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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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Aber ich kann schon verstehen, wie so was zur Sucht werden kann.«
     
    Als Annie Tucker am nächsten Morgen besuchte, war er angezogen und fertig zum Gehen. Jackson saß mit rotem Gesicht neben ihm
     und sah überfordert aus in einer blauen Daunenjacke, die eindeutig nicht für den Aufenthalt in geheizten Krankenhäusern gedacht
     war.
    »Okay«, sagte Tucker. »Hier ist sie. Gehen wir.«
    Die beiden gingen an Annie vorbei zur Tür. Jacksons auffällige Entschlossenheit – das vorgereckte Kinn, die schnellen, sicheren
     Schritte – ließ Annie vermuten, dass der Abgang gnadenlos einstudiert worden war.
    »Wo geht’s hin?«, fragte Annie.
    »Zu dir«, sagte Tucker. Er war schon den halben Flur runter, also konnte sie die Worte nur aufschnappen, indem sie ihm nachlief,
     und selbst dann hätte sie sie beinahe fallen lassen.
    »In mein Hotel? Oder nach Gooleness?«
    »Ja. Genau. Da ans Meer. Jackson braucht dringend Saltwater-Toffee. Stimmt’s, Jackson?«
    »Lecker!«
    »Was braucht er? Davon hab ich noch nie gehört. Das werdet ihr da kaum bekommen.«
    Der Aufzug war gekommen, und sie quetschte sich gerade noch hinein, ehe die Tür sich schloss.
    »Was gibt’s denn da, was er mögen würde?«
    »Zuckerstangen wahrscheinlich. Sind aber verdammt schlecht für die Zähne«, sagte Annie.
    Welchen vordringlichen Ehrgeiz hatte sie hier eigentlich, fragte sie sich? Wollte sie die lüsterne Geliebte eines Rockers
     werden oder ambulante Pflegekraft? Denn sie hatte das dumme Gefühl, dass sich die beiden Karrieren nicht vereinbaren ließen.
    »Danke«, sagte Tucker. »Ich werde ein Auge drauf haben.«
    Sie suchte in seinem Gesichtsausdruck nach etwas anderem als Ungeduld und Sarkasmus. Nichts zu sehen.
    Der Aufzug machte Ping, und die Tür öffnete sich. Tucker und Jackson gingen mit großen Schritten nach draußen auf die Straße
     und versuchten sofort, ein Taxi anzuhalten.
    »Woher weiß man, ob sie frei sind? Ich hab’s ganz vergessen«, sagte Tucker.
    »Das gelbe Licht.«
    »Welches gelbe Licht?«
    »Du kannst es nicht sehen, weil keins frei ist. Tucker, hör mal …«
    »Gelbes Licht, Dad!«
    »Cool.«
    Das Taxi hielt an, und Tucker und Jackson stiegen ein.
    »Zu welchem Bahnhof müssen wir?«
    »King’s Cross. Aber …«
    Tucker gab dem Taxifahrer komplizierte Anweisungen, unter anderem nannte er ihm eine Adresse in West-London, wohl Lizzies
     Wohnung, wie Annie vermutete, von der aus es eine lange Fahrt quer durch die Stadt bis zurück zum Bahnhof war. Sie würden
     bestimmt noch zum Geldautomaten müssen, und der Fahrpreis würde ihn umhauen.
    »Kommst du mit?«, fragte Tucker, als er am Türgriff des Taxis zog. Es war natürlich eine rhethorische Frage, und es lockte
     sie, die Einladung abzulehnen, nur um zu hören, was er dazu sagen würde. Sie hüpfte hinein.
    »Wir müssen erst unser Gepäck aus Lizzies Wohnung holen. Weißt du, wann die Züge fahren?«
    »Den nächsten werden wir verpassen, aber wir müssen wahrscheinlich nur eine halbe Stunde auf den danach warten.«
    »Zeit für einen Comic, eine Tasse Kaffee … Ich weiß nicht, ob ich überhaupt schon mal in einem englischen Zug gesessen habe.«
    »TUCKER!«, sagte Annie. Das Wort kam schrill und unwirsch heraus, und viel lauter, als sie beabsichtigt hatte; Jackson sah
     sie erschrocken an. An seiner Stelle würde sie sich jetzt fragen, ob der Urlaub am Meer besonders spaßig werden würde. Aber
     sie musste den konstanten Redefluss irgendwie stoppen.
    »Ja«, sagte Tucker milde. »Annie?«
    »Fühlst du dich gut?«
    »Bestens.«
    »Ich meine, darfst du einfach so aus dem Krankenhaus spazieren, ohne jemandem Bescheid zu sagen?«
    »Woher willst du wissen, dass ich es keinem gesagt habe?«
    »Habe ich nur so geschlossen. Aus unserem hastigen Abgang aus dem Krankenhaus.«
    »Ich habe mich von ein paar Leuten verabschiedet.«
    »Wem?«
    »Du weißt schon. Leute, mit denen ich mich da drin angefreundet hab. He, ist das die Albert Hall?«
    Sie ging nicht darauf ein. Er zuckte mit den Schultern.
    »Hast du immer noch irgendeinen Ballon in dir stecken? In Gooleness findest du nämlich keinen, der ihn wieder rausholen könnte.«
    Das haute irgendwie nicht hin. Sie redete mit ihm, als wäre sie seine Mutter – gesetzt den Fall, er wäre in den 1950ern irgendwo
     in Yorkshire oder Lancashire geboren und seine Eltern hätten eine kleine Pension geführt. Siehörte förmlich das blanke Linoleum und die gedünstete Leber in ihrer Stimme.
    »Nein. Ich hab’s dir

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