Juliregen
es aussah, hatte der Fotograf sich die Wartezeit mit etlichen Bieren und Schnäpsen verkürzt.
»Zuerst muss ich meine Sachen zusammenpacken. Sie können derweil meine Zeche begleichen.« Der Fotograf gab Laabs einen Schubs in Richtung Theke, stand auf und ordnete seine Ausrüstung. Es hatte sich gelohnt, hier in der Kneipe zu warten, denn mehrere Gäste hatten sich von ihm fotografieren lassen. Da er die Bilder unten im Bierkeller hatte entwickeln können, war ein hübscher kleiner Nebenverdienst zusammengekommen. Und nun würde er noch eine weitaus größere Summe einnehmen. Laabs hatte ihm fünfzig Mark versprochen, wenn er ein paar nackte Weiber aufnahm. Dabei erledigte er solche Aufträge gewöhnlich sogar umsonst. Wenn es ihm nämlich gelang, weitere Abzüge anzufertigen, konnte er diese unter der Hand verkaufen und damit weit mehr verdienen als mit seiner eigentlichen Tätigkeit.
Unterdessen hatte Laabs die Getränke des Fotografen bezahlt, was seine Laune weiter verschlechterte. Bei der Menge, die der Mann konsumiert hatte, musste dieser voll sein wie eine Haubitze. Daher erschien es ihm fraglich, ob der Kerl noch in der Lage war, brauchbare Fotografien zu machen.
V.
I m ersten Stock des
Le Plaisir
legten Klampt und Pielke Dorothea kurzerhand auf den Boden und sahen Ottwald von Trettin fragend an. »Wie geht es jetzt weiter?«
Der Gutsherr kaute auf seinen Lippen herum. Mittlerweile missfiel ihm der Gedanke, dass andere Männer seine zukünftige Frau nackt sehen würden, und er fragte sich, ob er die Aufnahmen von Nathalia überhaupt machen lassen sollte. Aber da er ein starkes Argument benötigte, mit dem er das eigenwillige Fräulein zum Gehorsam zwingen konnte, gab es wohl keinen anderen Weg.
Noch unentschlossen zeigte er auf Lore und Dorothea. »Zieht die beiden aus und legt sie dort in die Ecke. Sobald der Fotograf hier ist, werdet ihr das Zimmer verlassen und draußen auf dem Korridor warten.«
»Sie wollen uns den Anblick der Kleinen wohl nicht gönnen, was?«, spottete Pielke und winkte ab. »Was juckt es? Ich habe in meinem Leben genug Weiber gesehen, und irgendwie sehen sie immer gleich aus. Nur das Volumen variiert.«
Er lachte und klopfte Klampt auf die Schulter. »Dann wollen wir mal!«
Klampt nickte mit zusammengekniffenem Mund und kniete neben Lore nieder. Doch seine Finger zitterten so, dass er kaum einen Knopf aufbrachte.
Anders als er schälte Pielke Dorothea in kurzer Zeit aus ihrem Obergewand und den vielen Unterröcken. »Die hat aber ein hübsches Kleidchen an! So was kann sich meine Olle nicht leisten«, meinte er kopfschüttelnd, zerrte die Nackte dann in eine Ecke und half Klampt, Lore vollständig zu entkleiden.
Malwine musterte ihre angeheiratete Cousine mit einem Neid, der ihr schier den Atem nahm. Während die Jahre ihre Spuren an Dorothea zurückgelassen hatten, wirkte Lore so jung und straff wie eine Zwanzigjährige. Angesichts dieser Schönheit kam Malwine sich alt und verbraucht vor, und das schürte ihren Hass ins Unerträgliche.
»Dir werde ich alles heimzahlen, was du mir je angetan hast!«, drohte sie der Bewusstlosen und drehte sich dann zu Klampt und Pielke um. »Wenn wir mit der Komtess aufgebrochen sind, könnt ihr dieses Weibsstück haben. Am besten lasst ihr ein paar Fotografien machen, wenn es ihr einer besorgt!«
Klampt hatte Lores ebenmäßige Figur, die auch durch die Geburt zweier Kinder nicht gelitten hatte, mit hungrigen Augen betrachtet, doch bei Malwines Forderung verlor er jegliche Lust. Was dachte diese alte Hexe sich? Es ging doch nur darum, Nathalia dazu zu bewegen, Ottwald von Trettin zu heiraten, damit dieser über deren Vermögen verfügen und einen hübschen Teil davon an ihn abtreten konnte. Warum also sollte er sich der Rache der Gräfin und des Grafen Trettin ausliefern? Wenn dieser ihn nach der Vergewaltigung seiner Frau wie einen tollen Hund über den Haufen schoss, würde kein Gericht in Preußen dafür Rechenschaft fordern.
»Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt gehe. Schließlich werde ich hier nicht mehr gebraucht.« Mit diesen Worten wandte Klampt sich zur Tür.
Malwine wollte ihn aufhalten, doch ihr Sohn trat dazwischen. »Lass ihn! Oder willst du, dass er ganz die Nerven verliert?«
Dann wandte er sich an Klampt. »Gehen Sie nach Hause und ruhen Sie sich aus. Ich melde mich bei Ihnen, sobald das Aufgebot bestellt ist.«
Da Ottwald einige Magistratsbeamte kannte, die ihm für ein Bündel diskret gereichter Geldscheine
Weitere Kostenlose Bücher