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Julie oder Die neue Heloise

Titel: Julie oder Die neue Heloise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Jacques Rousseau
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Worte, sondern durch wirkliche Dienstleistungen und unaufhörliche Gutthaten. Sie ihrerseits lassen bei dem geringsten Wink von ihr Alles stehen und liegen; sie fliegen, wenn sie ruft, ihr bloßer Blick belebt ihren Eifer; in ihrer Gegenwart sind sie zufrieden, in ihrer Abwesenheit sprechen sie von ihr und muntern einander auf, ihr Dienste zu leisten. Ihre Reize, ihre Reden thun viel dabei, mehr ihre Sanftmuth und ihre Tugend. Ach, Milord, was für eine anbetungswürdige und was für eine mächtige Gewalt übt die Schönheit mit Wohlthätigkeit gepaart!
    Was die persönliche Bedienung der Herrschaft betrifft, so sind im Hause acht Bediente: drei Frauen und fünf Männer, den Kammerdiener des Barons und die Hofknechte nicht gerechnet. Es ist überhaupt nicht der Fall, daß man mit wenigen Bedienten schlecht bedient sei; aber wenn man den Eifer dieser hier sieht, sollte man denken, daß Jeder, außer seinem eigenen Dienst, sich mit denen der sieben anderen beauftragt glaubt, und wenn man sieht, wie Alles in einander greift, daß nur ein Einziger thätig sei. Man sieht sie niemals träg und geschäftlos in einem Vorzimmer spielen oder auf dem Hofe umherstehen, sondern immer bei irgend einer nützlichen Arbeit; sie helfen auf dem Hofe, im Speisekeller, in der Küche; der Gärtner hat keine andern Gehülfen als sie, und das Erfreulichste ist, daß man sie das Alles munter und mit Lust thun sieht.
    Man fängt mit ihnen früh an, um sie so zu ziehen, wie man sie haben will. Es herrscht hier nicht der Grundsatz, den ich in Paris und London allgemein verbreitet fand, Bediente zu nehmen, die schon gelernt, d. h. zu Spitzbuben völlig ausgebildet sind, solche, die von Condition in Condition laufen, die in jedem Hause, wo sie kurze Zeit bleiben, die Fehler der Bedienten und der Herrschaft zugleich sich aneignen und sich ein Gewerbe daraus machen, aller Welt zu dienen, ohne je für Jemand Anhänglichkeit zu gewinnen. Natürlich kann bei dergleichen Leuten weder Ehrlichkeit noch Treue, noch Eifer herrschen; dieses Gesindelin allen reichen Häusern richtet den Herrn zu Grunde und verdirbt die Kinder. Hier im Hause ist die Wahl der Bedienten eine wichtige Angelegenheit: man betrachtet sie nicht wie Miethlinge, von denen man nichts als pünktlichen Dienst fordert, sondern wie Mitglieder der Familie, die daher durch eine schlechte Wahl viel zu leiden haben könnte. Das erste, was man von ihnen verlangt, ist Ehrlichkeit, das zweite, daß sie ihren Herrn lieben, das dritte, daß sie ihn nach seiner Weise bedienen; aber wenn nur ein Herr vernünftig und ein Diener gelehrig ist, so folgt das dritte stets aus den beiden andern. Man nimmt die Leute also nicht aus der Stadt, sondern vom Lande. Es ist hier ihr erster Dienst, und wird gewiß ihr letzter sein, wenn sie etwas taugen. Man wählt sie aus irgend einer zahlreichen und mit Kindern überfüllten Familie, wenn die Eltern aus freien Stücken sie anbieten. Man wählt solche, die jung, wohlgewachsen, gesund und von angenehmer Gesichtsbildung sind. Herr von Wolmar spricht mit ihnen, fragt sie aus, stellt sie dann seiner Frau vor. Wenn sie Beiden zusagen, so werden sie angenommen, zuerst auf Probe, dann in die Zahl der Hausleute, d. h. der Kinder des Hauses, und man unterweist sie einige Tage lang mit vieler Geduld und Sorgfalt in Allem, was sie zu thun haben. Der Dienst ist so einfach, so regelmäßig und gleichförmig, die Herrschaft hat so wenig Launen und Einfälle, und die Dienerschaft gewinnt sie so leicht lieb, daß Alles bald gelernt ist, Ihre Stellung ist eine angenehme; sie beenden sich in einer gemächlichen Lage, welche sie bei sich zu Hause nicht hatten; aber man läßt sie nicht in Müßiggang, der aller Laster Anfang ist, erschlaffen. Man leidet nicht, daß sie zu großen Herren werden und sich auf ihre Bedientenschaft etwas einbilden; sie arbeiten fort wie in ihrem väterlichen Hause; sie haben, so zu sagen, nur Vater und Mutter gewechselt und wohlhabendere Eltern gewonnen. Auf diese Weise wird ihnen ihr altes Bauerleben nicht verächtlich. Wenn sie hier aus dem Dienste kämen, würde kein einziger unter ihnen sein, der nicht lieber zu seinem Stande zurückkehrte, als eine andere Condition annähme. Kurz, ich habe nie ein Haus gesehen, wo Jeder besser seinen Dienst verrichtete und es weniger fühlte, daß er dient.
    Wenn man so seine eigenen Bedienten heranzieht und bildet, so hat man sich nicht den so gewöhnlichen und so wenig vernünftigen Einwurf zu machen: Ich werde sie

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