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Julie oder Die neue Heloise

Titel: Julie oder Die neue Heloise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Jacques Rousseau
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Beweggrund unterlegen mögen, meine Absicht ist redlich und vernünftig; sie verdient Ihre Billigung. Für sie wenigstens kann ich im Voraus einstehen. Verstatten Sie, daß ich Sie sehe, und prüfen Sie mich selbst, oder lassen Sie mich Julien sehen, und ich werde wissen, wie es mit mir steht.
    Ich muß Milord Eduard nach Italien begleiten, ich werde bei Ihnen durchkommen, und ich sollte Sie nicht sehen? Glauben Sie, daß das möglich ist? O, wenn Sie die Barbarei hätten, es zu fordern, verdienten Sie, daß man Ihnen nicht gehorchte. Aber warum sollten Sie es fordern? Sind Sie nicht dieselbe Clara, so gut und mitleidig als klug und tugendhaft, die mich von zartester Jugend ihrer Liebe würdigte, und die mich jetzt ja noch weit mehr lieben muß, da ich ihr Alles verdanke
[Was verdankt er ihr denn so Großes, ihr, die ihn unglücklich gemacht hat? Unseliger Frager! Er verdankt ihr die Ehre, die Tugend, die Ruhe der Geliebten; er verdankt ihr Alles.]
? Nein, nein, liebe, reizende Freundin, eine so grausame Abweisung wäre weder in Ihrer Art, noch für mich gemacht; sie wird nicht mein Elend auf den Gipfel treiben. Noch einmal, noch einmal in meinem Leben werde ich mein Herz Ihnen zu Füßen legen. Ich werde Sie sehen, Sie werden es erlauben. Ich werde sie sehen, sie wird es erlauben. Sie wissen Beide zu gut, wie ich sie achte. Sie wissen, ob ich der Mann dazu bin, mich ihr vor die Augen zu stellen. wenn ich mich unwürdig fühle, vor ihr zu erscheinen. Sie hat so lange das Werk ihrer Reize beseufzt, ach! sehe sie nun einmal das Werk ihrer Tugend!
    N. S. Milord Eduard sieht sich noch einige Zeit durch seine Geschäfte hier zurückgehalten: wenn ich Erlaubniß erhalte, Sie zu sehen, was sollte ich nicht vorausreisen, um eher bei Ihnen zu sein?
     
Vierter Brief.
Herr v. Wolmar an Juliens Liebsten.
    Obwohl wir uns noch nicht kennen, bin ich beauftragt, Ihnen zu schreiben. Die verständigste und geliebteste der Frauen hat ihr Herz ihrem glücklichen Gatten aufgeschlossen. Er hält Sie für werth, von ihr geliebt worden zu sein und bietet Ihnen sein Haus an. Unschuld und Friede herrschen darin; Sie werden dort Freundschaft, Gastlichkeit, Vertrauen finden. Befragen Sie Ihr Herz, und wenn nichts Darin ist, was Ihnen bange macht, so kommen Sie ohne Furcht. Sie werden nicht von hier scheiden, ohne einen Freund zurückzulassen.
    Wolmar.
    N. S. Kommen Sie, mein Freund, wir erwarten Sie mit Ungeduld. Ich werde nicht den Schmerz haben, daß Sie es uns abschlagen müßten.
    Julie.
     
Fünfter Brief.
Frau v. Orbe an Juliens Liebsten.
    (Einschluß in den vorigen.)
    Willkommen, tausendmal willkommen, lieber Saint-Preux; denn ich nehme an, daß Ihnen dieser Name
[Es ist derjenige, welchen sie ihm vor ihren Leuten bei seiner Abreise gegeben hatte. S. Abth. III. Br. 14.]
bleiben soll, wenigstens in unserem Kreise. Ich brauche Ihnen, dünkt mich, weiter nichts zu sagen, als daß man nicht gemeint ist, Sie von diesem auszuschließen, wofern Sie nicht selbst dazu thun. Sie sehen aus dem beifolgenden Briefe, daß ich mehr gethan habe, als Sie verlangten, lernen Sie also ein wenig mehr Vertrauen zu Ihren Freunden haben, und Kummer, den sie theilen, wenn auch ihre Vernunft sie zwingt, ihn Ihnen zubereiten, nicht ihrem Herzen anrechnen. Herr v. Wolmar will Sie sehen; er bietet Ihnen sein Haus, seine Freundschaft, seinen Rath an. Es bedurfte gar nicht so viel, um meine Besorgnisse über Ihr Herkommen zu zerstreuen, und ich würde mir selbst Unrecht thun, wenn ich es einen Augenblick vermöchte, Mißtrauen in Sie zu setzen. Er will noch mehr, er geht damit um, Sie zu heilen; weder Julie, sagt er, noch er, noch Sie, noch ich, könnten sonst vollkommen glücklich sein. Obgleich ich viel von seiner Klugheit und noch mehr von Ihrer Tugend erwarte, binich doch über den Erfolg dieses Unternehmens im Ungewissen. Nur so viel weiß ich, bei der Frau, die er hat, ist die Mühe, welche er sich machen will, nichts als eine Großmuth gegen Sie.
    Kommen Sie denn, mein liebenswerther Freund, in der Sicherheit eines redlichen Herzens, und stillen Sie die Ungeduld, welche wir alle empfinden, Sie zu umarmen und Sie ruhig und zufrieden zu sehen; kommen Sie, um in Ihrem Vaterlande und unter Ihren Freunden von Ihren Reisen auszuruhen und Alles zu vergessen, was Sie ausgestanden haben. Das letzte Mal, da Sie mich sahen, war ich eine grämliche Matrone, und meine Freundin war ganz herunter; nun aber, da es ihr wohl geht und ich wieder Jungfer geworden bin, werden Sie

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