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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Einfahrt, die breit und hoch genug war, um Pferdegespanne passieren zu lassen. Im größten Hof fand Maruhn die Hintertür des Roten Ochsen, neben der ein Schild auf die Wirtschaft hinwies. Maruhn achtete jedoch nicht auf diesen Eingang, sondern auf die übrigen, die scheinbar in Nebengebäude führten. Am liebsten hätte er einen der Jungen für ein paar Groschen angeheuert, diese unter Kontrolle zu halten und ihn zu informieren, wenn Pielke sich sehen ließ. Doch da die Bewohner der umliegenden Häuser seiner Erfahrung nach eher zu den Ganoven als zu Vertretern des Gesetzes hielten, suchte er sich seufzend eine dunkle Ecke hinter den Müllkübeln, ignorierte den penetranten Gestank und legte sich so dorthin, als wäre er ein Obdachloser, der hier seinen Rausch ausschlafen wollte. Seine Kleidung war zwar zu gut für diese Rolle, aber das würde in diesem düsteren Hof nicht auffallen.
    Zwei Stunden lang tat sich nichts, und Maruhn zweifelte zunehmend daran, ob er auf diese Weise tatsächlich an Informationen gelangen würde. Da tauchte ein älterer, wenig vertrauenerweckender Mann auf, den der Detektiv seines Mantels wegen für einen Droschkenkutscher hielt. Er blickte sich um, ohne Maruhn zu bemerken, und verschwand in einem der Hintereingänge. Kurz darauf folgte ihm ein Zweiter, dem Maruhn auf der Straße nicht die Hand gegeben hätte, ohne hinterher zu zählen, ob noch alle Finger vorhanden waren.
    Der Detektiv war sicher, Ganoven beobachtet zu haben, die ihr Diebesgut an den Hehler verkaufen wollten. Er dachte an den vertauschten Schmuck, bei dem ein Droschkenkutscher als Komplize gedient haben musste, und kratzte sich am Kopf. Hatte der Kerl, der eben das Haus betreten hatte, Baron Anno von Klingenfeld geholfen, den echten Schmuck mit den Falsifikaten zu vertauschen? Der Verdacht war nicht von der Hand zu weisen.
    Mit der wachsenden Gewissheit, auf der richtigen Spur zu sein, blieb er geduldig auf seinem Posten und wurde nicht enttäuscht. Nach einer Weile kamen der Kutscher und der zweite Gauner in Begleitung eines untersetzten Mannes zurück, den man für einen kleinen Geschäftsmann hätte halten können, wäre da nicht der unstete Blick gewesen, mit dem er seine Umgebung musterte.
    Die drei verließen den Hinterhof durch die Einfahrt, durch die auch Maruhn hereingekommen war. Sofort stand der Detektiv auf, klopfte seine Kleidung ab und hinkte hinter den Leuten her. Er sah noch, wie der Mann, den er für Pielke hielt, und der kleingewachsene Gauner in einen geschlossenen Wagen stiegen, während der Kutscher auf dem Bock Platz nahm.
    »Die haben ein Schurkenstück vor, und das am helllichten Tag!«, murmelte Maruhn und machte sich auf die Suche nach einer Droschke. Viel Hoffnung hatte er nicht, in dieser Gegend eine zu finden, doch als er in eine der Nebenstraßen blickte, sah er einen mit zwei Pferden bespannten Wagen direkt vor sich stehen. Der Kutscher schien sich nicht auszukennen, denn er fragte eine Horde lärmender Kinder nach dem Weg zum Schlesischen Bahnhof, erntete aber nur Gelächter.
    Maruhn schob sich durch die Bengel und stieg in den Wagen. »Fahren Sie los, Mann. Sie kommen mir wie gerufen!«
    Der Kutscher sah sich erleichtert zu ihm um. »Entschuldigen Sie, aber ich bin erst seit zwei Wochen im Dienst und noch nie in dieser Gegend gewesen. Wohin wollen Sie gefahren werden, und wie gelange ich dorthin?«
    Da entdeckte Maruhn weiter vorne Pielkes Kastenwagen, der eben eine Schleife gezogen hatte und nun die Straße befuhr, in der die Droschke angehalten hatte. »Fahren Sie erst einmal in diese Richtung«, befahl er dem Kutscher.
    Dieser stieß erleichtert die Luft aus und knallte mit der Peitsche. Auch wenn er sich in Berlin noch nicht so recht auskannte, so kam er mit seinem Gespann gut zurecht.
    Maruhn stellte fest, dass die Kinder hinter ihnen zurückblieben und auch sonst niemand mehr zuhören konnte. Daher stemmte er sich aus dem Sitz und klopfte dem Kutscher auf die Schulter. »Folgen Sie diesem Wagen dort vorne, aber so, dass die Leute darin es nicht merken!«
    »Aber wieso …«, setzte der Mann an.
    Maruhn hielt ihm seine Karte unter die Nase. »Ich bin Leutnant a.D. und Detektiv. Reicht Ihnen das?«
    Der Mann nickte. »Ja! Worum geht es denn? Müssen Sie eine untreue Ehefrau beschatten oder steckt mehr dahinter?«
    Offensichtlich las der Kerl in seiner Freizeit Kolportageromane – und zwar nicht die besten, befand Maruhn und brummte, dass sein Auftrag geheim wäre. Zu seiner

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