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Julias Geheimnis

Julias Geheimnis

Titel: Julias Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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Vermutlich hätten sie die Einladung nicht angenommen. Aber   … Die Wahrheit war, als sie die Kleine gesehen hatte, hatte sie beinahe Angst davor gehabt, sie könnten sie annehmen.
    »Wäre es schlimm, wenn ich dich mit den Blumen allein lasse?«, fragte sie Frances. »Das hier hat mich ein wenig überrumpelt. Laura   …«
    »Natürlich nicht.« Frances nickte. Aber ihr freundlicher Blick schien alles zu erfassen   – Vivien, das Baby, ihre Gefühle.
    »Die Blumen stehen in der Küche.«
    Frances nickte. »Ich übernehme das.« Sie stand auf. Hatte sie etwa eine Träne im Auge? »Und du kümmerst dich um dieses Baby.«

17. Kapitel
    BARCELONA 1945
    D ie Jahre vergingen. Schwester Julia arbeitete weiter in der Klinik. Es war, als führe sie zwei Leben. Vielleicht hatte sie ja Glück. Sie hatte die Sicherheit von Santa Ana, seinen Frieden und seine Ruhe, die ihrer Seele Erholung spendeten, und zugleich eine Stellung in der Außenwelt. Aber was für eine Welt war das! Es hieß, Spanien bewege sich auf eine noch größere, nie gekannte wirtschaftliche Katastrophe zu. Sogar auf einen Staatsbankrott. Wie war das möglich? Spanien hatte nicht einmal am Zweiten Weltkrieg teilgenommen, sondern war neutral geblieben. Wieso also litt ihr Volk noch immer?
    An einem Frühlingstag ging Schwester Julia wie üblich in die Klinik. Sie hatte vieles, über das sie nachdenken musste. Gestern Abend hatte ihre Familie sie wieder besucht, zum ersten Mal seit über einem Jahr. Dieses Mal waren nur ihre Mutter und Paloma gekommen.
    »Wie geht es Matilde?«, hatte sie die beiden gefragt, als sie wieder verlegen und ein wenig steif im Foyer gesessen hatten.
    »Gut«, antwortete ihre Mutter.
    »Hat sie ein Kind?« Schwester Julia dachte an die Frauen, die sie in der Klinik betreute. Sie hoffte zu Gott, dass ihre Schwester bessere Erfahrungen machen würde.
    »Noch nicht«, sagte ihre Mutter.
    Paloma unterdrückte ein Kichern.
    »Was ist, Schwester?«
    Paloma sah sich demonstrativ in der Eingangshalle des Klosters um, als müsse sie sich vergewissern, dass niemand zuhörte. »Die Leute sagen, er kann nicht«, flüsterte sie. »Und dass er viel zu alt ist.« Sie verdrehte die Augen.
    »Tatsächlich?« Schwester Julia versuchte, nicht schockiert auszusehen. In ihrem Leben in der Klinik sah sie so viel. Aber sie hatte vergessen, welch lose Zunge ihre Schwester hatte.
    »Still, Kind«, schalt ihre Mutter.
    »Und Papa? Wie geht es Papa?« Schwester Julia fragte inzwischen nicht mehr, ob er ihnen eine Nachricht an sie aufgetragen hatte. Sie wusste, dass er ihr keine Nachricht schicken würde.
    »Es könnte besser sein«, sagte ihre Mutter.
    Schwester Julia richtete sich gerader auf. »Was   …«
    »Er hat nichts, worüber du dir Sorgen zu machen brauchst«, fügte ihre Mutter hinzu. »Wir haben alle unsere Beschwerden, weißt du. Keiner von uns wird jünger.« Sie lächelte. »Aber wie geht es dir, Kind? Wie gefällt dir das Leben hier im Kloster? Hast du Zufriedenheit gefunden?«
    Schwester Julia wusste kaum, was sie ihr darauf antworten sollte. Wie konnte sie auch nur annähernd beschreiben, welche Arbeit sie tat? Es war ihr außerdem verboten, da sie sich von Anfang an zur Geheimhaltung verpflichtet hatte. War sie zufrieden? Nein, es war nicht Zufriedenheit, was sie empfand, wenn sie täglich in die Klinik ging, den gebärenden Frauen kühle Lappen auf die Stirn legte und tat, was sie konnte, um ihre Schmerzen zu lindern. Es war nicht einmal so, dass sie das Leben im Kloster akzeptierte, denn sie empfand die Härte ihres Verlusts immer noch. Aber was sie immer schon aufgebracht hatte, war Verständnis. Das war alles. Daher gab sie keine Antwort, sondern senkte nur den Kopf.
    »Aber das ist alles nicht so wichtig«, sagte Paloma auf ihre übliche direkte Art. »Denn wir sind gekommen, um dir etwas Wunderbares zu sagen!« Sie klatschte in die Hände.
    Sie war immer noch so kindlich. Die Hände im Schoß gefaltet, wartete Schwester Julia. Vorbei waren die Zeiten, als auch sie schreien, springen und rennen und spüren konnte, wie das Lebensblut durch ihre Adern floss. Aber vielleicht war sie auch nie so gewesen, dachte sie. Sie wusste, dass sie nie Palomas Elan besessen hatte.
    »Ich heirate!«, kreischte Paloma.
    »Leise, Kind.« Aber ihre Mutter lächelte.
    Schwester Julia konnte sich eines Lächelns ebenfalls nicht erwehren. Palomas Glück wirkte wie immer ansteckend. Das Leben war immer noch schwer für sie alle, aber Palomas Freude

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