Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Ich war Harrison Ford in einem zerbeulten Schlapphut, einen Sandsack in der Hand - und Eric verstand. Er war mein Partner. Während ich die rebellische Sauce peitschte, bis sie sich ergab, wurde mir bewusst, dass mein Mann mehr tat als nur diesen Irrsinn auszuhalten, auf den ich mich eingelassen hatte, dass er mehr tat als nur zu helfen. Ich erkannte, dass es auch sein Projekt war. Eric war kein Koch, und wie Isabel machte er sich nur über Julia Child Gedanken, weil ich es tat. Und dennoch war er Teil des Ganzen geworden. Ohne ihn gab es kein Julie/Julia-Projekt, und ohne das Julie/Julia-Projekt wäre er nicht der, der er jetzt war. Ich fühlte mich plötzlich so verheiratet, so glücklich.
Ich war so gutgelaunt, dass mich nicht einmal Riz à l’Indienne verstimmen konnte. Für Riz à l’Indienne streut man eineinhalb Tassen Reis in zwei Liter Wasser - das ist in unserem Zeitalter der Umweltkrisen geradezu unmoralisch, wenn man für so etwas empfänglich ist. Ich bin kein Fanatiker in solchen Sachen, aber selbst ich erbleichte, als ich den Suppentopf voll laufen ließ. Man kocht den Reis zehn Minuten, dann probiert man ihn, »indem man einzelne Reiskörner zerbeißt«. Julia schreibt: »Wenn das Korn so zart ist, dass es innen nicht mehr hart, außen aber noch nicht ganz weich gekocht ist, schütten Sie den Reis in ein Sieb.« Normalerweise würde ich mich totlachen bei der Vorstellung, wie Julia Child aus einem Riesentopf mit kochendem Wasser einzelne Reiskörner fischt, jedes einzelne vorsichtig anknabbert und in sein Inneres späht, aber ich war zu beschäftigt, um mich darüber lustig zu machen. Wenn man den Reis abgegossen hat, spült man ihn unter heißem Wasser, schlägt ihn dann in ein Mulltuch und dämpft ihn eine halbe Stunde.
Riz à l’Indienne ist das einzige gewollt dämliche Rezept im ganzen Buch. Der Kampf mit einer widerspenstigen Buttersauce kann eine knifflige Angelegenheit sein, gewiss, aber er hinterlässt nicht jenes wütende Gefühl der Vergeblichkeit, das einen bei Riz à l’Indienne überkommt. Ich garantiere Ihnen, Sie können ihn nicht zubereiten, ohne zumindest einmal in das aufgeschlagene Buch zu brüllen, als schrien sie Julia ins Gesicht: »Herrgott, Frau - es ist doch nur Reis, verdammt noch mal!« Eric, der dies miterlebte, ernannte ihn zum Biest-Reis, in Anerkennung der Mühe, die seine Zubereitung kostet, wie auch der spürbaren, unterschwelligen Bosheit derjenigen, die einen dazu auffordert.
Dennoch: Zum ersten Mal seit ewigen Zeiten aßen wir an diesem Abend vor neun Uhr. Eric spülte alles Geschirr ab, ich mixte uns zwei Gimlets. Mir war noch immer warm ums Herz, weil ich mit dem Fischkapitel fertig war, und die Muscheln waren eine leichte Mahlzeit gewesen; erstmals fühlte ich mich nicht, als hätte ich eine Packung Blitzzement zum Abendessen vertilgt. Ich nippte an meinem Drink. Im Fernsehen lief eine Reality-Show. Ein bedeutungsvolles Schweigen legte sich über die Wohnung, als versuchten wir uns zu erinnern: Was machte man, wenn man nicht kochte? Was war das noch mal?
Eric stand unvermittelt auf und ließ seinen Gimlet auf dem Couchtisch stehen. »Ich geh mich mal rasieren.«
Eric hasst Rasieren. Er hat das Gefühl, er kann es nicht richtig, und meint, dass dies irgendwie ein schlechtes Licht auf seine Männlichkeit wirft. Wenn ich ihn früher im College besuchte und dann nach dem Wochenende heimfuhr, war mein Gesicht rot und brannte von seinem stachligen Schnurrbart. Nach der Uni nahm er das Problem der seriösen Rasur mannhaft in Angriff. Aber es war ihm nach wie vor lästig, und vielleicht hatten wir deshalb das Wort rasieren in unser Ehepaarinsiderwitzvokabular aufgenommen. So zum Beispiel: »Schau, Liebling, ich hab mich für dich rasiert...«, begleitet von einem vielsagenden Heben der Augenbrauen.
Aber er kam nicht aus dem Bad und strich sich mit einem lüsternen Grinsen über das glatte Kinn. Stattdessen hörte ich: »Oh, Scheiße !«
Ich weiß längst, wie ich Erics Ausrufe deuten muss, und als ich diesen Fluch hörte, wusste ich, dass ich sofort von der Couch springen und ins Bad laufen musste. Dort fand ich meinen Mann in einer zolltiefen Wasserpfütze, die von einem kräftigen Schwall aus einem Rohr hinter der Toilette gespeist wurde.
»Oh, Scheiße.«
»Sag ich doch.«
Ich rannte zum Besenschrank nach einem Eimer, aber den bekamen wir nicht drunter, also lief ich in die Küche, holte meine größte Schüssel und schob sie unter den sprudelnden
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