Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Julias geheimnisvollen Anweisungen etwa eine Minute oben auf dem Herd, bis sich ein Film auf dem Boden bildete, dann belegte ich die Form mit den von Eric entsteinten Kirschen, goss den restlichen Teig darüber und ließ den Auflauf im 180 Grad heißen Ofen backen, während wir das Hauptgericht aßen.
Als ich meiner Mutter erzählt hatte, dass Amanda Hesser zum Essen käme und ich ihr Nieren vorsetzen würde, sagte sie: »Aber Nieren schmecken nach Pisse!« Das taten diese hier nicht. Die Kartoffeln waren zwar angebrannt, aber die Zwiebeln schmeckten lecker. Der Greysac war hervorragend. Und im Esszimmer war es so viel kühler als in der Küche, dass wir alle übermütig und lustig wurden. Ich erzählte Amanda Hesser die Geschichte von dem Poulet à la Broche , für das ich einen Bratspieß improvisiert hatte, indem ich einen Metallkleiderbügel gerade bog, durch das Hähnchen bohrte, dann die Enden des Kleiderbügels um die Griffe meines Suppentopfs wickelte und das ganze Gebilde in den Backofen schob, den Grill anstellte und die Ofentür etwas offen stehen ließ. Im August. Amanda Hesser riss die Augen in ihrem winzigen Gesicht auf. »Das haben Sie wirklich gemacht?«
Ich muss schon sagen, es ist ein schönes Gefühl, wenn man Amanda Hesser von der New York Times beeindrucken kann. Wenn auch nur mit dem eigenen Irrsinn.
Auch der Clafoutis war gut, schön aufgegangen und knusprig braun und mit den Kirschen wie mit Edelsteinen besetzt. Die gar nicht mehr so Furcht erregende Amanda nahm sich gleich zweimal. Ich frage mich nur, wo sie das hinsteckt?
Und wie geht es weiter, wenn in der New York Times ein Artikel über Sie erscheint? Ich werd’s Ihnen sagen.
Erst summt es im Ohr, wenn Sie Ihr Foto sehen, auf dem Sie zwar dick aussehen, aber offen gestanden nicht dicker als in Wirklichkeit. Sie merken in der U-Bahn, dass jemand die Essensseite liest, und denken voll hysterischer, schrecklicher Vorfreude: »O mein Gott, o mein Gott, der wird mich gleich erkennen.« Er erkennt Sie nicht, aber Sie halten bis zum Büro den Atem an, weil Sie darauf warten.
Auch im Büro rechnen Sie ständig damit, dass die Mitarbeiter Ihnen gratulieren, weil Sie so supergeil sind - doch da die meisten republikanische Bürokraten sind, die die Essensseite nicht lesen, gratulieren nicht so viele, wie Sie gedacht haben. Sie verschwenden eine Menge Zeit damit, wie besessen nachzuschauen, wie viele Leute Ihren Blog besucht haben. Das waren sehr, sehr viele. Und sehr viele finden, sie sollten nicht mehr so oft Sch*** sagen, worüber wiederum die Leute, die das Blog schon lange lesen, stinksauer werden. Es kommt zu Streitereien.
Zurück ins wirkliche Leben - irgendwann bleibt das Teufelskerlchen Nate neben Ihrem Schreibtisch stehen. »Netter Artikel in der Times , Jules«, sagt er und neigt sich vertraulich zu Ihnen herunter. Nate hat vor nichts so viel Respekt wie vor einer Erwähnung in der Times , ausgenommen eine Erwähnung in der Post oder der Daily News . »War der Wein dafür?«
»Ja. Vielen Dank. Das war ein Volltreffer.«
»Ich hab gemerkt, dass du über deinen Job gesprochen hast. Es wirft kein gutes Licht auf die Behörde, wenn du sagst, du bist unzufrieden mit deiner Arbeit.«
»Herrgott, Nate! Ich bin eine Sekretärin . Man erwartet von mir, dass ich unzufrieden bin. Soll ich lügen? Ich hab doch Mr. Kline nicht als Arschloch bezeichnet oder so was. Wen juckt denn das?«
Hätten Sie das zu Nate unter normalen Umständen gesagt? Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Wenn Sie heimkommen, haben Sie 52 Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. (Ihre Nummer steht im Telefonbuch, es gab bisher keinen Grund für eine Geheimnummer.) Bei AOL sind 236 E-Mails angekommen. Sie denken, Sch***, ich hab’s geschafft!
Aber stimmte das wirklich? Schwer zu sagen. Jeder muss sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern, besonders die Bürokraten in meinem Amt, die sich nichts aus französischer Küche machen, und in erstaunlich kurzer Zeit lief alles in den gewohnten Bahnen. Na ja, weitgehend.
Eine Woche nach Erscheinen des Artikels kaufte ich im West Village in der Mittagspause noch einmal Kalbsnieren bei meinem Lieblingsmetzger. Der Mann hinter der Theke sagte: »Hey, über Sie stand doch letzte Woche ein Artikel in der Zeitung, oder?«
»Oh! Ja.«
»Danke, dass Sie uns erwähnt haben. Wir haben diese Woche jede Menge Bestellungen für Innereien. So was hab ich noch nie erlebt.«
Das war ja lustig.
Es kam noch besser. Als ich wieder im
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