Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
präsentabel. Zwar war sie immer noch bewusstlos, doch die Mundwinkel zuckten bereits, und sie wimmerte leise.
    Ottwald von Trettin ballte die Faust. »Wenn es noch länger dauert, werden wir sie ein zweites Mal betäuben müssen!«
    »Das sollten wir gleich tun!« Malwine wandte sich schon zur Tür, doch ihr Sohn schüttelte den Kopf.
    »Wir müssen warten, bis sie halbwegs zu sich gekommen ist, denn sonst besteht die Gefahr, dass wir mit einer Toten in Ostpreußen ankommen, und dann wird es im ganzen Reich keinen Richter geben, der uns das Schafott ersparen kann.«
    Der Fotograf hörte in seiner provisorischen Dunkelkammer mit, und ihm brach der Schweiß aus. Ein paar nackte Frauen abzulichten war eine Sache, doch was er nun belauschte, klang nach einer Entführung. Während seine Gedanken rasten, klang Ottwald von Trettins Stimme erneut auf. »Was ist jetzt? Warum dauert es so lange?«
    »Es dauert eben, bis ich fertig bin«, antwortete der Fotograf verzweifelt und arbeitete konzentriert weiter, um diesen unguten Patron so schnell wie möglich loszuwerden.
    Unterdessen holte Malwine Laabs und Pielke herein, die auf dem Flur gewartet hatten. Die Männer warfen einen enttäuschten Blick auf Nathalia, weil das hübsche Mädchen wieder vollständig bekleidet war.
    »Kümmert euch um die beiden!«, befahl Malwine und wies auf Lore und Dorothea.
    »Machen wir!« Trotz dieser Worte starrte Laabs Nathalia weiter an. Er hatte den Eindruck, als könnte sie bald erwachen. Wenn das im
Le Plaisir
geschah, würde sie mit Sicherheit um Hilfe rufen, und das durfte auf keinen Fall geschehen. Kam die Sache hier auf, würde man ihn einsperren und Hede gleich mit ihm. Ihren Sohn aber würde man in irgendein Waisenhaus geben, in dem er von Glück sagen konnte, wenn er die schlechte Behandlung überlebte. Es war das erste Mal seit langem, dass Laabs wieder an sein und Hedes Kind dachte, und ihm wurde der Hemdkragen eng. Er hätte klüger sein und sich von solchen Geschäften fernhalten müssen. Immerhin war er Familienvater. Nun hielt ihn nur noch die Hoffnung bei der Stange, Ottwald von Trettins Plan würde aufgehen und er eine größere Summe von ihm erhalten.
    »So, ich bin fertig! Aber die Bilder müssen noch trocknen«, rief der Fotograf.
    Ottwald von Trettin hatte auch in dieser Beziehung vorgesorgt. Er gab dem Mann drei Holzrahmen und befahl ihm, die Bilder in diese einzuspannen. Dann nahm er sie einzeln entgegen und legte sie in einen Koffer, in den sie exakt hineinpassten.
    »Sehen Sie! So macht man das. Ein wenig kenne ich mich mit der Fotografiererei doch aus. Das hier habe ich in dem Bericht über einen Weltreisenden gelesen, der seine Bilder auf diese Weise getrocknet hat. In den Rahmen berühren sie sich weder gegenseitig noch die Wände des Kastens, in dem sie stecken.«
    Zufrieden nickte Ottwald von Trettin dem Fotografen zu und streckte die Hand aus. »Geben Sie mir die Fotoplatte!«
    Der Mann reichte ihm die in einer Hülle steckende Platte mit enttäuschter Miene. Auch wenn ihm die ganze Angelegenheit nicht geheuer war, so hätte er gerne einen weiteren Abzug für sich selbst gefertigt. Als Ottwald von Trettin die Plane seines Zeltes aufschlug und genau kontrollierte, ob ihm auch alle Fotografien übergeben worden waren, war der Mann froh, nicht seinem ersten Antrieb gefolgt zu sein und einen vierten Abzug angefertigt zu haben.
    »Sie haben Glück, Mann!«, erklärte Ottwald und sah dann Laabs auffordernd an. »Kommen Sie! Wir bringen die Komtess nach unten. Pielkes Wagen wird uns zum Bahnhof fahren. Dort helfen Sie mir, meine zukünftige Gemahlin ins Abteil zu bringen. Es muss so aussehen, als hätte sie einen Schwächeanfall erlitten. Ach ja – für die Heimfahrt brauchen wir noch etwas von Ihrem Betäubungsmittel. Die junge Dame soll erst in ihrer neuen Heimat aufwachen.«
    Laabs fragte sich, wie der Gutsherr die Bewusstlose Hunderte von Kilometern mit der Bahn transportieren wollte, ohne dass es auffiel. Dann erinnerte er sich, dass Trettin ein ganzes Abteil erster Klasse für sich und seine Angehörigen gebucht hatte. Dort würde ihn niemand stören.
    Doch nun kam ihm noch ein anderer verstörender Gedanke, und er sah Ottwald kopfschüttelnd an. »Ich habe Ihnen doch schon gestern eine Flasche von dem Zeug abgefüllt. Wieso brauchen Sie noch mehr davon?«
    Der Freiherr schnaubte. »Was ich von Ihnen bekommen habe, ist bereits verbraucht. Wofür, das geht Sie gar nichts an!«
    Angesichts des hämischen

Weitere Kostenlose Bücher