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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Bilder könnten die Runde machen. Er wollte jedoch keinen Streit mit seiner Mutter, und der wäre unausweichlich, wenn er Lore verschonte.
    »Ist der Wagen bereit?«, fragte er und sah zu seiner Erleichterung Rudi Pielke nicken. »Dann bringt die Frauen ins
Le Plaisir!
«

III.
    O ttwald von Trettin ahnte nicht, dass ein Lauscher unter einem der Fenster seine Ohren spitzte, um kein Wort zu verpassen. Zwar begriff Dirk Maruhn noch nicht, was da drinnen gespielt wurde, aber ihm war klar, dass es ein perfides Spiel war. Er hatte den Kutscher mit der Droschke zurückkommen sehen und die Passagiere beim Aussteigen beobachtet. Alle drei Damen zählten zur höheren Gesellschaftsschicht, waren vielleicht sogar von Adel. Der junge Mann in ihrer Begleitung machte hingegen den Eindruck eines weltfremden Künstlers. Nun fragte der Detektiv sich, warum diese Leute ins
Le Plaisir
geschafft werden sollten. Er hatte Hede Laabs kennengelernt und nicht den Eindruck gewonnen, als würde sie sich an unsauberen Geschäften beteiligen.
    Ein Geräusch lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Einfahrt. Dort entdeckte er den Ehemann der Puffmutter, der mit zufriedenem Gesichtsausdruck aus dem Haus trat und mithalf, drei reglose Gestalten in einen geschlossenen Wagen zu heben, vor den der gleiche Gaul gespannt war, der die offene Droschke gezogen hatte. Laabs bestieg mit dem Gutsherrn und der älteren Dame das Gefährt.
    »Fahr du schon mal los!«, rief Pielke seinem Kumpan zu. »Wir gehen zur nächsten Hauptstraße und kommen mit dem Pferdeomnibus nach.«
    »Beeilt euch aber! Wir wissen nicht, wie lange das Betäubungsmittel wirkt. Ich will nicht, dass die Weiber in meinem Wagen aufwachen und zu kreischen anfangen«, drängte der Kutscher.
    »Dann sollten wir sie fesseln und knebeln«, schlug Malwine vor.
    Ihr Sohn schüttelte den Kopf. »Bei all den Staus auf den Straßen muss der Wagen zu oft stehen bleiben. Wenn dann jemand durch das Fenster im Schlag schaut, sieht er die Frauen gebunden liegen und verständigt womöglich die Gendarmerie. So aber wirken die drei, als wären sie nach einem längeren Spaziergang eingeschlafen.«
    »Das Mittel ist so bemessen, dass die Betäubung die halbe Nacht anhält. Also machen Sie sich keine Sorgen!«, beteuerte Laabs.
    Maruhn beobachtete den Kastenwagen, bis dieser vom Hof verschwunden war, und wollte sogleich zu seiner eigenen Droschke zurückkehren, um dem Zuhälter und dessen Begleitern zu folgen. Doch sein Fuß stockte, als ihm der junge Mann einfiel, der die drei entführten Damen begleitet hatte. Er beobachtete, wie Pielke und einer der beiden anderen Männer sich auf den Weg machten. Also blieb nur noch jener übrig, den der Detektiv für einen Einsteigdieb hielt. Mit dem glaubte er, im Notfall fertig zu werden.
    Maruhn probierte aus, ob sich der Stockdegen rasch ziehen ließ, und wollte schon um die Ecke in den Hof gehen, als Maxe mit einer Schubkarre aus der Einfahrt kam, deren Inhalt mit einer Plane bedeckt war. Obwohl die Karre offensichtlich schwer beladen war, schob der Mann sie mit einem fröhlichen Pfeifen die Straße entlang und bog ein Stück weiter vorne ab.
    Ohne zu zögern, hinkte Maruhn hinter ihm her. Nicht lange, da verließ Maxe die Straße und wählte einen holprigen Waldweg, der nach wenigen hundert Metern vor einem großen Loch endete, das fast zur Gänze mit Abfall gefüllt war. Dort kippte er die Schubkarre um, und Maruhn sah, wie der junge Begleiter der entführten Frauen in das Schuttloch fiel.
    »Die Schurken haben ihn umgebracht«, sagte der Detektiv zu sich selbst und überlegte, ob er den Kerl mit der Schubkarre festnehmen sollte. Doch wenn er das tat, würde er es sich selbst unmöglich machen, etwas zugunsten der drei Damen zu unternehmen. Deshalb zog er sich zunächst in den Wald zurück und sah aus der Deckung der Bäume heraus zu, wie sich der Dieb mit der leeren Schubkarre auf den Heimweg machte.
    Kaum war Maxe außer Sicht, eilte Maruhn zur Müllkippe und sah hinab. Der junge Mann lag zwei Meter tiefer auf ein paar alten Säcken. Ächzend kletterte der Detektiv nach unten und presste die Finger auf den Hals des Mannes, um zu fühlen, ob noch Leben in ihm war. Als er das langsame, aber stete Pochen der Halsschlagader spürte, atmete er auf. Kurz entschlossen hob er den Bewusstlosen an und zerrte ihn nach oben. Er konnte ihn jedoch nicht weitertragen, denn nach dieser kurzen Anstrengung keuchte er bereits wie ein defekter Blasebalg. Daher legte er den jungen Mann auf

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