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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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die Erde und musterte ihn.
    Die Schufte hatten ihr Opfer bis auf die Unterhose ausgezogen und einfach auf den Müll geworfen. Dort wäre er entweder umgekommen oder von dem nächsten Gendarmen wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses festgenommen worden. In beiden Fällen hätte er nichts für seine Begleiterinnen tun können.
    Da die Schurken unterwegs ins
Le Plaisir
waren, wollte Maruhn ihnen folgen, um das Schlimmste zu verhindern. Doch er konnte den Betäubten nicht neben der Müllkippe liegen lassen. Zunächst einmal musste er dafür sorgen, dass das Gift aus dem Magen des Mannes herauskam. Daher wälzte er ihn auf den Bauch, hob den Kopf und steckte ihm einen Finger in den Hals. Es war nicht ungefährlich, einen Bewusstlosen zum Erbrechen zu bringen, und Maruhn achtete sorgfältig darauf, dass der junge Mann nicht am eigenen Erbrochenen erstickte.
    Nach einer Weile verebbten Jürgens Krämpfe, und er begann sich zu regen. Obwohl Maruhn ihm mehrere Ohrfeigen versetzte, wachte er jedoch nicht auf.
    »Ich werde den Kutscher meiner Droschke zu Hilfe holen müssen«, sagte sich Maruhn und humpelte los, so schnell er konnte. So weit wie an diesem Tag war er schon lange nicht mehr gegangen, und er spürte den Schmerz in seinem Bein als ein dumpfes Pochen. Mit zusammengebissenen Zähnen lief er weiter und sah nach einiger Zeit erleichtert, dass die Droschke noch an derselben Stelle stand.
    »Kommen Sie! Ich brauche Ihre Unterstützung!«, rief er dem Kutscher zu.
    Dieser ließ ihn einsteigen, trieb sein Gespann an und wendete an der ersten Stelle, an der es möglich war. Dabei rümpfte er die Nase. »Besonders gut riechen Sie gerade nicht! Ich werde die Polster hinterher säubern müssen.«
    »Das bezahle ich Ihnen«, versprach Maruhn und bat ihn schließlich, vor dem Waldweg zu halten. »Wir müssen dort hinein und einen Bewusstlosen herausholen. Anschließend fahren Sie mich ins
Le Plaisir.
«
    »Was und wo ist das?«, fragte der Kutscher.
    »Das werden Sie schon sehen. Und jetzt binden Sie Ihre verdammten Gäule an. Wir sind nicht zum Plaudern hier!« Maruhn wurde laut und eilte zur Müllkippe zurück. Der Fahrer folgte ihm und starrte kurz darauf erschrocken auf Jürgen. »Was ist mit dem?«
    »Betäubt und ausgeraubt! Helfen Sie mir, ihn zum Wagen zu bringen.«
    »Der riecht aber auch nicht besonders. Und mit einem fast nackten Mann fahre ich nicht durch Berlin!«
    Verärgert fuhr Maruhn ihn an. »Sie haben doch gewiss eine Decke, in die wir diesen armen Kerl einhüllen können. Setzen Sie sich endlich in Bewegung.«
    Der Kutscher schnaubte kurz, bückte sich und fasste Jürgen unter den Schultern, während Maruhn ihn an den Beinen packte. Gemeinsam schleppten sie den Bewusstlosen zur Droschke und wickelten ihn in eine Decke.
    »Die ersetzen Sie mir aber!«, erklärte der Kutscher, als er wieder auf dem Bock Platz nahm.
    »Von mir aus«, brummte Maruhn, der in Gedanken bereits im
Le Plaisir
war.

IV.
    M anfred Laabs fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Es war eine Sache, ein Mädchen vom Lande zu beschwatzen und gelegentlich auch mit gewissen Tropfen so willig zu machen, dass es alles mit sich geschehen ließ. Aber drei Damen von Stand zu betäuben und zu entführen, ging weit darüber hinaus. Außerdem hätte er spätestens an diesem Punkt des Geschehens Ottwald von Trettin gestehen müssen, dass eine vierte Frau mit nach Berlin gekommen war und ihre Begleiterinnen noch am selben Abend erwartete. Sein Mund blieb jedoch stumm, und er betete, dass alles Weitere so schnell wie möglich über die Bühne gehen würde.
    Auch aus diesem Grund redete er dem Gutsherrn zu, sich noch in derselben Nacht mit seiner Mutter und der Komtess auf den Weg nach Ostpreußen zu machen. War dieser erst unterwegs, konnte er alles tun, um die anderen Damen so rasch wie möglich loszuwerden. Malwine von Trettins infamen Plan, den beiden Gewalt antun zu lassen, würde er nicht unterstützen.
    Inzwischen bedauerte er es, sich mit Leuten vom Schlage eines Gerhard Klampt und Ottwald von Trettin eingelassen zu haben. Auch von der Sache mit Anno von Klingenfeld hätte er besser die Finger gelassen. Zu jenem Zeitpunkt hatte es ihm gefallen, sich vor Pielke und dessen Ganoven als jemand aufzuspielen, der Kontakte zu besseren Kreisen besaß. Nun musste er alles daransetzen, dass er keinen zu hohen Preis für diese Untaten bezahlen musste.
    Pielke hatte bereits gedroht, ihn auch für die Summen verantwortlich zu machen, die der Gutsherr dem

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