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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Laabs winkte, als wären Lore und ihre Begleiterinnen Schulkinder, die ihm anvertraut waren, und ging voraus. Dabei sah er sich immer wieder um, als wolle er sichergehen, dass sie ihm auch folgten.
    Auf dem Vorplatz des Bahnhofs blieb Lore stehen und wollte eine Droschke heranwinken.
    Da trat Laabs eilig auf sie zu. »Ich habe bereits eine Droschke organisiert, die Sie zu meinem Lager bringen wird!«
    Lore wandte sich mit einem Lächeln zu ihm um. »Es geht nicht um mich, sondern um Mrs. Penn. Sie wird nicht mit uns kommen, sondern in ihr Modeatelier fahren, um alles für unseren Besuch dort vorzubereiten.«
    Noch während sie es sagte, hielt Jürgen eine Droschke auf und half Mary hinein. Sie hatte nur ihren kleinen Reisekoffer bei sich, denn das Gepäck ihrer Freundinnen würde mit dem Wagen, den die Dienstmänner organisiert hatten, zum Palais Trettin gebracht werden.
    Für Laabs war dies eine unliebsame Entwicklung, denn ihm wäre es lieber gewesen, die gesamte Reisegruppe mitzunehmen. So bestand die Gefahr, dass Mrs. Penn sich an die Behörden wandte, wenn die anderen Damen zu lange ausblieben, und nach ihnen forschen ließ. Er wusste jedoch selbst, dass er die Frau nicht dazu zwingen konnte, mit ihnen zu fahren.
    Daher machte er einen Witz über die Putzsucht der Damen, die andauernd neue Kleider bräuchten, und sah zu, wie Marys Droschke und der Frachtwagen anrollten. Diejenigen, die ihn begleiteten, führte er ums Karree zu dem Wagen, den der alte Klaas lenkte. Dieser Kutscher hatte auch Anno von Klingenfeld geholfen, die Koffer mit dem Schmuck zu vertauschen, und Ottwald von Trettin und Maxe nach dem Einbruch in Lores und Fridolins Haus gefahren.
    Klaas saß mit mürrischer Miene auf seinem Bock und dachte nicht daran, den Frauen in den Wagen zu helfen. Dies blieb Jürgen überlassen, der anschließend mit Laabs zusammen gegen die Fahrtrichtung Platz nahm, währen Lore, Dorothea und Nathalia sich auf der anderen Seite drängen mussten. Dorothea rümpfte die Nase, denn der Wagenkasten roch modrig und war auch nicht besonders sauber.
    Nach Lores Meinung war der Gebrauchtmöbelhändler ein sehr sparsamer Mann, weil er einen so herabgekommenen Einspänner gewählt hatte, und sie hoffte, nicht von Bekannten darin gesehen zu werden. Ihre Freude, passende Möbel zu bekommen, hatte einen ersten Dämpfer erhalten. Hoffentlich sehen die Stühle und Tische nicht genauso aus wie dieser Wagen, dachte sie, als die Droschke Fahrt aufnahm und der Kutscher sich zwischen zwei Wagen auf der Siegesallee einreihte.
    Ein paar Querstraßen weit ging es nach Süden, doch dann bog der Kutscher nach Westen in die Charlottenburger Chaussee ab, verließ diese bald wieder südwärts, um kurz darauf erneut eine andere Richtung einzuschlagen. Obwohl Lore Berlin kannte, verlor sie bald die Orientierung und wandte sich an Laabs.
    »Wo fährt der Mann mit uns hin, Herr Dausend? Fast hat man das Gefühl, er kennt seinen Weg nicht.«
    Laabs hob in einer beruhigenden Geste die Hand. »Keine Sorge, gnädige Frau. Er weiß sehr wohl, wo sich mein Lager befindet, meidet aber ein paar Straßen, in denen die Stadtverwaltung den Boden hat aufreißen lassen. Dort staut sich nämlich der Verkehr und wir würden weitaus länger brauchen.«
    »Ich wusste gar nicht, dass in Berlin so viel gebaut wird«, sagte Dorothea, als der Wagen schon wieder die Richtung änderte.
    Lore nahm an, dass der Kutscher glaubte, drei unbedarfte Provinzlerinnen vor sich zu sehen, bei denen er die Fahrt ausdehnen konnte, um seinen Verdienst zu erhöhen. Allmählich bedauerte sie, diese Reise überhaupt angetreten zu haben. Stellten sich die Möbel nun als Ramsch heraus, würde sie diesem Dausend ein paar deutliche Worte an den Kopf werfen.
    Es ging immer weiter stadtauswärts, und zwar, wie Lore feststellte, beileibe nicht durch die besten Viertel. Schon bald waren die Straßen nicht mehr gepflastert, und die großen Räder der Droschke wirbelten so viel Schmutz auf, dass es nach innen spritzte. Böse Blicke streiften Laabs, der zufrieden lächelnd neben Jürgen saß und die Hände vor der Brust verschränkte.
    Eine Weile fuhren sie an rasch hochgezogenen, aber bereits schmuddelig aussehenden Häusern vorbei, dann fanden sie sich zwischen alten Fabrikhallen wieder, die längst nicht mehr ihrem ursprünglichen Zweck dienten, sondern als Werkstätten, Lagerräume und teilweise sogar als Wohnungen für diejenigen verwendet wurden, die sich nicht einmal mehr ein Zimmer in einer

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