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Julias Geheimnis

Julias Geheimnis

Titel: Julias Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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älter geworden.«
    »Du hättest uns sagen sollen, dass du kommst. Dann hätte ich etwas Besonderes gekocht.«
    »Das ist doch nicht so wichtig.« Er hob sie hoch und schwenkte sie herum. Auch sie war älter geworden. Ihr wettergegerbtes Gesicht war faltig geworden und ihr dunkles Haar von Grau durchzogen. Sie hatte abgenommen und fühlte sich in seinen Armen leicht wie eine Feder an. Aber siewirkte auch verhärmter, als er sie in Erinnerung gehabt hatte. Die Jahre waren nicht spurlos an ihr vorübergegangen.
    Aber ihr Lachen war wunderbar und wirkte auf ihn wie Wein. Spielerisch schlug sie ihn auf den Rücken. »Andrés!«
    Er setzte sie wieder ab. »Und Isabella?«, fragte er. »Wie geht es meiner Schwester?«
    »Mir geht es gut.«
    Die Stimme kam aus der offenen Tür. Da stand Isabella im Rahmen, seine allerliebste Isabella, mit einem Korb mit Brot und Einkäufen am Arm und einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht. Klein, schlank und so schön wie immer.
    »Andrés«, flüsterte sie. »Endlich bist du gekommen.« Sie stellte ihren Korb ab.
    Er ging auf sie zu und zog sie in eine feste Umarmung, bis sie gegen seine Brust trommelte und lachend nach Luft schnappte. »Hallo, Isabella«, sagte er leise. »Du hast dich überhaupt nicht verändert.« Doch das stimmte nicht. Jetzt sah er, dass sie ebenfalls müde aussah. Ihre Haut war noch glatt, aber um ihre Augen und ihren Mund hatten sich feine Linien eingegraben, und ihre Stirn zeigte eine Andeutung von Sorgenfalten. Aber ihr Haar war immer noch lang und schimmerte schwarz wie ein Rabenflügel, und als sie ihn losließ, um ihre Mutter zu küssen, wirkte ihr Körper mit seinen Linien und Kurven, den er so oft gezeichnet und gemalt hatte, so biegsam wie immer, nur dass er heute ein wenig runder und weniger kantig war. Seine Mutter und seine Schwester. Wenigstens die beiden waren keine Fremden für ihn.
    »Setz dich! Setz dich doch! Ich mache Kaffee.« Seine Mutter schob die beiden an den Tisch und sah noch einmal zur Treppe.
    Isabella tat es ihr gleich. Um Himmels willen. Wovor hatten die beiden solche Angst? »Ist mein Vater da?«, fragte Andrés.
    »Natürlich, mein Sohn.« Seine Mutter füllte den Wasserkessel.
    »Wirst du ihm sagen, dass ich gekommen bin?«
    Sie zögerte. Neigte den Kopf. »Ja, ich werde es ihm sagen.« Sie machte allerdings immer noch keine Anstalten dazu.
    Isabella zog Andrés am Arm, damit er sich am Tisch neben sie setzte. Andrés stellte fest, dass es derselbe Tisch war, der schon immer in der Küche gestanden hatte. Der Tisch, an dem er früher gemalt hatte. Es war ein einfacher Holztisch, der mit Kratzern und Flecken überzogen war, nachdem er nun schon ein ganzes Familienleben lang in Gebrauch war.
    »Erzähl mir alles«, drängte sie ihn. »Was gibt es Neues aus England? Wann bist du angekommen? Warum hast du uns nichts davon gesagt, dass du kommst?«
    »Das sind aber viele Fragen.« Lachend blickte er auf, und da stand sein Vater in der Tür.
    Andrés stand auf. »Papa.« Er war schockiert, denn sein Vater war stark gealtert. Sein Gesicht wirkte wie ausgebleichtes gefärbtes Leder, und das wenige Haar, das er noch besaß, war schütter und erschreckend weiß. Er trug immer noch die mit Farbe bespritzten Shorts und das weite blaue Hemd, aber er war furchtbar hager. Kleiner war er auch geworden. Es war, als wäre er geschrumpft. Das rote Tuch hatte er immer noch locker um den Kopf geschlungen, und in seinem Mund steckte die gewohnte schmale Zigarre. Dann hatte er trotz seiner Krankheit das Rauchen immer noch nicht aufgegeben. Er sah nachdenklich aus.
    »Ja, also   …« Seine Stimme klang so tief und guttural wie immer.
    Andrés richtete sich auf. Das hier war seine Familie. Er hatte das Recht, hier zu sein. Er würde dem Mann notfalls noch einmal Paroli bieten. Er war hergekommen, um seine Mutter und seine Schwester zu unterstützen. Und er hatte Fragen, auf die er Antworten brauchte.
    »Dann hast du also endlich beschlossen, dich blicken zu lassen«, meinte Enrique Marín. »Ich hatte mich schon gefragt, wie lange es noch dauern würde.«
    »Enrique!« Seine Frau tadelte ihn leise. »Unser Sohn ist zu Hause«, sagte sie. »Wir wollen zusammen Kaffee trinken.«
    Doch sein Vater stapfte zum Kühlschrank und nahm ein Bier heraus. Er schloss die Tür, warf Andrés einen Blick zu, öffnete sie wieder, holte noch ein Bier für ihn heraus und gab es ihm.
    »Danke, Papa.«
    »Nun gut.« Seine Mutter zuckte die Achseln und ging Gläser holen.

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