwelche krummen Dinger verwickelt?« Sie klang streng.
Julian dachte angestrengt nach. »Nein. Außerdem kenne ich diesen Typen überhaupt nicht. Was immer das soll, sag ihm auf keinen Fall, wo ich bin.«
Sie seufzte. »Das weiß ich ja selbst nicht einmal.«
Nachdem er sich von ihr verabschiedet hatte, zog er seine Laufschuhe an. Er wußte, daß er überhaupt keine Kondition mehr hatte. Aber irgendwann mußte er ja mal wieder anfangen.
So verließ er das große Haus im gemütlichen Jogging-Tempo. Die Gummisohlen seiner Schuhe knirschten im Kies.
Er lief vorbei an alten, ehrwürdigen Villen, viele davon aufwendig restauriert. Es hatte angefangen zu nieseln, doch Julian ließ sich davon nicht abschrecken. Er bog nach links in einen großen Park ein. Der Weg war befestigt und führte an einem hübsch angelegten See vorbei. Es waren kaum Spaziergänger unterwegs, was Julian sehr begrüßte.
Doch bereits nach einer viertel Stunde brannten seine Lungen und seine Beine zitterten – er mußte umkehren. Es regnete stärker, und als er endlich wieder vor Alex’ Palast stand, wußte er nicht, ob er vom Regen oder von seinem eigenen Schweiß so durchnäßt war.
George öffnete ihm die Tür und schüttelte erstaunt den Kopf, als Julian triefnaß eintrat. »Hallo George.«
»Hallo Julian. Möchtest du gleich etwas essen?«
Julian überlegte einen Moment. »Ich möchte jetzt ein paar Bahnen schwimmen, aber danach wäre ein Kaffee und ein Stück Kuchen toll.« Er hatte sich noch immer nicht daran gewöhnt, daß er hier einfach alles bekommen konnte, was er sich wünschte.
»Soll ich den Kaffee dann zum Swimming-Pool bringen?«
»Ja, bitte.«
George entfernte sich, und Julian machte sich auf den Weg zum Pool. Seine Schuhe quietschten auf dem gefliesten Boden, als er eintrat. Er sah Tom auf einem der Liegestühle sitzen und lesen.
Tom blickte kurz von seinem Buch auf, als er Julian eintreten hörte. »Hi Julian.« Er betrachtete ihn kurz.
»Hallo Tom.« Julian überlegte einen Moment, ob er wirklich schwimmen sollte, wenn Tom dort saß. Doch dann streifte er sich die nassen Sachen von seinem Körper und ging nackt an den Rand des Pools. Das Wasser schimmerte türkisblau, langsam ließ er sich in das Becken gleiten. Er glaubte, daß Tom ihn beobachtete, doch das Wasser war so herrlich, daß er jeden Gedanken daran verdrängte. Außerdem war Tom ein zurückhaltender Mensch, er würde ihm nicht zu nahe kommen, solange er das nicht wollte.
Julian schwamm einige Bahnen in dem warmen Wasser, bis sich seine überanstrengten Muskeln entspannten. Als George eintrat, schwamm er an den Rand. Er beobachtete, wie George das Tablett mit Kaffee und Kuchen an einem der Liegestühle neben Tom abstellte. Wie angenehm es war, bedient zu werden, stellte Julian fest. Er wartete im Wasser bis George gegangen war.
Tom wußte, warum Julian gezögert hatte, aus dem Wasser zu steigen. Er legte sein Buch zur Seite und stand langsam auf. Aus einem der Schränke am Rande des großen Raums zog er ein dickes, flauschiges Handtuch, welches er Julian reichte, als dieser aus dem Wasser stieg.
Julian hüllte sich darin ein. »Danke.«
Tom betrachtete ihn nachdenklich. »Du solltest echt bald was auf die Rippen kriegen. Das Leben hier schlaucht auf die Dauer. Ich weiß ja nicht, wie du das in deinem Zustand lange aushalten willst.«
Julian setzte sich auf einen Liegestuhl und langte nach dem Kuchen. »Hört sich nicht nach einem Kompliment an, was du da sagst.«
Toms Gesicht entspannte sich wieder. »Du hast ganz schön was mitgemacht in den letzten Monaten, was?«
Julian blickte ihn grimmig an. »Nichts, was ich nicht verkraften würde.«
»Entschuldige, ich wollte dir nicht zu nahe treten.«
»Schon o.k.«, murmelte Julian mit vollem Mund.
Sieben
Du des Todes
heimlichster süßester Vorgenuß!
Friedrich Nietzsche
Er konnte nicht einschlafen. Bei Gott, er hatte es versucht, aber er konnte es einfach nicht. Und er war so unruhig. Es war ein merkwürdiger Tag gewesen. Und obwohl sein Körper erschöpft war vom Laufen und vom Schwimmen – er konnte einfach keine Ruhe finden. Er hatte sich lange mit Tom unterhalten, während sie zusammen Kaffee getrunken hatten. In Tom hatte Julian einen ausgesprochen
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