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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Powell
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zwischen den Burgunderregalen, keine Auswahl nach Robert-Parker-Punkten. Zuhause stellte ich die Flaschen auf ein Tischchen neben der Eingangstür, und ob Sie’s glauben oder nicht - Amanda kam zur Tür herein und rief sofort: »Oh, Greysac, wo haben Sie denn den her?«
    Das habe ich immerhin Nate zu verdanken.
    Amanda Hesser, Restaurantkritikerin der New York Times , ist - und das ist nun eine wenig originelle Feststellung, aber man kann es nicht unkommentiert lassen, das wäre so, wie wenn jemand mich sieht und nicht sofort denkt: Herrje, die braucht aber wirklich eine Elektrolyseenthaarung - sehr, sehr klein. Sie ist so winzig, dass man nicht begreift, wie sie überhaupt essen kann, geschweige denn, wie sie sich damit ihren Lebensunterhalt verdienen kann. Sie ist so winzig, dass es einer vollschlanken Misanthropin, die ihr Leben lang den geheimen Wunsch gehegt hat, für »niedlich« zu gelten, schwer fällt, sie nicht zu hassen. Doch Amanda Hesser ist nicht niedlich. Sie ist, wie die Erfahrung lehrt, entzückend, aber wenn du eine dreißigjährige Sekretärin bist, die gar nicht richtig kochen kann, empfiehlt es sich nicht, die kleine, berühmte Restaurantkritikerin, die bei dir in der Küche sitzt und zusieht, wie du Rognons de Veau en Casserole kochst, »niedlich« zu nennen. Eher »verdammt einschüchternd«. Gewisse, freilich kleine und ziemlich selbstverliebte Kreise mögen sich einen Sport daraus machen, Amanda Hesser zu verachten, und es wäre ziemlich leicht, auf diesen Zug aufzuspringen. Aber wenn sie in der führenden Tageszeitung einen Artikel über dich schreiben will, hat so ein schlechter Start wirklich keinen Sinn. Außerdem kochte ich Nieren für die arme Frau - da sollte ich ihr zumindest ein gewisses Wohlwollen entgegenbringen.
    Amanda und ein Fotograf schauten zu, wie ich die Nieren leicht in Butter anbräunte. Im März hatte ich eine mit Lammnieren und Reis gefüllte Lammkeule gemacht. Diese Lammnieren damals waren hinreißend gewesen - dunkel, fest und glatt, und sie lagen schwer wie Flusssteine in der Hand, wie das Ideal einer Innerei. Ich hatte angenommen, dass Nieren immer so sind. Doch diese Kalbsnieren waren eine große, viellappige Sauerei, gestreift mit weißem Fett und Fäden. Sie sonderten beim Braten eine Menge Flüssigkeit ab. Ich schaute ängstlich im Buch nach. »Aus den Nieren tritt ein wenig Saft aus und gerinnt«, schreibt Julia.
    »Schaut das für Sie nach ›ein wenig Saft‹ aus? Für mich nicht. Für mich sieht das nach ›viel Saft‹ aus.«
    Amanda zuckte vorsichtig mit den Schultern. »Ich habe noch nie Nieren gekocht.« Arme Amanda. Vermutlich war ihr nicht recht wohl, wenn sie ihre Meinung hierzu äußern sollte; wahrscheinlich interviewte sie nicht oft jemanden, der so offenkundig so peinlich viel ahnungsloser war als sie.
    Ich legte die Nieren auf einen Teller, fürchtete aber, dass ich sie entweder zu lang oder zu kurz gekocht hatte. Nun kamen Schalotten, Vermouth und Zitronensaft in die Pfanne, und das ließ ich einkochen, vielleicht auch ein bisschen zu lang. Ich blanchierte Perlzwiebeln, die noch winziger waren als Amanda Hesser, und sautierte die Kartoffeln, die Eric für mich geviertelt hatte. Ich rannte in der Küche hin und her, vom Topf zur Pfanne und zum Buch und wieder zurück, in ständiger, leichter Panik, die ich durch anhaltendes, aber wenig geistreiches Geplapper zu verschleiern versuchte.
    Es hatte ungefähr vierzig Grad in der Küche. Die Stirn der armen Amanda Hesser war schweißnass, aber sie beklagte sich nicht. Auch schreckte sie nicht davor zurück, Gegenstände zu berühren, obwohl ich ringsum die klebrigen, staubigen, katzenhaarigen Beweise für meine jämmerliche Haushaltsführung sah. Als sie meine pechschwarzen bloßen Fußsohlen sah, sagte sie: »Sie bräuchten Clogs. Das ist gut für den Rücken.«
    Die Kartoffeln waren ein bisschen verbrannt. Amanda Hesser nannte sie »karamellisiert«.
    Die Zwiebeln hatte ich vielleicht ein bisschen zu lang in Butter geschmort, sie fielen fast auseinander. Amanda Hesser nannte sie »glasiert«.
    Der Sauce gab ich mit Senf und Butter den letzten Schliff, dann schnitt ich die Nieren, die innen gar nicht so schrecklich rosa waren, in Scheiben und warf sie mit etwas Petersilie in die Sauce. Es war so leicht, nicht der Rede wert. Den Teig für den Clafoutis rührte ich schnell im Mixer an - Milch, Zucker, Eier, Vanille, eine Prise Salz, Mehl. Ich goss eine Lage in die Springform und erhitzte sie nach

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