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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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zwölf erwischen wollen, falls man ihr nicht einen überzeugenden
     oder auch nur halbwegs plausiblen Grund geben würde, in London zu bleiben. Wenn Jackson rechtzeitig aus dem Spielzeugladen
     zurückkam, konnten sie sich ein Taxi nach St. Pancras nehmen und um sechzehn Uhr dreißig in Gooleness sein.
    »Was meinst du dazu?« Sie hatte nicht nur das Atmen vergessen; sie hatte vergessen, dass sie ein Gespräch mit einem realen
     Menschen führte.
    »Ich glaube nicht, dass es Jackson großen Spaß macht. Es ist nicht viel los da, erst recht nicht um diese Jahreszeit.«
    »Hast du noch immer dieses Haifischauge?«
    »Ich habe alle möglichen Haifischteile.«
    »Na, das garantiert doch schon mal einen schönen Nachmittag.«
    Es gab nichts, was sie lieber getan hätte, als Tucker in Gooleness wieder gesund zu päppeln, aber dieses Verlangen war eine
     äußerst fragwürdige, gefährliche, kleinmädchenhafte Schnapsidee. Das kam davon, wenn man sich verknallte. Zum einen hatte
     er keine leichte Grippe, sondern einen Herzinfarkt gehabt. Er brauchte bestimmt keine Decken, Wärmflasche und heiße Hühnerbrühe;
     wahrscheinlich war gar das eine oder andere davon tödlich für ihn, was wusste sie schon? Und ihn seiner Familie zu entführen,
     erschien ihr falsch, moralisch verwerflich und unpassend. Sie versuchte, unkonventionell zu denken, aber wahrscheinlich hatte
     sie verinnerlicht, dass Familien wichtig waren, dass Väter Pflichten gegenüber ihren Kindern hatten, dass Tucker nicht einfach
     aus Furcht oder Verlegenheit oder beidem davonlaufen durfte. All diese Zweifel liefen, wenn sie sie zu Ende dachte, auf die
     unwillkommene Tatsache hinaus, dass Tucker ein realer Mensch mit tatsächlichen Problemen war, und weder er noch seine Probleme
     sich in ihrem Leben, in ihrem Haus oder in Gooleness so ohne Weiteres unterbringen ließen. Und da diese Zweifel darauf hinausliefen,
     wollte sie sie nicht unbedingt zu Ende denken.
    »Ich weiß nicht, ob ich es mir zutraue, mich um dich zu kümmern. Ich meine, was haben sie bei dir gemacht? Und was muss noch
     gemacht werden?«
    »Sie haben eine Angioplastie bei mir vorgenommen.«
    »Ah. Tja, ich weiß nicht mal, was das ist. Ich könnte also keine weitere bei dir vornehmen.«
    »O Gott, das würde ich nicht von dir verlangen.«
    Bildete sie sich das nur ein, oder war dieser Teil derUnterhaltung ein bisschen unanständig? Unanständig und verklemmt zugleich, da sie sich weigerte, bestimmte Dinge mitzumachen,
     von denen er sagte, er würde sie gar nicht fordern? Das musste reine Einbildung sein. Hätte sie neulich Abends Barnesys Angebot
     angenommen, wäre sie jetzt nicht so unkonzentriert.
    »Was passiert denn dabei?«
    »Einfach ausgedrückt führen sie einen kleinen Ballon in dich ein und blasen ihn dann auf, um die Arterie frei zu machen.«
    »Du bist also operiert worden? In den letzten sechsunddreißig Stunden?«
    »So eine große Sache war das nicht. Den Ballon führen sie mit einem Katheter ein.«
    »Und du willst wirklich vor deinen Kindern fliehen, obwohl sie um die halbe Welt fliegen, um dich zu besuchen?«
    »Ja.«
    Sie lachte. Es war ein Ja, das wusste, was es wollte.
    »Deine Jungen? Sie fliegen über den Atlantik und sind erst … wie alt?«
    »Zwölf. Plus-minus.«
    »… Und ihr Dad hat das Krankenhaus bereits verlassen und ist nicht aufzufinden?«
    »Genau. Ich will ja kein bestimmtes Kind nicht sehen, sondern nur nicht alle auf einen Schlag. Ich habe sie noch nie alle
     gleichzeitig in einem Raum erlebt. Habe ich nie und wollte ich nie. Also muss ich hier raus, solange es noch geht.«
    »Im Ernst? Sie waren noch nie alle gleichzeitig da?«
    »Du lieber Gott, nein. Ich wüsste gar nicht, wie ich das physisch bewerkstelligen sollte.«
    »Wie lange hast du noch Zeit? Ehe sie alle hier sind?«
    »Die Jungen kommen heute Nachmittag an. Lizzie istunten, Jackson weißt du ja … fehlt also nur noch Grace. Keiner scheint zu wissen, wo sie steckt.«
    »Wo lebt sie denn?«
    »Ah«, sagte er. »Hm. Das hört sich jetzt nicht so schön an.«
    »Du weißt es nicht mit Sicherheit?«
    »›Nicht mit Sicherheit‹ ist noch freundlich ausgedrückt. Das könnte man so verstehen, als hätte ich irgendeinen Anhaltspunkt.«
    »Aber irgendwer weiß es?«
    »Oh, irgendeiner weiß es immer. Die jeweils neueste Partnerin weiß immer, wie sie sich mit vorherigen in Verbindung setzen
     kann. So arbeiten sie sich dann die Kette durch bis zum Ende.«
    »Wie kommt es, dass sie wissen, wie

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