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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ich dieses Frauenzimmer umgehend entlassen und die Arbeitsvermittlerin auffordern, uns eine andere Kraft zu schicken.«
    »Ist das nicht eine etwas harte Strafe für ein Glas Champagner und ein Löffelchen Fischrogen? Von dem anderen wollen wir lieber gar nicht erst sprechen«, sagte Fridolin.
    Sein Hausverwalter erinnerte sich daran, wie knapp er und Nele, Lores jetzige Zofe, vor etlichen Jahren der Entlassung entgangen waren, und zuckte zusammen. »Es tut mir leid, Herr Graf. Ich wollte nicht …«
    »Es ist schon gut, Ferber! Halten Sie dem Mädchen eine Gardinenpredigt und lassen es arbeiten. Es wird diesen Fehler nicht wiederholen.«
    »Gewiss nicht, Herr Graf. Wenn Herr Graf erlauben, werde ich diesem Geschöpf mitteilen, wie knapp es einer schmachvollen Rückkehr zu seiner Arbeitsvermittlerin entgangen ist.«
    »Tun Sie das, Ferber.« Fridolin vergaß die leichtsinnige Dienerin in dem Augenblick, in dem sein Hausverwalter das Zimmer verlassen hatte. Stattdessen dachte er sorgenvoll an seinen Neffen, der gewiss alles daransetzen würde, Geld aus ihm herauszupressen. In der Hinsicht war Ottwald nicht besser als sein Vater, der Lores Eltern und deren Geschwister auf dem Gewissen hatte. Und da war auch noch Malwine, seine und Lores erbitterte Feindin. Wie es aussah, würde er in Zukunft noch mehr auf seine Familie achtgeben müssen.

XIV.
    O ttwald von Trettin war sicher gewesen, seinen Onkel um Geld erleichtern zu können. Stattdessen hatte Fridolin ihn von Domestiken schlichtweg vor die Tür setzen lassen. Eben wurde der Eingang noch einmal geöffnet, und sein Koffer flog auf das Trottoir. Noch während Ottwald dem Diener mit der Faust drohte, schloss dieser das Portal der Villa, und er stand mitsamt Gepäck auf der Straße.
    Mit wutverzerrter Miene betrachtete der Gutsherr auf Trettin seinen Koffer, der durch die rauhe Behandlung etliche Kratzer davongetragen hatte. Er hatte ihn erst gestern hier in Berlin gekauft und in die Villa liefern lassen. Da er die Rechnung auf seinen Onkel hatte ausstellen lassen, war der Koffer noch nicht einmal bezahlt. Dies hatte er auch bei einigen anderen Käufen so gehandhabt. Nun dachte er mit einem bösen Lächeln auf den Lippen daran, dass die Geschäftsleute wohl schon bald ihr Geld bei Fridolin einfordern würden. Dann erinnerte er sich an dessen Ausspruch, für keine seiner Schulden aufkommen zu wollen, und fluchte. Diesem Bastard war zuzutrauen, die Rechnungen nach Trettin schicken zu lassen.
    Zudem hatte er in Erwartung einer höheren Summe von seinem Onkel die eigenen Geldreserven nicht geschont. Als er sein Portemonnaie aus der Tasche zog und hineinsah, fand er darin nicht einmal genug Geld, um sich eine Bahnreise dritter Klasse nach Heiligenbeil leisten zu können. Dabei reiste ein Trettin niemals anders als erster Klasse.
    In Gedanken ging er die Liste derer durch, die ihm vielleicht mit kleinen Summen aushelfen würden. Die Zahl war erschreckend niedrig. Da er seit seiner Schulzeit auf Trettin gelebt und nur in Königsberg ein paar Semester Agrarwirtschaft studiert hatte, hatte er keine Verbindungen nach Berlin knüpfen können. Auch hatten die Bekannten seiner Eltern nach einem Skandal vor sechs Jahren, in den seine Mutter verwickelt gewesen war, ihre Verbindungen zu Trettin abgebrochen.
    Im Grunde konnte er nur bei Ermingarde Klampt und deren Kindern Zuflucht suchen. Auf diesen Plebs angewiesen zu sein schmerzte ihn beinahe noch mehr als die Abfuhr durch seinen Onkel. Da er aber schlecht zu Fuß bis nach Trettin gehen konnte, blieb ihm kaum etwas anderes übrig.
    Ottwald nahm seinen Koffer, schritt eilig die Straße entlang und opferte schließlich ein paar Groschen, um mit einer Droschke zu dem Haus zu fahren, in dem die Klampts wohnten. Bei dem Gedanken daran, dass diese von ihrer Verwandten Fabarius nur geduldet wurden, sagte er sich, dass er auf jeden Fall besser dran war als Ermingarde und Gerhard Klampt. Immerhin hatte er neben seinem stark verschuldeten Gut in Ostpreußen noch immer seinen altadeligen Namen.
    Diese Erkenntnis machte es ihm leichter, den Türklopfer zu betätigen. Trotzdem war er froh, dass nicht das uralte Hausmädchen der Besitzerin, sondern Armgard Klampt ihm öffnete.
    Diese sah ihn verwundert an, ließ ihn aber sogleich eintreten. »Guten Tag, Herr von Trettin. Das ist aber eine Überraschung! Ich glaubte, Sie wären bereits wieder nach Hause gefahren.«
    »Wie Sie sehen, bin ich noch in Berlin, und ich gedenke noch ein paar Tage zu

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