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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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er sei es eben, ganz egal, ob ihn jemand hören wolle oder nicht.
     Er hatte Lisa, der Mutter von Grace, allerdings auch gesagt, dass er reich und berühmt werden wolle, dass er niemals glücklich
     sein könne, solange sein Talent nicht in jeder Hinsicht, in der sich Anerkennung ausdrücken ließ, anerkannt würde. Das große
     Geld war zwar ausgeblieben – sogar Juliet hatte ihm nur für ein oder zwei Jahre einen halbwegs anständigen Lebensunterhalt gesichert – anderes hatte er aber erreicht.
     Er bekam die Achtung und die Kritiken und die Fans und das Model, das sonst bei Leuten wie Jackson Browne und Jack Nicholson
     anzutreffen war. Und Duncan und seine Spießgesellen hatte er obendrauf bekommen. Wenn du unbedingt in die Wohnzimmer der Leute
     wolltest, konntest du dann was dagegen haben, dass sie auch mal in deins wollten?
    »Das klingt jetzt vielleicht albern«, sagte Duncan, »und vielleicht wollen Sie es gar nicht hören. Aber ich bin nicht der
     Einzige auf der Welt, der Sie für ein Genie hält. Und auch wenn Sie uns möglicherweise für Versager halten, heißt das nicht,
     dass unser Urteil nichts wert ist. Wir lesen und wir sehen Filme und denken und … Ich hab es mir wahrscheinlich mit Ihnen
     verdorben mit meiner blöden Naked -Besprechung, die einfach zum falschen Zeitpunkt geschrieben wurde, und aus den falschen Gründen. Aber das ursprüngliche Album
     … wissen Sie eigentlich, wie vielschichtig das ist? Ich entdecke auch heute noch immer neue Seiten daran, nach all der Zeit.
     Ich will nicht so tun, als wüsste ich, was diese Songs Ihnen bedeutet haben, aber es sind eben die Ausdrucksformen, die Sie
     gewählt haben, dieAnspielungen, die musikalischen Verweise. Das ist die Kunst daran. So sehe ich es. Und … sorry, sorry, eine letzte Sache noch.
     Ich denke nicht, dass Menschen mit einem großen Talent unbedingt wissen, wie gut sie sind – weil ihnen alles so zufliegt,
     und wir wissen nie das zu schätzen, was uns leicht fällt. Aber ich schätze das, was Ihnen mit diesem Album gelungen ist, höher
     ein als alles andere, was ich je gehört habe. Also – danke. Und jetzt sollte ich wohl besser gehen. Aber ich konnte Sie nicht
     treffen, ohne Ihnen das alles mal zu sagen.«
    Und als er aufstand, klingelte Annies Telefon. Sie nahm ab und hielt Tucker den Hörer hin. Tucker bekam es im ersten Moment
     gar nicht mit. Er starrte immer noch Duncan an, als wären dessen Worte irgendwo neben seinem Mund in einer Sprechblase gefangen,
     in der man sie noch mal nachlesen konnte. Und Tucker wollte sie noch einmal nachlesen.
    »Tucker.«
    »Ja.«
    »Grace«, sagte sie.
    »Jippie«, sagte Jackson. »Gracie.«
     
    Während der vergangenen zwanzig Jahre hatte Tucker in Gracie den Schlüssel zu allem Möglichen gesehen. Sie war der Grund,
     warum er aufgehört hatte zu arbeiten; jedes Mal, wenn er das Deckelchen zu seinem Innenleben abgenommen hatte, um reinzugucken,
     hatte er es ganz schnell wieder zugeschlagen. Sie war die Rumpelkammer, die nie aufgeräumt wurde, die nie beantwortete E-Mail,
     die nie zurückgezahlten Schulden, das Symptom, von dem nie ein Arzt gehört hatte. Nur natürlich noch viel schlimmer, weil
     sie eine Tochter war, keine E-Mail, kein Ausschlag.
    »Grace? Bleib mal eine Sekunde dran.«
    Als er mit dem Hörer von der Küche ins Wohnzimmer ging, wurde ihm plötzlich klar, dass dieser seltsame kleine Küstenort sich
     wunderbar für eine Aussöhnung, mit der die ganze jämmerliche Geschichte zu einem Abschluss gebracht werden könnte, eignete.
     Er wollte es Annie nicht zumuten, noch ein weiteres Mitglied seiner Familie aufzunehmen, aber Grace konnte ja für ein paar
     Tage in einem Bed & Breakfast oder so übernachten. Der verödete Pier, den sie am Morgen gesehen hatten … Er sah sie beide
     förmlich dort auf den Planken sitzen, mit den Füßen baumelnd, und reden und zuhören und reden.
    »Tucker?«
    Dad war ein Name, den man sich verdienen musste, hauptsächlich, indem man einer war. Vielleicht würde ihre Unterhaltung damit
     enden: Sie würde ihn »Dad« nennen, und er würde ein paar Tränen vergießen.
    »Ja. Sorry. Ich bin nur mit dem Telefon rausgegangen, damit wir ungestört sind.«
    »Wo bist du?«
    »Ich bin in so einer eigenartigen kleinen Stadt an der englischen Ostküste, Gooleness nennt sie sich. Es ist herrlich. Würde
     dir bestimmt gefallen. Ein bisschen runtergekommen, aber irgendwie cool.«
    »Aha. Okay. Du weißt, dass ich aus Frankreich

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