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Juliregen

Juliregen

Titel: Juliregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Gutsherr auf Klingenfeld hat unsere Bank um eine hohe Summe betrogen und ist seitdem nicht mehr aufzufinden.«
    »Und da willst du jeden Strohhalm nützen, das kann ich verstehen. Nun gut, ich werde mich nach dieser Adele Wollenweber umhören.«
    Besorgt hob Fridolin die Hand. »Bitte sei vorsichtig! Ich will nicht, dass du in Gefahr gerätst. Der Kerl, der seine Hand im Spiel hat, ist ein Gauner, und solch Gelichter ist nicht wählerisch, wenn es darum geht, lästige Mitwisser auszuschalten.«
    »Glaubst du, es ist so schlimm?«
    »Ich weiß es nicht. Aber ich möchte nichts riskieren. Ich danke dir schon jetzt. Wenn du Hilfe brauchst, weißt du, wo du sie finden wirst.«
    Über Hedes Gesicht huschte ein Lächeln. »Sollte es je so weit kommen, werde ich mich an deine Worte erinnern. Und noch einmal zu diesem Mädchen: Sollte ich etwas erfahren, schicke ich dir eine Nachricht. Doch jetzt lebe wohl! Es hat mich gefreut, dich wiederzusehen.«
    »Mich auch.« Fridolin reichte Hede die Hand und wünschte ihr Glück.
    »Ich kann es gebrauchen, wie jeder Mensch. Wenn ich meinen Sohn nicht hätte …« Hede brach ab, doch ihr verzweifelter Blick sagte Fridolin genug. Er bedauerte, dass er nicht mehr für sie tun konnte, als ihr Hilfe für den Notfall zu versprechen, und verließ ihr Büro. Draußen stieß er mit einem Mädchen zusammen, das ganz offensichtlich gelauscht hatte.
    Hede fuhr wie von der Tarantel gestochen auf und hob die Hand, als wolle sie das Mädchen ohrfeigen. Sie besann sich jedoch eines Besseren und winkte es zu sich. »Komm herein, Hilma! Ihnen, Herr Graf, wünsche ich eine gute Heimfahrt.«
    »Danke!« Fridolin neigte kurz den Kopf und verließ das
Le Plaisir
mit dem Gefühl, dass sich in Hedes Bordell tatsächlich vieles geändert haben musste, denn früher hatte Hede sich nicht gescheut, ihn auch vor ihren Mädchen beim Vornamen zu nennen.

X.
    H ede schloss die Tür hinter Fridolin und musterte Hilma mit finsterem Blick. »Du hast gelauscht! Warum?«
    »Ich …, ich …«, begann die Hure, besann sich dann aber und sah ihre Herrin trotzig an. »Ich habe nicht gelauscht!«
    »Ach nein?« Hede kam um den Schreibtisch herum und packte die Schulter des Mädchens mit hartem Griff. »Rede! Sonst kannst du was erleben.«
    »Es gibt nichts zu sagen. Ich bin zufällig an Ihrem Zimmer vorbeigekommen.«
    Hedes Augenbrauen hoben sich. »Mit Frechheit kannst du bei mir nichts erreichen. Wenn du es nicht anders haben willst, wirst du ab sofort den untersten Rang unter meinen Mädchen einnehmen und den Herren zur Verfügung stehen, die etwas ausgefallenere Wünsche äußern! Hast du mich verstanden?«
    »Das wird der Prinzipal nicht zulassen. Er mag mich nämlich!«
    Obwohl Hede das Mädchen am liebsten geohrfeigt hätte, beherrschte sie sich und nahm ihr Rechnungsbuch zur Hand. »Also gut, dann ziehen wir andere Saiten auf. Mein Mann kann dich und die anderen Huren stoßen, wenn ihm danach ist. Doch das
Le Plaisir
ist immer noch mein Bordell, und ich bestimme, was hier zu geschehen hat. Da du das nicht einsehen willst, musst du die Folgen tragen. Du stehst bei mir noch mit einhundertdreiundsechzig Mark in der Kreide. Die wirst du auf der Stelle bezahlen, deine Sachen packen und dieses Haus heute noch verlassen.«
    »Aber das können Sie nicht machen!«, rief Hilma erschrocken.
    »Wer sollte mich daran hindern? Mein Mann vielleicht? Der wird sich hüten, weil er weiß, dass ich sonst den Geldbeutel fester zuhalte. Und jetzt verschwinde und hol das Geld, das du mir schuldest! Hast du es nicht, behalte ich deine Kleider und das, was du sonst noch besitzt, und du kannst so, wie du jetzt bist, in die Nacht hinausgehen!«
    Obwohl Hede zur Tür wies, blieb das Mädchen im Raum stehen. Auch wenn sie als Hure für die ehrbaren Bürger zum Abschaum zählte, wusste Hilma nur zu gut, dass es in diesem Gewerbe große Unterschiede gab. In Hedes Haus musste sie selten mehr als zwei oder drei Freiern pro Nacht zu Willen sein. In den Arbeiter- und Soldatenbordellen hingegen standen vor den Verschlägen, in denen die Huren arbeiten mussten, dreißig bis vierzig Männer an. Das hielt keine Frau lange ohne gesundheitliche Schäden aus, von den Geschlechtskrankheiten, die sie sich dabei zuziehen konnte, ganz zu schweigen. Noch schlimmer war es, auf der Straße nach Freiern Ausschau halten zu müssen und diese in irgendwelchen Ecken zu bedienen, ohne dass es auch nur einen Mindeststandard an Hygiene gab. Dieser Gedanke gab den

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