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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Graf grinsend.
    »Was ist das?«, fragte Lore misstrauisch.
    »Schwarzer und roter Johannisbeersaft«, erklärte ihr Gastgeber. »Ich mische ihn gelegentlich mit etwas Korn.«
    Er lächelte, als wäre ihm eine gute Idee gekommen, füllte zwei etwas größere Gläser halb mit dem schwarzen Johannisbeersaft, gab einen kräftigen Schuss Schnaps dazu und schob eines davon Fridolin zu. »Auf unsere Gespräche! Und wie versprochen, können Sie jederzeit auf mich zählen.«
    »Danke!« Fridolin stieß mit seinem Gastgeber, aber auch mit Wolfi an, der sehr stolz war, bei den Erwachsenen sitzen zu dürfen. Während er trank, sah er Lores fragenden Blick auf sich ruhen. Ihm war klar, dass sie vor Neugier beinahe platzte. Allerdings fragte er sich, wie er ihr alles erklären sollte. Sie waren gekommen, um sich Klingenfeld anzusehen, doch so, wie es aussah, würde er diese Gegend nicht nur als frischgebackener Gutsherr, sondern auch als zukünftiger Fabrikant verlassen. Das aber würde in den nächsten Jahren Opfer von ihnen verlangen, von denen er nicht wusste, ob er sie Lore und den Kindern zumuten konnte.
    Graf Nehlen bemerkte Lores Interesse ebenfalls, doch als Mann alter Schule hielt er nichts davon, geschäftliche Dinge in der Gesellschaft von Frauen zu besprechen. Stattdessen fragte er Nathalia nach deren Stute aus, bekannte, dass es ihn immer noch ärgerte, bei jener Pferdeauktion einen Augenblick unachtsam gewesen zu sein, und erzählte schließlich, dass er seine drei Neffen erwartete.
    »Die Kerle sollen zeigen, was sie wert sind!«, erklärte er in einem entschiedenen Tonfall. »Es sind die Urenkel dreier Schwestern meines Vaters und damit meine nächsten Verwandten. Einem werde ich dieses Gut hier hinterlassen. Brauchen könnte es jeder von ihnen, denn keine der Familien ist reich. Ich habe meinen Verwandten bislang immer wieder einmal mit einem kleinen Zuschuss ausgeholfen, wenn Not am Mann war.«
    Normalerweise gehörte es sich nicht, solche Familieninterna preiszugeben, und somit ahnte Lore, dass Graf Nehlen die Macht über seine Sippe, die sein Reichtum ihm verlieh, genoss. Beinahe bedauerte sie die drei jungen Männer, die sich nun seiner gestrengen Prüfung stellen mussten, hoffte aber gleichzeitig, dass Leutnant von Bukow nicht derjenige sein würde, der die Siegespalme davontrug.
    Während Lore darüber nachsann, wandte Nathalia sich mit einem feinen Lächeln an Nehlen. »Einen Ihrer Neffen kenne ich aus Berlin. Herr von Bukow ist ein schneidiger Offizier, will ich meinen.«
    Der Kopf des alten Grafen ruckte herum, und er betrachtete Nathalia durchdringend. »Sie kennen meinen Großneffen Adolar?«
    »Wir haben uns bei einigen gesellschaftlichen Anlässen getroffen und gelegentlich miteinander getanzt. Ich glaube, ich kann mir schmeicheln, dass sein Interesse in erhöhtem Maße meiner Person gilt«, berichtete Nathalia freundlich.
    Lore hätte sie ohrfeigen können. Dieses verrückte Mädchen tat beinahe so, als habe Adolar von Bukow bereits versprochen, um ihre Hand anzuhalten. Ihr Gastgeber schien es ähnlich zu sehen, denn er unterzog Nathalia einem kurzen Verhör, wie sie denn dieses oder jenes sähe. Das kleine Biest, wie Lore für sich schimpfte, antwortete so geschickt, dass Graf Nehlen mehrmals beifällig nickte. Als Nathalia erwähnte, dass Bukow sie gebeten hatte, ihn hier auf dem Gut zu besuchen, war er Feuer und Flamme.
    »Ein exzellenter Gedanke! Ich hoffe, Sie befolgen ihn auch, Komtess. Frau Gräfin, Sie sind natürlich auch herzlich eingeladen.«
    Letzteres galt Lore, die ihren Unmut kaum mehr verbergen konnte. »Ich danke Ihnen, Graf Nehlen. Allerdings könnte Nathalia ohne mich ohnehin nicht kommen. Oder ist es in diesen Landstrichen üblich, dass ein unverheiratetes Mädchen ohne Anstandsdame zu Besuch erscheint?«
    »Bei guten Nachbarn ist dies möglich, und ich hätte auch nichts dagegen. Aber ich will Ihr Gemüt nicht belasten. Außerdem genieße ich fröhliche Gesellschaft und würde mich freuen, den jungen Herrn und die kleine Dame hier ebenfalls wieder begrüßen zu können.«
    Dies entwaffnete Lore, und sie dankte ihm mit einem Lächeln. »Nicht jeder Herr ist über Kinder erfreut, denn sie können manchmal recht laut sein und sogar bocken.«
    Der Gutsherr tat diesen Einwand brummend ab. »Wer sich daran stört, hat vergessen, dass er selbst einmal ein Kind war! Auf jeden Fall hoffe ich, Sie und Komtess Nathalia bald wieder hier begrüßen zu dürfen. Sobald Ihr Ehemann seine

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