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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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bleiben – wenn Sie mir Obdach gewähren, heißt das.« Ottwald fand es beschämend, dass er dieses späte Mädchen, das trotz seiner fortgeschrittenen Jahre noch auf eine annehmbare Ehe hoffte, um ein Quartier bitten musste. Doch eine andere Wahl blieb ihm nicht. Zu seiner Erleichterung bat sie ihn, ihr in den ersten Stock des Hauses zu folgen.
    »Mama wird sich gewiss freuen, Sie zu sehen, Herr von Trettin. Sie spielen doch Rommé? Es ist schrecklich langweilig hier, und so sind die Karten die einzige Unterhaltung, die uns noch bleibt. Obwohl es eigentlich gar nicht nötig wäre!« Armgards giftiger Blick streifte die nächsthöheren Stockwerke. Dort lebte die Hausherrin, die ihren Beutel nicht so weit öffnete, wie sie und ihre Mutter es sich wünschten.
    »Ich stehe Ihrer Frau Mama selbstverständlich für ein Spiel zur Verfügung«, und werde die alte Tucke sogar gewinnen lassen, damit sie in guter Stimmung bleibt, setzte Ottwald im Stillen hinzu. Dann betrat er Ermingardes Zimmer mit einer weitaus ehrerbietigeren Verbeugung als beim letzten Mal.
    »Ah, mein lieber Trettin, was führt Sie heute zu uns?«, begrüßte die alte Frau ihn leutselig.
    »Zum einen der Wunsch, Sie, Ihren Sohn und Ihre Tochter wiederzusehen, aber auch, wie ich gestehen muss, die blanke Not. Mein Onkel ist heute von seiner Reise zurückgekehrt. Prompt kam es meiner gerechten Forderungen wegen zu einem Streit, in dem er mich des Hauses verwiesen hat – des Hauses, das er sich von ergaunertem Geld gekauft hat!«
    Ottwald bemühte sich, das Geschehen so drastisch wie möglich darzustellen. Wenn er hier Unterschlupf finden wollte, musste die alte Frau ihn als Verbündeten im Kampf gegen ihre verhassten Feinde ansehen.
    Dies schien ihm gelungen, denn Ermingarde Klampt stieß ein Zischen aus und befahl anschließend ihrer Tochter, das zweite Bett in Gerhards Zimmer zu beziehen. »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, gemeinsam mit meinem Sohn in einem Zimmer zu nächtigen, Herr von Trettin«, sagte sie entschuldigend.
    »Ganz im Gegenteil«, beeilte sich Ottwald ihr zu versichern. »Ich bin stolz, von Herrn Klampt als Freund angesehen zu werden. Vielleicht vermag er mir sogar zu raten, was ich weiterhin unternehmen kann. Ich will nicht auf das Geld verzichten, das der Vorgänger meines Vaters als Herr auf Trettin dem Gut widerrechtlich entnommen und seiner Enkelin zugeschanzt hat.«
    Immer fett auftragen, fuhr es Ottwald durch den Kopf. Je schlechter er über Fridolin und Lore sprach, umso eher würde er die Sympathie dieser alten Schreckschraube erringen.
    »Erinnern Sie mich bitte nicht an dieses impertinente Weibsstück!«, rief Ermingarde aus. »Mit Lore Huppach begann unser Unglück. Hat diese intrigante Heuchlerin sich doch die Zuneigung meines lieben Schwagers, des Grafen Retzmann, erschlichen und ihn dazu gebracht, sein Testament zu ihren Gunsten zu ändern. Dann hat sie gemeinsam mit diesem unsäglichen Thomas Simmern mir und meinen Kindern jedes Recht, das wir als Mitglieder der Familie derer von Retzmann besaßen, entziehen lassen. Nur durch die Umtriebe dieser Frau sitzen wir heute in diesem elenden Haus und sind den Launen des Drachens ausgeliefert, dem es gehört und der uns jeden Augenblick fühlen lässt, wie sehr wir auf ihn angewiesen sind.« Ermingarde kamen die Tränen, und sie schneuzte sich in ein Seidentaschentuch.
    Ottwald von Trettin versagte sich ein zufriedenes Grinsen. Wie es aussah, war der Hass der Klampts auf Lore mit den Jahren noch gewachsen. Wenn er es geschickt anfing, konnte er Ermingarde und deren Brut sogar für seinen Rachefeldzug gegen Fridolin einsetzen. Zwar wusste er noch nicht, wie er seinem Onkel am Zeug flicken konnte, doch irgendwie würde es ihm gelingen. Um diesem Ziel näher zu kommen, schmeichelte er der alten Frau und verlor pflichtgemäß die Partie Rommé, zu der sie ihn aufforderte.
    Unterdessen holte Armgard Wein und einige Delikatessen aus der Küche, um für ihr leibliches Wohl zu sorgen.
    Dabei wurde sie von dem alten Dienstmädchen ihrer Verwandten misstrauisch beäugt. »Sie haben wohl Besuch?«
    »Es handelt sich um den Freiherrn von Trettin. Er wird einige Tage bei uns bleiben«, erklärte Armgard nicht ohne Stolz. Sollte die Alte dies ruhig ihrer Herrin vermelden. Dann erfuhr Friederike Fabarius wenigstens, dass ihre Mutter und sie weiterhin Kontakt zu höchsten Kreisen unterhielten.

XV.
    W ährend Ottwald von Trettin mit Ermingarde Klampt Karten spielte, stand Gerhard Klampt

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