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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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allen, die ihn besser kannten, geraten hätte, den Rückzug anzutreten.
    Aber Ottwald ignorierte die Warnung. »Es geht um den guten Namen derer von Trettin. Das sollte Ihnen einen Griff in Ihre Geldbörse wert sein, lieber Onkel. Immerhin sind Sie ein erfolgreicher Bankier und wollen doch nicht, dass es heißt, man könne Ihnen nicht mehr vertrauen.«
    Dieser Lümmel ist nicht nur dreist, sondern unverschämt, stellte Fridolin erbost fest, und er war weniger denn je bereit, etwas für die Verwandtschaft auf Trettin zu tun. »Wenn Sie gehofft haben, von mir Geld zu erhalten, lieber Neffe, sind Sie umsonst nach Berlin gekommen. Das Tischtuch zwischen Ihnen und Ihrer Mutter sowie mir und meiner Familie ist seit langem zerschnitten. Ich schlage vor, dass Sie dieses Haus verlassen und sich zu einem Ihrer gewiss zahlreichen Freunde begeben. Zudem frage ich mich, weshalb eine niedergebrannte Scheune Sie so in Schwierigkeiten bringt. Ich habe schließlich dafür gesorgt, dass Ihr Besitz gut versichert ist. Wenden Sie sich an die Berlinische Feuer-Versicherungs-Anstalt, wenn Sie Geld haben wollen. Bei mir sind Sie am falschen Ort.«
    Das war an Deutlichkeit nicht zu überbieten. Ottwald verzog das Gesicht jedoch zu einer höhnischen Grimasse. »Was würden Ihre Geschäftspartner und Kunden dazu sagen, wenn die Rechnungsbücher in Trettin beweisen, dass Sie zu Unrecht Geld abgezogen haben?«
    Fridolin widerstand nur mit Mühe der Versuchung, den Hausknecht zu rufen und den impertinenten Burschen auf die Straße setzen zu lassen. »Sie können es versuchen, lieber Neffe. Nur habe ich in weiser Voraussicht die Rechnungsbücher Ihres Gutes kopieren und notariell beglaubigen lassen. Es ist mir daher ein Leichtes, in die Zeitungen zu setzen, dass ich für die Schulden meines Neffen zweiten Grades, des Gutsherrn Ottwald von Trettin auf Trettin, nicht aufzukommen gedenke. Was die Rechnungsbücher betrifft, können wir diese Sache gerne vor Gericht ausfechten!«
    Da Ottwald wusste, dass die Bücher während Fridolins Vormundschaft exakt geführt worden waren, und eine gerichtliche Untersuchung ergeben würde, dass seine Mutter und sein Verwalter Geld unterschlagen hatten, konnte er sich einen Prozess nicht leisten. Doch nun fielen ihm die Aussprüche Ermingarde Klampts und deren Sohnes Gerhard über das Vermögen der Komtess Retzmann ein.
    »Vielleicht reden Sie anders, wenn bekannt wird, dass Ihr Vermögen aus dem Besitz jenes kleinen Mädchens stammt, dessen Besitz Sie und dieser Simmern aus Bremen verwaltet haben. Es gibt Beweise …«
    Weiter kam Ottwald nicht, denn jetzt stand Fridolin auf und wies ihm mit eisiger Miene die Tür.
    »Sie werden umgehend dieses Haus verlassen. Wenden Sie sich an Ihre Freunde oder die Ihrer Mutter, wenn Sie Hilfe brauchen. Von mir erhalten Sie keinen einzigen Groschen!«
    Ottwald starrte ihn an und begriff erst nach und nach, dass es seinem Onkel mit diesen Worten vollkommen ernst war. Mit einem gezischten Fluch stieß er sich vom Tisch ab und funkelte Fridolin feindselig an. »Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, das schwöre ich Ihnen!«
    »Hinaus! Sonst nehme ich die Reitpeitsche und mache Ihnen Beine. Ferber, lassen Sie den Koffer dieses Herrn auf die Straße stellen. Er wird dieses Haus nicht mehr betreten.«
    »Sie … Ich …« Ottwald von Trettin ballte die Fäuste und ging ein paar Schritte auf Fridolin zu. Doch bevor er handgreiflich werden konnte, waren Johann Ferber und zwei Bedienstete bei ihm.
    »Sie haben den Herrn Grafen gehört. Gehen Sie jetzt, sonst sehen wir uns gezwungen nachzuhelfen!« Da der Hausverwalter so aussah, als würde er sich genau das wünschen, zog Ottwald wutschnaubend ab.
    Ferber befahl einem Diener, dafür zu sorgen, dass der Koffer des Gastes gepackt wurde, und wandte sich anschließend an seinen Herrn. »Erlauben mir, Herr Graf, meiner Erleichterung Ausdruck zu geben.«
    »Wie meinen?«, fragte Fridolin, dessen Gedanken sich noch immer um die Drohungen seines Neffen drehten.
    »Freiherr von Trettin hat sich in den drei Tagen seines Hierseins als äußerst anstrengender Gast erwiesen. Er wollte den besten Wein und den wertvollsten Champagner aus Ihrem Keller kredenzt und die köstlichsten Leckerbissen aufgetischt bekommen. Außerdem hat er, wenn ich das erwähnen darf, dem Dienstmädchen Luise nachgestellt und es durch die Verabreichung von Champagner, Austern und Kaviar dazu gebracht, ihm unschickliche Dinge zu erlauben. Wenn Sie gestatten, werde

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