Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche
Mal, wenn ich das Gemüsekapitel aufschlug - in Mastering the Art of French Cooking gehört Reis zu den Gemüsen, was ich saukomisch finde -, stand er da und starrte mich an. »Warum?«, fragte ich mich jedes Mal, wenn ich darauf stieß. »Warum, Julia? Was ist so toll an diesem Biest-Reis?«
Gut - ein Problem schafft einem der Riz à l’Indienne vom Hals: Er kann nicht verkochen. Ganz egal, wie durcheinander man ist, sei’s durch Gimlets oder Küchenkatastrophen, Riz à l’Indienne lässt sich nicht ruinieren. Vielleicht wollte Julia, in den Pariser Tagen ein einsamer, kochender Derwisch in einer Mansardenküche, schon mal ein Sorgenkind von ihrer Liste streichen, wenn ihr Mann ständig Fotos von ihr machte und dabei mit dem Finger von der Sauce kostete. Aber war es das wert? Ist verkochter Reis wirklich so schlimm?
Der Biest-Reis erzeugte im Blog eine erstaunliche Debatte und brachte einen Menschentyp zum Vorschein, von dessen Existenz ich bis dahin nichts gewusst hatte.
Vergeude deine Zeit nicht mit solchem Blödsinn. Du brauchst einfach einen japanischen Reiskocher, und zwar sofort. Kein verkochter Reis mehr, kein Festkleben, KEIN BIEST-REIS. Wenn Julia Child einen Reiskocher gekannt hätte, als sie Mastering the Art of French Cooking schrieb - sie hätte darauf GESCHWOREN! Sie war nie zimperlich, wenn es um gute Küchengeräte ging. Liebe Grüße, Chris.
Wie sich herausstellte, war Chris eine leidenschaftliche Befürworterin von Reiskochern. Und sie war nicht allein. Einer bestürzend lautstarken Anzahl von Menschen zufolge waren Reiskocher der Hit schlechthin. Reiskocher konnten ein Leben verändern. Angeblich.
Diese Ergüsse riefen wiederum hitzige Antworten einer ebenso lautstarken Gruppe hervor, welche die Gerätesucht und Faulheit der Reiskocheranhänger beklagte und sie als trauriges Beispiel für den nimmersatten Materialismus unserer Zeit anführte. »Pah, bloß wieder ein Gerät, das Platz frisst«, schnaubte Stove Lover. »Lass dich nicht unterkriegen, Julie!«
Ich wurde von zwei Seiten belagert und abwechselnd gedrängt, ich solle »jetzt Sofort einen Reiskocher kaufen« oder »mein Auge von dem kleinen roten Reiskocherblinklicht abwenden«. Die wenigen unter uns, die hierzu keine feste Meinung hatten, überlegten verwirrt, was in aller Welt daran eigentlich so bedeutsam war. Wie Heathcliff schrieb: »Ich habe schon bergeweise Reis gekocht und noch nie über das Thema nachgedacht. Ist das typisch für New York? Es ist doch nur REIS.«
Vielleicht mache ich mir zu viel Gedanken, aber ich fand diesen ganzen Reis-Sturm-und-Drang irgendwie beunruhigend. Warum konnten sich diese Leute über Reiskocher so aufregen, und warum interessierte mich das Ganze einen feuchten Kehricht? Verpasste ich da ein Kernproblem meiner Generation? Vielleicht war das so wie mit dem Ehetyp - bei Heathcliff und mir war die Sorge um Reis einfach nicht im genetischen Programm enthalten.
Okay. Vielleicht mache ich mir zu viel Gedanken.
Wie gewöhnlich steuerte Isabel zu der Reiskocherdebatte einen außerordentlich diplomatischen, aber auch recht merkwürdigen Kommentar bei:
Vielleicht gibt es ein leicht verschobenes Paralleluniversum, zu dem wir alle hinüberschauen können (und umgekehrt), wo manche den Reis einfacher und reibungsloser in Töpfen und andere in Reiskochern zubereiten. Jenseits des reisernen Vorhangs?
Natürlich kapierte keiner von uns, wovon sie überhaupt sprach, aber Isabel hält sich nicht mit Einzelheiten auf. Wir alle wussten ihr Feingefühl zu schätzen, und von da an beruhigte sich die Reiskocherdebatte, und alle Betroffenen einigten sich dahingehend, dass sie sich nicht einig waren.
Gimlets sind schön und gut, wenn die Leitungen scheußliche, schwarze Scheiße ausspeien, und Mousse au chocolat hilft, wenn sie leck sind. Aber wenn sie das hinter sich haben und anschließend tagelang einfrieren, braucht es mehr. Die Schulweisheit ist der Meinung, die beste Medizin bei eingefrorenen Leitungen in einer Wohnung in Long Island City sei ein klein wenig Heroin. Aber leider frönte ich bereits meiner Sucht nach sündteuren Lebensmitteln, was Ausgaben für entspannendes Dope ausschloss. Stattdessen kochte ich riesige Fleischbrocken, bis ich mich in eine Art Stumpfsinn gegessen oder keine sauberen Töpfe mehr hatte, je nach dem, was zuerst eintrat.
Julia schreibt, Navarin Printanier , Lammeintopf mit Frühlingsgemüse, »ist dank der Tiefkühlung kein jahreszeitlich
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