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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Powell
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ihr lassen konnte, war schon lang verschwunden), und das deutete ich entweder als mutige Geste des Glaubens an ihre knospende Beziehung oder als Versuch, bei ihm die Eject-Taste zu drücken.
    Für Cervelles en Matelote wird Hirn sanft in Rotwein pochiert, dann wird der Rotwein eingekocht und mit beurre manié , einer Knete aus Butter und Mehl, gedickt, damit man eine Sauce bekommt. Für Cervelles au Beurre Noir wird das Hirn in Scheiben geschnitten, in Zitronensaft, Olivenöl und Petersilie mariniert, dann in Butter und Öl gebraten und mit beurre noir übergossen, das ist einfach gebräunte Butter, mit Essig abgelöscht und mit Petersilie gewürzt. Allerdings hatte Eric Koriander statt Petersilie gekauft, also gab’s in diesem Fall keine Petersilie. Ich aß das Hirn in Rotweinsauce, als handle es sich um Zwiebeln mit Champignons, denn es schmeckte wie Zwiebeln mit Champignons in Rotwein. Das Hirn hatte sich irgendwie aufgelöst. Aber die in der Pfanne gebratenen Hirnscheiben - ich weiß nicht. Fast unerträglich üppig - dabei mag ich’s üppig - und diese schmatzende Masse, bei der es mich schon kalt überläuft, wenn ich nur dran denke... Sagen wir, der Nachtisch, die Crêpes mit Mandelcreme und Schokospänen (von einer wahnsinnig teuren Scharffen Berger Schokolade), bedeutete eine immense Steigerung.
    Ich hatte also Erfahrung mit Innereien. Andere Leute fänden vielleicht, wenn sie eine berühmte Gastrojournalistin von der New York Times zu Gast hätten, würden sie nicht zum ersten Mal im Leben Nieren kochen, aber ich machte mir da keine Gedanken. Das ist auch nicht anders, als wenn man sich das Haar kobaltblau färbt oder in seinem Korinthenkackerjob Jeans und Motorradstiefel trägt; manchmal muss man auf das Sicherheitsnetz verzichten. Ich habe Hirn gekocht, und wenn ich das hingekriegt habe, kann ich nicht ganz schlecht sein.
     
    Doch da war das Problem mit dem Wein. Ich erwog, Sally zu bitten, sie möge ihren neuen Freund fragen, aber ehrlich gesagt hielt ich ihren neuen Freund für einen ahnungslosen Angeber und gönnte ihm nicht die Genugtuung, dass ich ihn um Rat fragte. Dann fiel mir ein, dass wahrscheinlich Nate über Wein Bescheid wusste - als leicht ausschweifender Republikaner (wie Rush Limbaugh) raucht er kubanische Schmuggelzigarren und verstößt auch mal ein bisschen gegen die Norm. Aber nein, den konnte ich nicht fragen. Der würde absolut unerträglich werden. Der würde mich löchern, bis ich ihm sagte, wer zum Essen kam, und wenn er rausfand, dass es die New York Times war, würde er sich was einfallen lassen, wie er mir auf die Nerven gehen könnte. Andererseits - es war drei Uhr. Amanda Hesser kam heute Abend zum Essen, irgendjemanden musste ich finden. Oh, verdammt.
    Widerstrebend schob ich den Kopf durch Nates Bürotür. Seltsamerweise hing er nicht am Telefon. »Verstehst du was von Wein?«
    Er legte seine Beine auf den Schreibtisch. »Warum fragst du, mein kleiner Behördenfaulpelz?«
    Ich verdrehte die Augen. »Ich brauch nur einen guten Wein. Einen, der zu Nieren passt.«
    »Du willst Nieren essen? Ich wusste, dass du eine halb irre Liberale bist, Powell, aber Nieren ?«
    »Ach, hör auf! Kannst du mir nun helfen oder nicht?«
    »Ist es für einen besonderen Anlass? Hast du ein hohes Tier zu Gast? Hmm? Worum geht’s?«
    »Okay, Nate, es kommt eine echt Furcht erregende Person zum Essen, ich brauche einen lässigen, perfekten Wein, ich dreh gleich durch, nun mach schon!«
    »Lässig, so? Furcht erregend, ja? Nämlich wer? Sag schon. Komm, Powell, sag’s mir. Wer?«
    »Ich sag es nicht, Nate. Hilf mir oder hilf mir nicht. Es ist mir egal.« Ich wollte wieder gehen.
    »Okay, okay, sei nicht so empfindlich. Dieses Demokratenpack!« Nate ließ sich Zeit, drehte Däumchen, ließ mich warten. Nate mag das. »Also. Ich finde den Château Greysac Haut Medoc sehr gut. Der Château Larose Trintaudon Côtes du Rhone wäre auch eine kluge Alternative. Und wenn du unverschämt sein willst, gehört auch der BV Coastal Cabernet Sauvignon zu den großen Roten.«
    Ich bin nur paranoid, weil die Leute mir immer etwas verheimlichen.
    Bevor ich heimging, um für Amanda Hesser von der New York Times Rognons de Veau en Casserole zuzubereiten, Nieren in Butter mit Senf-Petersiliensauce, dazu Butterkartoffeln und geschmorte Zwiebeln und Clafoutis zum Nachtisch, hastete ich also zu Astor Wines und fragte den Typen nach einem Greysac. Es war der leichteste Weinkauf meines Lebens - keine ziellose Wanderung

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