Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Wasserstrahl. Inzwischen waren wir beide klatschnass, und das Wasser hatte sich weithin ausgebreitet. Als wir den See aufgewischt hatten, war die Schale unter der Toilette voll gelaufen, also sauste ich in die Küche, holte meine zweitgrößte Schüssel und tauschte die beiden aus.
»Wo kann man das Wasser abdrehen?«, überschrie Eric das Brausen und Brüllen des Katarakts.
»Das fragst du mich? Ich dachte, für so was hab ich dich!«
Nachdem wir eine Weile erfolglos den Boiler abgetastet hatten, rasten wir nach unten in den Keller, wo ich noch nie gewesen war. Ich nenne ihn nur zögernd einen Keller. Erinnern Sie sich an das Ende von The Blair Witch Project , in dem Haus? So ähnlich ist es auch bei uns, nur dass jenes Haus, wenn Sie sich erinnern, relativ aufgeräumt war und die Kinder im Strahl der Taschenlampen keine echten Knochen erblickten. Dabei stockte ich meinen Vorrat an Albtraumbildern, zu denen von nun an auch mein Weg durch diese pechschwarze Finsternis gehören würde, ganz unnötig auf, denn wir kamen nicht dahinter, wo man das verdammte Wasser abdrehen konnte.
Also verbrachten wir diese Nacht nicht mit glatt rasierten ehelichen Wonnen, sondern in Schichtarbeit auf dem Boden und entleerten alle siebeneinhalb Minuten eine Edelstahlschüssel - ich habe die Füllzeit gemessen, so was macht man eben, wenn man um vier Uhr früh auf dem Badezimmerboden sitzt und wartet, bis man die nächste Wasserschüssel unter dem lecken Katastrophen-Klo ausleeren darf. Eric erledigte weit mehr als seinen Anteil, er blieb bis halb vier Uhr, bis ich aufwachte und ihn zwang, ins Bett zu gehen. Ich nutzte die freie Zeit für eine Mousseline au Chocolat , die zwar technisch zu den gelierenden Rezepten gehört, mir aber wunderbarerweise hervorragend gelang. (Gott sei Dank - ich glaube nicht, dass ich noch eine weitere Katastrophe ertragen hätte.) Ich stellte sie kühl und servierte sie am nächsten Abend in den Kaffeetassen mit den Raffael-Putten, die wir auf unserer Hochzeitsreise nach einem endlos langen Spaziergang in einem billigen Andenkenladen vor der Sixtinischen Kapelle gekauft hatten und aus denen wir damals Wein zum Käse tranken, wenn wir, wie jeden Tag in diesen Flitterwochen, auf einem Fleckchen Gras etwas zu Mittag aßen. An diesem Abend erinnerten sie uns daran, dass es so etwas wie Spaß gab, und die Erinnerung daran tat uns gerade jetzt sehr wohl.
So nahm das ein gutes Ende, und ich darf das Erkalten unserer Beziehung in diesem Winter nicht den Wasserleitungen anlasten, die Fluten von biblischem Ausmaß ausspieen.
Nein, die Schuld am Erkalten unserer Beziehung gebe ich den Wasserleitungen, die vier Tage hintereinander eingefroren waren.
… Ich denke an eine Möbelserie in anspruchsvollem Design, ausdrücklich für Sex. Stühle und Sofas mit ergonomischen, verstellbaren Stützen für den Geschlechtsverkehr, die aber RICHTIG GUT AUSSEHEN. Ich habe schon ein paar Entwürfe gezeichnet, ich scanne sie ein, sobald ich kann, und schick sie dir zu. Vielleicht kann deine Mutter mir ein paar Tipps geben, wie ich sie herstellen lassen kann... Ich habe sogar schon einen Namen: Schtuppenhaus!
Das Schöne an einer Freundin, die noch verrückter ist als man selbst, ist Folgendes: Sie stärkt den Glauben daran, dass man noch nicht völlig übergeschnappt ist. Warum sollte ich mir Sorgen um meinen Verstand machen, weil ich mich ohne besonderen Grund durch Mastering the Art of French Cooking hindurchkochte, wenn Isabel eine Geschäftsidee mit Vögelmöbeln im Stil der fünfziger Jahre ausheckte und fragte, ob meine Mutter sie dabei beraten könne?
Ich kenne Isabel seit der ersten Klasse. Wir haben Tanznummern nach Cyndi-Lauper-Songs choreographiert - sie hat mich eingeweiht, worum es in »She Bop« ging. Als ich meinen Freunden und der Familie von meinem Kochprojekt erzählte, antworteten nur zwei Menschen nicht mit einer Variation des Satzes: »Warum um Himmels willen tust du dir das an?«, mein Mann und Isabel. Sie ist eine gute Freundin.
Ich dagegen bin keine gute Freundin. Isabel hat sich bemüht, mit mir in Kontakt zu bleiben, obwohl wir seit der High School nie mehr in derselben Stadt gewohnt haben. Sie denkt an meinen Geburtstag, schenkt mir etwas zu Weihnachten, bietet an, mir die Haare zu schneiden. Sie hat meine Freunde angehimmelt und sich mein dummes Geschwätz über sie immer begeistert angehört. Ich hingegen kam immer mal wieder in eine Stadt, in der sie lebte, habe sie aber nie
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