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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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mit Besuchern aus Amerika gerechnet.«
    »Damals war der Wechselkurs ungünstig«, sagte Tucker. »Warte mal ab, bald kommen wir in Horden.«
    Annie lachte sehr viel herzhafter und schallender als geboten, und auch deutlich zu lange.
    Tucker starrte sie an.
    »Bist du nervös?«
    »Nein.«
    »Oh. Na dann …«
    »Ich denke nur an eure Abreise. Ich will nicht, dass ihr wieder wegfahrt. Und darum habe ich so laut über deinen Witz gelacht.
     Aus irgendeinem Grund. Vielleicht, weil es der letzte Witz sein könnte, den du in diesem Haus machst.«
    Sie bereute die Erklärung sofort, aber nur deshalb, weil sie immer alles bereute. Und als die Reue dann aufgeflammt und ausgebrannt
     war, war es ihr egal. Er sollte es wissen. Sie wollte, dass er es wusste. Sie empfand etwas für jemanden, und sie hatte es
     ihm gesagt.
    »Ach ja. Wer hat überhaupt davon gesprochen, dass wir abreisen? Uns gefällt es hier, oder, Jacko?«
    »Ja. So ein bisschen. Aber ich möchte hier nicht wohnen oder so.«
    »Ich könnte es hier aushalten«, sagte Tucker. »Ohne Wenn und Aber.«
    »Tatsächlich?«, sagte Annie.
    »Klar. Ich mag das Meer. Ich mag das … Unprätentiöse.«
    »Oh, prätentiös ist es hier nicht, das steht fest.«
    »Was heißt das Wort überhaupt?«, fragte Jackson.
    »Das bedeutet, die Stadt tut nicht so, als ob sie was wäre, was sie nicht ist.«
    »Und es gibt Städte, die so tun, als wären sie was anderes? Was denn zum Beispiel?«
    »Paris. Giraffen. Irgendwas.«
    »Ich würde gerne mal in eine Stadt, die so tut, als wäre sie was anderes. Klingt doch lustig.«
    Er hatte recht: Es klang lustig. Wer wollte an einem Ort sein, dessen ganzer Stolz sein Streben nach nichts war, sein stures
     Wohlgefallen an der eigenen Reizlosigkeit?
    »Na egal«, sagte Jackson. »Ich muss Mom wiedersehen, und meine Freunde, und …«
    Annie hoffte selbst da noch auf irgendein schlagendes Argument von Tucker, als sähe sie einen Gerichtsfilm, und Jackson wäre
     der vernagelte Geschworene, der alle aufhielt. Aber Tucker legte nur den Arm um die Schulter des Jungen und sagte ihm, er
     brauche sich keine Sorgen zu machen, und Annie lachte schon wieder an der falschen Stelle, nur um zu zeigen, dass nichts ernst,
     sondern alles komisch gemeint war, und es gar nichts machte, dass Weihnachten so gut wie vorbei war. Jetzt war sie nervös.
    Tucker machte sich Sorgen um Annie, als sie in das kalte und verdächtig leere Museum kamen, aber dann fiel ihm ein, dass sie
     ja die Kuratorin war und als Erste da sein musste. Und es dauerte nicht lange, bis die ersten Leute kamen; offenbar galt es
     in Gooleness nicht als schick, zu spät zu kommen. In kürzester Zeit war der Raum gut gefüllt mit Stadtoffiziellen, Freunden
     des Museums und stolzen Besitzern von Hai-Einzelteilen, die sich wohl alle von der Überlegung hatten leiten lassen, je später
     man kam, desto geringer das Angebot an Sandwichs und Kartoffelchips.
    Vor langer Zeit hatte Tucker Partys gehasst, weil er seinen Namen nicht sagen konnte, ohne dass die Leute irgendwelche Umstände
     machten. Das war auf dieser Party nicht anders, nur dass die Menschen, die heute Umstände machten, augenscheinlich nie von
     ihm gehört hatten.
    »Tucker Crowe?«, fragte Terry Jackson vom Kulturausschuss, dem die Hälfte der Ausstellungsgegenstände gehörte.
    » Der Tucker Crowe?«
    Terry Jackson musste so um die sechzig sein und hatte eine sonderbare graue Tolle, und Tucker war überrascht, dass sein Name
     in Sonderbare-graue-Tolle-Kreisen etwas galt. Aber dann zwinkerte Terry Annie überdeutlich zu, und Annie rollte die Augen
     und wirkte verlegen, daher merkte Tucker, dass noch etwas anderes dahinter steckte.
    »Annie wollte Sie als Stargast für den heutigen Abend. Aber dann hab ich ihr erklärt, dass hier keine Sau weiß, wer Sie sind.
     Was war denn Ihr größter Hit, hm? Ich mach nur Spaß.« Er klopfte Tucker fröhlich auf die Schulter. »Aber Sie sind wirklich
     aus Amerika?«
    »Ja, bin ich.«
    »Na dann«, sagte Terry tröstend. »Wir haben nicht viele Amerikaner zu Besuch in Gooleness. Sie sind wahrscheinlich der allererste.
     Das ist für uns schon was Besonderes. Der Rest ist egal.«
    »Er ist wirklich berühmt«, sagte Annie. »Ich meine, wenn man weiß, wer er ist.«
    »Tja, in unseren eigenen vier Wänden sind wir alle berühmt, was? Was trinken Sie, Tucker? Ich hol mir noch was.«
    »Nur ein Wasser, danke.«
    »Das will ich nicht gehört haben«, sagte Terry. »Ich werde dem einzigen

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