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Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche

Titel: Julie u Julia - 365 Tage, 524 Rezepte Und 1 Winzige Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Powell
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von vier Flaschen Drano so weit zu beschwatzen, dass sie ihren Auswurf, wo immer er hergekommen sein mochte, wieder zurücknahmen. Ich war so beschäftigt, dass ich erst am Abend wieder an den Computer gehen, über meine Klempnerprobleme berichten und mich dafür entschuldigen konnte, dass ich am Abend zuvor nicht gekocht hatte. Doch Isabel hatte das Geplauder in meiner Abwesenheit in Gang gehalten; sie hatte ins Kommentarfeld die schönste Kurzbeschreibung von Julia Child geschrieben, die ich je gelesen habe:
     
    »Mein Gott, Julia Child ist eindeutig die coolste Frau aller Zeiten. Ich habe gerade ihre Show im Fernsehen gesehen - als ich anschaltete, stand Julia unternehmungslustig auf ihre Hände gestützt da, über allem schwebend wie eine Göttin der Küche und der guten Laune, und sagte zu der Frau, die mit ihr kochte und die ich nicht kannte: ›Ich habe seit Ewigkeiten keinen Cobbler mehr gegessen.‹ Ich glaube, es war ein Cobbler. Sie haben auch köstliche Lebkuchen gebacken, vielleicht hatte sie also auch Lebkuchen schon so lange nicht mehr gegessen.«
    Julia stand unternehmungslustig auf ihre Hände gestützt da, über allem schwebend wie eine Göttin der Küche und der guten Laune - auch wenn ich 91 würde, hinreißender und zutreffender könnte ich es nie formulieren. Dabei macht sich Isabel gar nicht so viel aus Julia Child. Sie schrieb das, weil sie wusste, wie sehr ich Julia Child liebe. Mich überfiel ganz unerwartet eine kribbelnde, tränenselige Dankbarkeit. Ich könnte nichts so Hinreißendes und Zutreffendes über, sagen wir mal, Richard Hell schreiben, das wusste ich genau.
    Am Abend, nach Supr ê mes de Volailles aux Champignons und Fonds d’Artichauts à la Crème - sahnig, wie der Name schon nahe legt, aber nicht schwierig, denn mittlerweile war ich im Verstümmeln von Artischocken schon recht geschickt -, schilderte ich in einem extralangen Blog-Eintrag aufs Genaueste unsere Essenserlebnisse und Klempnerkümmernisse, dann schlug ich Mastering the Art of French Cooking auf, um nachzuschauen, was morgen dran war. Und da entdeckte ich etwas Wunderbares.
    »Eric, komm, schau mal!«
    Eric hing bis über die Ellbogen in dem Geschirr, zu dem er am Vorabend nicht gekommen war; er steckte den Kopf durch die Küchentür und zog ein komisches Gesicht. Ich winkte ihn zu mir. »Komm mal her!«
    Er kam an den Schreibtisch und schaute über meine Schulter in das Buch, das ich ihm aufgeschlagen hinhielt.
    » Mouclades . Ja, und?«
    Ich blätterte ein paar Seiten weiter und drehte mich zu ihm um.
    » Mouclades , Kapitel sechs, mouclades , Kapitel... Oh! Du bist mit Kapitel fünf fertig? Fertig mit Fisch?«
    Ich grinste zu ihm hoch. » Mouclades ist der Schluss.« Ich kicherte übermütig. Das hieß: Vier Kapitel geschafft - Suppen, Eier, Geflügel und jetzt Fisch. Irgendwann hatte ich beschlossen, die Rezeptvariationen auszulassen, und die Fischsaucen erschienen noch an vielen anderen Stellen im Buch, mit dem Fisch war ich also wirklich fertig. Freilich, es waren die kürzesten und einfachsten Kapitel, aber trotzdem wurde deutlich: Ich kam voran. Ich bahnte mir meinen Weg durch Mastering the Art of French Cooking. Ich »meisterte« die französische Küche! »Wir brauchen Muscheln!«
    Am nächsten Abend standen Eric und ich an der Spüle und lösten die Muscheln aus, die ich vorher in Vermouth, Curry, Thymian, Fenchel und Knoblauch gedämpft hatte. Die Küche roch göttlich, die Muscheln waren prall, rosa und gekräuselt wie kleine Vulvas, aber vielleicht spiegelte diese Assoziation nur meine übermütige Stimmung wider. Am nächsten Morgen würde ich meinen Bleaders mitteilen, dass ich ein weiteres Kapitel abgeschlossen hatte, dass ich 268 Rezepte ausprobiert hatte, dass Julie Powell auf dem bestem Wege war, ihr aberwitziges Vorhaben tatsächlich durchzuführen. »Geh schon mal los und vereinbare einen Termin für die dreifache Bypass-Operation und den Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik. Ich ko-mme!«, rief ich triumphierend dem Mann an meiner Seite zu, den ich in diesem Augenblick so innig liebte, dass ich die Muscheln gar nicht mehr richtig auslösen konnte. Als nachher die Buttersauce für die Muscheln unerklärlicherweise gerann und ich, behutsam über dem Topf schwebend, sachte einen Spritzer Eiswasser hinzugab und noch etwas Butter hineinrührte, die jedoch nichts Dringenderes zu tun hatte, als sich wieder abzusondern, auch da stand Eric neben mir. Ich war Tom Cruise mit einer Schweißperle.

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