Juliregen
das, was sie erfahren hatte, schreiben müssen.
»Danke«, sagte sie zu Hilma und drückte ihr ein Zwanzigmarkstück in die Hand. »Du kannst jetzt wieder in den Salon gehen und sehen, ob Kundschaft für dich kommt. Das, was ich dir vorhin angedroht habe – was die besonderen Wünsche betrifft – kannst du vergessen. Es bleibt alles so, wie es ist!«
»Vielen Dank. Ich mag solche Dinge gar nicht. Ein Mann sollte sich mit dem begnügen, was die Natur für ihn vorgesehen hat.« Hilma atmete auf, fasste dann spontan nach Hedes rechter Hand und drückte sie sich kurz an die Lippen. »Jetzt ist mir leichter, denn als Spionin eigne ich mich nicht besonders!« Damit verschwand sie und ließ ihre Herrin nachdenklich zurück.
XI.
W ährend Hede Hilma zur Räson brachte, saß Manfred Laabs in einem Hinterzimmer des Roten Ochsen vor einem Krug Bier und musterte die drei Männer um ihn herum mit einem zufriedenen Grinsen. Neben Gerhard Klampt saßen sein neuer Bekannter, der eingebildete Freiherr, und sein alter Freund Rudi Pielke, der mit seinen gestreiften Hosen und der karierten Weste in der besseren Gesellschaft sofort aufgefallen wäre.
Ottwald von Trettin war die Gegenwart des gestreift-karierten Mannes, der unverkennbar aus der Unterschicht stammte, so zuwider, dass er ihm die Schulter zukehrte.
Gerade bedachte Pielke Laabs mit einem missbilligenden Blick. »Du weißt doch, dass du keine Fremden ohne Voranmeldung zu mir bringen sollst!«
Hedes Ehemann, der sich sonst stets so gab, als wäre das Leben für ihn nur ein lustiges Spiel, zog den Kopf ein. »Es tut mir leid, Rudi …«
»Keine Namen, du Narr!«, unterbrach ihn Pielke.
»Tut mir leid, ich … Es ist so, dass die beiden Herren hier eine helfende Hand suchen.«
»Wenn sie Geld brauchen, sollen sie zum Juden oder zum Pfandleiher gehen!«
Nun fand Ottwald von Trettin es an der Zeit einzugreifen. »Was ist, wenn man nichts mehr besitzt, das man verpfänden kann?«
Pielke sah ihn an und lachte höhnisch. »So wie du aussiehst, bist du einer von den Fatzkes, die vor Geld nur so stinken!«
»Ich bin …«, begann Trettin, erinnerte sich dann aber an Rudis Warnung, keine Namen zu nennen, und setzte den Satz anders fort als geplant, »… ein Mann, der zwar einen guten Anzug besitzt, aber von diesem nichts abbeißen kann. Es soll heißen: Ich bin vollkommen pleite.«
»Und ich nicht der Wohltätigkeitsverein! Wenn Geld fließt, dann gefälligst in meine Richtung.« Trotz seiner abweisenden Worte war Rudi Pielke neugierig geworden. Er kannte Laabs gut genug, um zu wissen, dass dieser die beiden Männer nicht hierhergebracht hatte, um gemeinsam mit ihnen einen Krug Bier zu trinken.
»Also, was willst du?«, ranzte er Ottwald von Trettin an, als wäre dieser sein Untergebener.
Der Freiherr legte die Fingerspitzen gegeneinander und lächelte freundlich, auch wenn es ihm schwerfiel. »Geld, und zwar viel Geld! Es steckt derzeit in den Taschen eines anderen, doch Ihr Freund Laabs meint, dies wäre kein Problem.«
»Was plauderst du Idiot meine Geschäftsgeheimnisse aus!«, schnauzte Pielke den Zuhälter an, beugte sich dann aber vor und machte die Geste des Geldzählens. »Wie viel würde für mich herausspringen?«
»Genug, um nach Amerika auswandern und dort ein Leben als respektabler Geschäftsmann führen zu können!«
Pielke winkte ab. »Amerika? Pah! Da wird mir zu viel geschossen. Wenn, will ich das Geld hier und jetzt haben.«
»Hier ist möglich, jetzt nicht. Ich sagte ja, es gehört noch einem anderen«, antwortete Ottwald von Trettin mit ruhiger Stimme.
»Soll ich vielleicht bei ihm einsteigen und seinen Geldschrank aufbrechen? Das ist nicht mein Geschäft. Da musst du dir schon einen anderen Dämlack suchen.«
Nun mischte sich Laabs ein. »Rudi, du darfst die Sache nicht so negativ sehen. Die beiden Herren haben echt Sorgen. Böse Verwandte enthalten ihnen Geld vor, das ihnen zusteht. Es wäre ein Akt der Gerechtigkeit, ihnen dazu zu verhelfen, zumal es sich für uns beide lohnen würde.«
»Akt der Gerechtigkeit! Der Witz ist gut. Den muss ich mir merken!« Pielke lachte erneut, bekam aber gierig glitzernde Augen. »Also, wer ist der Mensch, dem ich auf diese Weise Nächstenliebe beibringen soll?«
»Eigentlich sind es zwei. Der eine ist ein echter Graf und Bankier, und bei der anderen Person handelt es sich um eine Komtess, die so reich ist, dass ihre Leute die Geldscheine auf dem Speicher mit Gabeln umschaufeln müssen, damit das
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