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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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heute noch zurückkommen?«
    Lore hob bedauernd die Hände. »Er ist so überraschend losgefahren, dass er mir nur zugewinkt hat. Wahrscheinlich hat er etwas Wichtiges von deinem Verwalter erfahren und ist dem nachgegangen.«
    »Der gute Zeeb kennt sich in dieser Gegend aus. Doch gerade fällt mir ein, dass Graf Nehlen Fridolin ebenfalls Auskunft über Klingenberg hätte geben können. Daher hätte er ruhig bis morgen warten und uns bei unserem Ausflug Gesellschaft leisten können.«
    »Feld!«, wandte Lore ein.
    Nathalia hob verwirrt den Kopf. »Was meinst du?«
    »Das Gut heißt Klingenfeld, nicht Klingenberg«, erklärte Lore lächelnd.
    »Das ist ja auch verständlich. Berge gibt es hier nämlich nicht!« Nathalia lachte und zwinkerte Lore zu. »Ich werde zusehen, dass ich Graf Nehlen morgen ein wenig über dieses Klingenfeld aushorche. Was meinst du, wie Fridolin schauen wird, wenn wir es ihm dann beim Abendessen berichten.«
    »Wenn er dabei anwesend ist. Heute hat er uns ja auch allein gelassen.« Lore seufzte, denn sie hätte sich gewünscht, Fridolin würde doch ein wenig Zeit mit ihr verbringen. Andererseits konnte sie verstehen, dass er in der kurzen Zeit, die ihm zur Verfügung stand, so viel wie möglich über das Gut herausfinden wollte, und wünschte ihm viel Erfolg.

IV.
    T rotz seiner Ungeduld genoss Fridolin die Fahrt durch die sommerliche Landschaft. Die Pferde liefen gleichmäßig schnell, und der Kutscher verstand sein Handwerk. Zwei-, dreimal mussten sie hinter langsameren Gespannen herfahren, die Heu oder andere sperrige Güter geladen hatten, doch zumeist konnte der Knecht den Gäulen freien Lauf lassen, so dass sie gut vorankamen.
    Als sie die Abzweigung erreichten, bei der ein Schild auf Gut Nehlen hinwies, kehrte Fridolins Anspannung zurück, und er fragte sich, ob der Graf offen mit ihm reden oder sich hinter Ausflüchten verstecken würde.
    Nach einem weiteren Kilometer erreichten sie den Gutshof. Obwohl Fridolin kein erfahrener Landwirt war, fiel auch ihm auf, in welch vorzüglichem Zustand sich Nehlen befand. Das Gut stand in nichts dem von Zeeb mustergültig geführten Steenbrook nach. Vor allem aber unterschied es sich stark von Gut Trettin in Ostpreußen, das ihm bei seinem letzten Besuch recht schäbig erschienen war.
    Der Kutscher hielt vor dem Hauptportal und meldete dem Diener, der neugierig den Kopf zur Tür herausstreckte, dass Graf Trettin seinen Herrn zu sprechen wünsche.
    »Sehr wohl! Wenn der Herr Graf einen Augenblick im vorderen Salon Platz nehmen möchte, werde ich meinem Herrn seine Ankunft mitteilen.« Der Diener verbeugte sich und wartete, bis Fridolin vom Wagen gestiegen und ins Haus getreten war, dann schlurfte er davon.
    Es dauerte einen Augenblick, bis Fridolin sich an das spärliche Licht im Zimmer gewöhnt hatte und sich umsehen konnte. Dann aber nickte er anerkennend. Wände und Decke des Raums waren mit altersdunklem Eichenholz verkleidet, aus dem gleichen Material bestand auch die Bank, die sich um einen grünen Kachelofen zog. In der Mitte des Raumes standen ein fester Tisch mit gedrechselten Beinen und darum herum zwölf Stühle, die ebenfalls so aussahen, als könnten sie etwas aushalten. Eine Anrichte und ein kleiner Hängeschrank an der Wand vervollständigten die Einrichtung, die zwar ländlich, aber gediegen wirkte.
    Das Erscheinen des Hausherrn beendete Fridolins Betrachtungen, und er begrüßte seinen Gastgeber so artig, wie es dem alten Herrn zukam. »Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, so unverhofft zu Ihnen gekommen zu sein, Graf Nehlen, aber Sie wurden mir von Volkmar Zeeb, dem Verwalter auf Steenbrook, empfohlen.«
    Nehlen, der Fridolin um einen halben Kopf überragte und in dunkles Grün gekleidet war, nickte unwillkürlich. »Ein guter Landwirt, dieser Zeeb! Komtess Nathalia kann sich glücklich schätzen, ihn als Verwalter zu haben. Ihr Gut zählt zu den ertragreichsten in diesem Landstrich – nach dem meinen natürlich.«
    Nehlen scheint nicht wenig von sich eingenommen zu sein, dachte Fridolin und wies mit der Hand durch das Fenster auf die Wiesen und Felder. »Ich habe Ihren Besitz bereits bewundert. Er befindet sich in bestem Zustand.«
    »Das will ich meinen! Man muss aber auch etwas dafür tun! Nur Geld herauspressen, wie der Sohn meines alten Freundes Klingenfeld es in den beiden letzten Jahren getan hat, führt schnurstracks in den Untergang.«
    Fridolin atmete auf. Sein Gastgeber schien tatsächlich in der Lage und gewillt

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