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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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groß für ihn?«
    Duncan hatte eine Schrecksekunde, einen kleinen Hüpfer im Magen, wie man ihn erlebt, wenn einem in der Sekunde, in dem man
     die Tür zuzieht, klar wird, dass der Schlüssel noch auf dem Küchentisch liegt. Er hatte eine ganze Menge in Juliets Unmöglichkeit
     investiert. Wenn er damit nicht richtig lag, was blieb dann noch von ihm?
    »Nein«, sagte er, fügte aber nichts mehr hinzu.
    »Na ja, du kennst dich besser aus als ich, wie du schon sagst. Aber wenn er das damit gemeint hat …«
    »Was nicht der Fall ist …«
    »Nein, aber abgesehen von Tucker und Juliet, interessiert mich es trotzdem: Hattest du auch mal so eine? Die dich überforderte?«
    »Muss ich wohl.« Er blätterte die Kartei seiner sexuellen Beziehungen durch (die vor allem aus leeren Karteikarten bestand).
     Er schaute unter »U« wie »Unmöglich/Unerreichbar« und »P« wie »Primadonna« nach, aber da war nichts. Ihm fielen Freunde ein,
     die so etwas erlebt hatten, aber die Wahrheit war, dass Duncan nie auch nur versucht hatte, eine Beziehung zu jemand so Glamourösem
     wie Juliet anzubahnen, oder überhaupt zu irgendwem, den man als glamourös bezeichnen konnte. Er kannte seinen Platz, und der
     war nicht nurein, sondern zwei Stockwerke tiefer, was jeden Kontakt unmöglich machte. Von dort aus, wo er normalerweise stand, waren unerreichbare
     Frauen gar nicht zu sehen. Wenn man sich das Ganze als Kaufhaus vorstellte, war er im Untergeschoss, bei den 0815-Lampen und
     dem Geschirr; die Juliets aber befanden sich bei der Lingerie, ein paar Rolltreppen weit weg.
    »Sag schon.«
    »Ach, du weißt ja. Das Übliche.«
    »Woher kanntest du sie?«
    Wenn sie sich schon im Reich der Demütigungen aufhielten, musste er sich irgendwas einfallen lassen, andernfalls wäre das
     Bild zu trostlos. Niemand war ein derartiger Loser, dass er noch nicht mal eine Losergeschichte zum Besten geben konnte. Er
     versuchte sich irgendwas Exotisches aus den Fingern zu saugen, was Ginas Erwartungen genügen würde; er sah dramatisch geschminkte
     Augen, perfekte Frisuren, glitzernde Kleider.
    »Erinnerst du dich an Human League?«
    »Ja! Natürlich! O Gott!«
    Duncan lächelte hintergründig.
    »Du warst mit einem Mädchen von Human League zusammen?«
    Und sofort verlor Duncan die Nerven. Wahrscheinlich gab es auf irgendeiner Website eine hilfreiche Liste mit den Namen aller
     Männer, die je mit einem Mädchen von Human League zusammen gewesen waren; sie würde es nachprüfen können.
    »Oh, nein, nein. Meine … Ex war nicht wirklich bei Human League. Sie war bei so einer zweitklassigen Kopie davon. Im College.«
     Das war schon besser. »Dieselbe Schiene, Synthesizer und komische Haarschnitte. Na, es dauerte jedenfalls nicht lange. Sie
     ist dann mit einemBassisten zusammen gewesen, von, von irgendeiner anderen 80er-Band. Und wer war es bei dir?«
    »Oh, ein Schauspieler. Er hat mit allen an der Schauspielschule geschlafen. Ich war dumm genug zu denken, bei mir wäre es
     anders.«
    Da hatte er sich ganz gut aus der Affäre gezogen, fand er. In ihrem Versagertum waren sie ein schönes Paar. Allerdings war
     ihm noch immer sehr unwohl bei dem Gedanken, zwei Jahrzehnte lang den Tenor der Beziehung zwischen Tucker und Juliet falsch
     gedeutet zu haben.
    »Meinst du, es kommt überhaupt darauf an? Ob Juliet unmöglich war im Sinne von unerreichbar, oder unmöglich im Sinne von schwierig?«
    »Ob es drauf ankommt? Auf was? Oder für wen?«
    »Ich weiß nicht. Ich würde mich nur … ich würde mir ein bisschen dumm vorkommen, wenn ich die ganze Zeit falschgelegen hätte.«
    »Wie kannst du falschgelegen haben? Du weißt mehr über diese Platte als sonst wer auf dem Planeten. Und du hast es ja selbst
     gesagt. Falsch gibt es nicht.«
    Hatte er Juliet je so gehört wie Gina? Langsam kamen ihm Zweifel. Er ging davon aus, dass ihm nicht eine einzige Anspielung entgangen war,
     weder in den Texten noch in der Musik: hier bei Curtis Mayfield geklaut, da ein Verweis auf Baudelaire. Aber vielleicht hatte
     er sich so lange in den Tiefen des Albums aufgehalten, dass er nicht hochgekommen war, um Luft zu holen, nie gehört hatte,
     was man beim zufälligen Hineinhören hören konnte. Vielleicht hatte er viel zu lange etwas zu übersetzen versucht, das von
     vorneherein auf Englisch abgefasst war.
    »Oh, jetzt aber Themawechsel«, sagte er.
    »Sorry«, sagte Gina. »Das muss dich ja schrecklich nerven, wie ich so drauflosquassele, ohne eine blasseAhnung zu haben.

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