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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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inzwischen lockerer mit dem Arbeiten. Sim erledigte, was anfiel oder wobei Jo sie gerade brauchte. Mit Junipers Welpen spielen, gehörte auch dazu. Die Kleinen mussten an den Umgang mit Menschen gewöhnt werden, sonst würde Jo sie nur schlecht weitervermitteln können. Auf ihren großen Teddypfoten tapsten sie durch die Wiese, gaben putzige Töne von sich und zwickten sich gegenseitig in Schwanz und Ohren. Sim musste lachen, wenn sie die Truppe beobachtete, und am liebsten hätte sie ihren kleinen grauen Wolf mit nach Haus genommen.
    Hin und wieder dachte sie an Roos, die jetzt bei Henry He Dog saß. Ob der alte Mann etwas für sie tun konnte? Sim wünschte es ihr.
    Erst am Abend kamen die Niederländer zurück und Sim bemerkte das Strahlen in Evas Augen. Während des gemeinsamen Abendessens erfuhr sie, dass Henry He Dog sich zu einer Yuwipi-Zeremonie für Roos bereit erklärt hatte. Später saß Sim mit dem Mädchen draußen auf den Stufen vor dem Trailer und Roos sprach flüsternd von ihrer Hoffnung und ihrer Angst.
    »Was passiert denn bei einer Yuwipi-Zeremonie?«, fragte Sim. »Hat Henry dich darauf vorbereitet?«
    Roos seufzte. »Wenn ich dir das erzähle, dann wirst du mich für völlig abgedreht halten.«
    »Warum sollte ich?«
    »Weil es sich wie Hokuspokus, wie Voodoo anhört.«
    Sim platzte bald vor Neugier. »Schieß los«, sagte sie. »Ich bin schon eine Weile hier im Reservat und mich haut nichts mehr so schnell um.«
    »Der alte Mann hat uns erklärt, dass es früher Steinträumer gab, die mithilfe fliegender Steine Kranke heilen und vermisste Dinge auffinden konnten. Daraus wurde die Yuwipi-Zeremonie, die inzwischen immer dann abgehalten wird, wenn man den Rat und die Hilfe der Geister braucht.« Sie musterte Sim, die ihr aufmerksam lauschte.
    »Und was musst du dabei tun?«
    »Ich? Nichts. Der alte Mann wird von Lukas in einen Starquilt gewickelt und mit Stricken verschnürt wie ein Paket. Während der Zeremonie muss er sich daraus befreien.«
    Sim wollte es nicht, aber sie konnte das Grinsen nicht verhindern, das sich auf ihr Gesicht schlich.
    »Ich sag doch. Es hört sich an wie Hokuspokus.«
    »Ein bisschen«, gab sie zu.
    »Ich mache mich lächerlich, oder?«
    Sim schüttelte den Kopf. »Nein, überhaupt nicht. Weißt du, was: Ich kenne Lukas und vertraue ihm. Und Lukas kennt Henry und vertraut ihm. Und meine Tante vertraut allen beiden. Also kannst du das auch.«
    Roos nickte. »Danke, Sim. Das werde ich. Und ich würde mich freuen, wenn du morgen Nacht dabei bist. Es würde mir viel bedeuten.«
    »Wenn das möglich ist, bin ich dabei. Versprochen.«
    Den ganzen Freitag waren die Niederländer eifrig damit beschäftig, Vorbereitungen für die Zeremonie zu treffen. Sie erwarben in Jos Laden einen Starquilt, kauften Lebensmittel und Getränke im Sioux-Nation- Supermarkt und bereiteten in der Küche verschiedene Speisen zu, die Jo ihnen vorgeschlagen hatte. Sim und Roos sammelten Salbei und banden kleine Tabakbeutelchen, die im Abstand von drei bis vier Zentimetern an einen Strick geknüpft wurden.
    Am Nachmittag kam Lukas, um mit den Kindern und den Pferden zu arbeiten. Als Sim ihn nach Jimi fragte, zuckte er nur mit den Achseln.
    Die Van der Vaarts hatten Sim, Jo und Michael zur Yuwipi-Zeremonie eingeladen. Nachdem am Abend der Laden geschlossen und die Tiere versorgt waren, fuhren sie mit zwei Autos nach Manderson zu Henry He Dogs Haus. Lukas und der alte Mann mühten sich gerade damit ab, ein eisernes Bettgestell aus dem Trailer zu wuchten. »Mehr links!«, rief He Dog seinem blinden Helfer zu. »Und jetzt kommt eine Stufe.«
    Michael sprang ihnen zu Hilfe und schien im ersten Augenblick nicht zu wissen, wessen Stelle er einnehmen sollte: die des alten Mannes, der unter dem Gewicht des Bettgestells ächzte, oder die des blinden Lukas. Schließlich brachte er beide dazu, das Teil erst einmal abzusetzen.
    »Was machen sie denn da?«, fragte Sim ihre Tante verwundert.
    »Sie bereiten den Raum für die Zeremonie vor. Sämtliches Mobiliar und aller Kram, der nichts mit der Lakota-Kultur zu tun hat, muss raus, weil die Geister der Ahnen das Zeugs des weißen Mannes nicht leiden können.« Jo schüttelte den Kopf. »Offensichtlich will He Dog die Zeremonie in seinem Schlafzimmer abhalten.«
    Eva und Willem wechselten betretene Blicke. Roos schaute gebannt auf das, was in der zunehmenden Dämmerung vor sich ging. Eva stieß ihren Mann an. »Ich glaube, deine Hilfe wird gebraucht.«
    Willem und Michael

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