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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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eingewilligt, für ihn als Hure zu arbeiten. Später, wenn sie beide genug Geld gespart hatten, so hatte Laabs es ihr erklärt, würden sie heiraten und ein eigenes Bordell aufmachen. Dann brauchte sie nur noch die Mädchen zu beaufsichtigen, ohne sich selbst irgendwelchen Freiern hingeben zu müssen.
    Laabs sah eine Menge Schwierigkeiten auf sich zukommen. Da war zum einen seine Frau, die das hübsche Mädchen vom Land als Konkurrentin ansehen musste, und zum anderen Dela selbst, die ihm noch lange Vorwürfe machen würde. Daher überlegte er sich seine Antwort sehr genau. »Hallo, liebe Dela! Da es dir hier nicht gefällt, habe ich beschlossen, dich in ein anderes Haus zu bringen, eines, in dem nur die Spitzen der Gesellschaft verkehren. Dort brauchst du nur ein, zwei Männer pro Nacht zu befriedigen und wirst dafür weitaus mehr Trinkgeld erhalten als hier.«
    »Mehr Trinkgeld? Das ist gut! Je rascher wir die notwendige Summe ansparen können, umso eher können wir unseren eigenen Puff aufmachen. Dann muss ich mich nicht mehr unter jeden Kerl legen, der gerade mal die paar Mark dafür aufbringen kann.«
    Da Delas Hoffnung bald wie Nebel im Wind zerstieben würde, wich Laabs diesem Thema aus und forderte sie auf, ihre Sachen zu holen. »Wir werden zu Fuß gehen müssen. Um die Zeit noch eine Droschke zu bekommen, ist fast unmöglich.«
    Er gesellte sich zu der hiesigen Prinzipalin und dachte nicht zum ersten Mal, dass ein gewaltiger Unterschied zwischen dieser Frau und Hede bestand. Seine Frau hätte jemandem wie ihm schon längst ein Glas Wein angeboten. Diese Puffmutter aber murrte nur ausdauernd, weil er ihr das beste Stück ihres Hauses wegnehmen wollte, obwohl ihre Stammkunden gerade auf frisches Fleisch aus waren.
    Laabs war froh, als Dela mit einer Tasche erschien, in die sie ihre Habseligkeiten gestopft hatte. »Ich bin so weit«, sagte sie, ohne ihre bisherige Chefin eines einzigen Blickes zu würdigen. Die Frau hatte sie mit Schlägen gezwungen, ihr zu gehorchen, und das würde sie ihr nie verzeihen.
    »Dann komm. Gott befohlen!« Laabs machte noch eine grüßende Bewegung in Richtung der Puffmutter und atmete auf, als der erdrückende Geruch schlechten Parfüms hinter ihm zurückblieb.
    »Wenn ich gewusst hätte, dass ich in so etwas arbeiten muss, wäre ich niemals mit dir nach Berlin gekommen«, beschwerte Dela sich.
    »Wenn man hier Geld machen will, muss man kleinliche moralische Bedenken beiseiteschieben«, antwortete Laabs leichthin.
    Dela verzog das Gesicht, denn sie hätte die Arbeit in einer Bierschenke dem Hurenhaus jederzeit vorgezogen. Nun aber hoffte sie, dass es für sie aufwärtsging. »Du sagst, in dem neuen Puff geht es gesitteter zu?«
    »Das Haus ist so vornehm, dass sogar Seine Königliche Hoheit, Prinz Wilhelm, dort zu Gast war«, behauptete Laabs, ohne zu wissen, ob das stimmte. »Die Spitzenkräfte erhalten dort jeden Abend mehr als einhundert Mark allein an Trinkgeld.«
    »Einhundert Mark, sagst du?« Dela war beeindruckt. Ein guter Handwerker erhielt höchstens das Doppelte im ganzen Monat, und die Arbeiterinnen in den Fabriken Berlins konnten von einer solchen Summe als Monatslohn nicht einmal träumen. Rasch rechnete sie im Kopf aus, wie lange sie dort brauchen würde, um genug Geld für ein eigenes Bordell zusammenzusparen, und kam auf eine recht angenehme Zeit. Mit dem Gefühl, dass sich der Umzug nach Berlin nun doch zu lohnen schien, schritt sie neben Laabs her durch die nächtlichen Straßen. Da ihr Begleiter wusste, welche Ecken man um diese Zeit besser mied, gelangten sie ohne Probleme zur Stallschreiberstraße. Dort war es inzwischen sicherer als noch vor ein paar Wochen, denn einer von Hedes Stammkunden mit guten Kontakten zum Magistrat hatte dafür gesorgt, dass des Nachts Schutzmänner durch diese Straße patrouillierten, ohne den ankommenden und abfahrenden Gästen zu nahe zu treten. Nicht lange darauf hatte sich das Gesindel wieder in seine angestammten Viertel verzogen.
    Einesteils war Laabs froh darüber, denn nun kamen wieder mehr Gäste in das
Le Plaisir
und brachten Geld herein. Andererseits fehlten ihm die alten Freunde, die ihm das Gefühl vermittelt hatten, der Herr im Haus zu sein, und er war wieder ganz von Hede und deren schwindender Großzügigkeit abhängig.
    Sein Unmut hinderte ihn nicht daran, den Klingelzug zu betätigen und Anton, der ihnen öffnete, fröhlich zu begrüßen. »Na, mein Guter? Wie geht das Geschäft? Ist die Prinzipalin

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