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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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der Mietskasernen weiter drinnen in der Stadt leisten konnten.
    Endlich hielt der Kutscher vor einem verfallen aussehenden Schuppen an, bei dem Lore keinen Pfifferling darauf gewettet hätte, dass er den nächsten Sturm überstand. Sie war entsetzlich enttäuscht und überlegte schon, ob sie den Kutscher nicht auffordern sollte, sie und ihre Begleiterinnen umgehend in eine belebtere Gegend zu bringen, um dort eine andere Droschke zu nehmen und nach Hause zu fahren.
    Laabs ließ ihr jedoch keine Zeit zum Nachdenken, sondern öffnete den Schlag. »Wenn die Damen aussteigen wollen? Bitte ein wenig die Röcke anheben, denn der Boden ist matschig. Drinnen in der Halle können Sie sich erst einmal setzen und eine Erfrischung zu sich nehmen, bevor wir uns die Möbel ansehen.«
    »Ich glaube nicht, dass ich hier etwas essen oder trinken möchte«, antwortete Lore mit herabgezogenen Mundwinkeln. Auch ihre Freundinnen sahen nicht aus, als fühlten sie sich hier wohl.
    Es kostete Laabs einiges an Überredung, bis die Damen das Gebäude betraten. Lores Forderung, sofort die Möbel sehen zu wollen, bereitete ihm jedoch Probleme. Zwar hatte Rudi Pielke in seinem Lager einzelne Möbelstücke stehen, doch keines davon war auch nur im Entferntesten geeignet, den Damen vorgeführt zu werden.
    »Hier bitte durch diese Tür!« Laabs eilte voraus, öffnete und wartete, bis die drei Damen samt ihrem Begleiter eingetreten waren. Da die Fensterläden geschlossen waren, war es in dem Raum so düster wie in einer Gruft. Lore schauderte es unwillkürlich, und sie blieb so abrupt stehen, dass Dorothea gegen sie prallte.
    »Hier müsste Licht gemacht werden«, sagte sie in die Richtung, in der sie den Gebrauchtmöbelhändler vermutete.
    »Das wird gleich geschehen, gnädige Frau«, hörte sie ihn antworten und sah, wie ein Patenthölzchen aufflammte.
    Laabs entzündete eine Petroleumlampe und stellte sie auf den Tisch. Sie fanden sich in einem etwa fünf auf fünf Meter großen Zimmer wieder, das halbwegs sauber gehalten wurde. Um den Tisch herum standen vier unterschiedliche Stühle, und auf einer verschrammten Anrichte warteten eine Flasche mit einem leichten Likör, wie er für Damen geeignet war, und einige recht große Gläser.
    Ohne auf die abwehrenden Mienen seiner Gäste zu achten, füllte Laabs fünf Gläser und reichte sie herum. »Trinken Sie ruhig. Es ist guter Likör«, sagte er und hob sein Glas. »Auf die Möbel, die Sie kaufen werden! Es dauert noch einen Moment, bis mein Lagerverwalter hier ist. Lassen Sie uns trinken, und dann sehen wir uns meine Prachtstücke an.« Laabs lachte, tat dann so, als tränke er, ließ die grünliche Flüssigkeit jedoch den rechten Ärmel hinabfließen.
    Lore zögerte ein wenig, trank dann aber doch einen Schluck. Der Likör schmeckte süß und hatte einen eigenartigen Nachgeschmack, der sich erst hinterher auf der Zunge breitmachte. Kurz entschlossen stellte sie das Glas ab und sah, dass Dorothea, Nathalia und Jürgen die ihren geleert hatten.
    »Trinken Sie doch!«, forderte Laabs sie auf.
    Dies erschien Lore als zu aufdringlich, und sie hob abwehrend die Hand. »Ich bedauere, aber der Likör schmeckt mir nicht!«
    Verärgert musterte Laabs sie und warf dann einen Blick auf Nathalia, Dorothea und Jürgen. Nach den Angaben des Apothekers, von dem er das Betäubungsmittel erstanden hatte, war dieses besonders stark und sollte rasch wirken. Und tatsächlich taumelte Dorothea bereits, setzte sich auf einen Stuhl und rieb sich mit einer mühsamen Bewegung über die Augen. »Irgendwie wird mir schummrig«, murmelte sie noch, dann sank ihr Kopf auf die Tischplatte, und sie dämmerte weg. Nathalia schaffte es nicht einmal mehr zu einem Stuhl, sondern brach an Ort und Stelle zusammen. Jürgen gelang es noch, sie aufzufangen und auf einen Stuhl zu setzen. Dann wurde auch er von dem Betäubungsgift überwältigt und stürzte zu Boden.
    Lore war dem Ganzen fassungslos gefolgt und versuchte zu begreifen, was um sie herum geschah. Obwohl sie nur wenig von dem vergifteten Likör getrunken hatte, fühlte sie sich wie in Watte gebettet und konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Verzweifelt versuchte sie zur Tür zu kommen, doch da stellte Laabs sich ihr in den Weg.
    »Sie wollen uns doch nicht etwa schon verlassen?«, spottete er, packte sie und schleppte sie zum Tisch. Dort hielt er ihr mit einer Hand den Kopf fest, nahm mit der anderen das noch drei viertel volle Glas und goss ihr den Inhalt in den

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