Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Julias kleine Sargmusik

Julias kleine Sargmusik

Titel: Julias kleine Sargmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
ihre Klänge durch den Regen und schienen den dicken, grauen Wolken entgegenzutreiben.
    Und sie ging weiter. Nichts hielt sie auf.
    Wie ein weißes Gespenst erschien sie aus den Regenschleiern. Die Melodien wehten voran, sie kündeten von ihrem Kommen, und Julia hatte mittlerweile die Mitte des kleinen Ortes erreicht. Hier blieb sie stehen.
    Nicht weit entfernt lag das kleine Rathaus, das einzige Hotel in Mullogh, dann die Polizeistation, und sie war das Ziel der wandernden und geigespielenden Julia.
    Dort sollte es beginnen!
    Sie drehte sich so, dass sie auf das Gebäude schauen konnte. Es brannte Licht hinter den Scheiben, auch die kleine Laterne an der Tür gab einen blassen Schimmer ab.
    Es war jemand da. Und er würde bestimmt nicht überleben, wenn die Erde aufbrach und die Vergessenen kamen. Ihr damaliges Totenlied, heute gespielt von Julia, wurde zum Ruf des Erwachens. Julia hatte die Richtung geändert. Sie schritt auf das Haus zu. Der Wind trieb den dünnen Regen nicht mehr frontal gegen ihr Gesicht, sondern von der Seite her. Sie spürte die Nässe nicht, denn sie war ihr egal. Für Julia zählte allein der Erfolg.
    Und so ging sie weiter. Yard für Yard legte sie zurück. Die Hauswand rückte näher, sie sah die Treppe, die sie nur mehr hochzugehen brauchte, um ihr erstes Ziel zu ereichen.
    Sie sah es nicht, sie spürte das Rumoren unter der Erde. Für einen normalen Menschen wäre es nicht möglich gewesen, etwas zu empfinden. Julia merkte es. Da tat sich einiges.
    Die Vergessenen waren erwacht. Und sie ging die Stufen hoch. Dabei spielte sie weiter. Der Bogen tanzte über die Saiten, manchmal streichelte er nur, dann wurde er tiefer gedrückt, danach wirbelte er, und die Töne wurden schriller und lauter.
    Die Geige lockte, sie wollte etwas sagen. Die Monstren sollten kommen, aus der Tiefe hervorsteigen und endlich ihr Erbe antreten. Julias Sargmusik bereitete ihnen den Weg.
    Dann trat sie ein. Sofort schaute sie nach rechts. Über ihr Gesicht lief ein Strahlen, denn sie hatte genau gesehen, was geschehen war. Die Vergessenen hatten die Erde verlassen.
    Für Mrs. Featherhead, die Frau am Boden, hatte Julia Landers keinen Blick. Sie wurde zu einem der Opfer. Viele sollten noch folgen…
    ***
    Der Strahl meiner Lampe stach tatsächlich wie eine helle Lanze nach unten, und er enthüllte uns ein grauenhaftes Bild. Zum Glück hatte sich Mrs. Landers wieder gefangen. Sie schrie nicht mehr. Statt dessen stand sie da, war noch blasser geworden, hielt sich an den Zweigen der Büsche fest und hatte eine Hand vor ihren Mund gepresst.
    Im Sarg lag Julia, ihre Tochter!
    Oder das, was die Verwesung von ihr noch übriggelassen hatte. Ein Skelettkopf, der noch nicht völlig blank war und deshalb ein so grauenhaftes Bild bot.
    Ich musste mich aber überzeugen und veränderte die Richtung des Lampenstrahls. Dabei schritt ich um das Grab herum, so dass ich den Sarg ganz ausleuchten konnte.
    Das Totenhemd war nicht mehr vorhanden. Vielleicht einige Fetzen noch, sonst nichts.
    Ich leuchtete sehr genau. Auch mir schlug dieser Anblick auf den Magen, aber ich musste so intensiv nachsehen, um feststellen zu können, ob ich es mit einem Zombie zu tun hatte oder nicht.
    »Sie scheint echt zu sein«, sagte Suko.
    Die Worte hatte auch Helen Landers gehört. »Natürlich ist sie echt!« rief sie. »Was haben Sie denn gedacht?«
    Wenn sie schon so fragte, sollte sie auch eine Antwort bekommen. »Wir dachten da an einen Zombie.«
    »Nein!«
    Ich hob die Schultern. Ein Zombie war Julia also nicht. Wenn ich an Mrs. Featherheads Aussagen dachte, konnte ich es mir auch kaum vorstellen, denn sie hatte Julia als einen fast normalen Menschen beschrieben, der Geige spielte.
    Das Skelett strafte diese Aussage Lügen.
    Ich wandte mich an Suko. »Du kannst den Deckel wieder draufsetzen, Alter.«
    »Wüsste nicht, was ich lieber täte.«
    Ich wandte mich ab, holte die Schachtel mit den Zigaretten hervor und zündete mir ein Stäbchen an. Mit dem Handrücken schützte ich die Glut vor dem Regen.
    Der Anblick war mir auf den Magen geschlagen, daran gab es nichts zu rütteln. Es war schwer, sich an so etwas zu gewöhnen. Ich jedenfalls würde es nie schaffen.
    Ich rauchte, blies den Qualm in den Regen und hörte die unregelmäßigen Schritte der Helen Landers. Neben mir blieb die Frau stehen. Ich drehte den Kopf und schaute in ihr nasses Gesicht mit den großen, fragenden Augen. »Sind Sie jetzt schlauer, Sir?«
    »Ja, Mrs. Landers.«
    »Das glaube

Weitere Kostenlose Bücher