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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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nicht unbedingt Jimis Stärke. Bei Jimi Little Wolf lief alles nach Indian Time und da machte er selten eine Ausnahme.
    Das leise Schnauben von Ghost Face ließ Lukas aufhorchen. Endlich. Sein Gehör täuschte ihn nie. Kurz darauf klopften Hufe auf den trockenen Grasboden. Ein Schatten fiel auf ihn und Jimi sagte: »Ich sehe was, was du nicht siehst. Es ist braun und ringelt sich und hat…«
    Lukas sprang auf und rief: »Wo?«
    »Rechts von dir«, sagte Jimi, begann zu lachen und ließ sich neben ihm im Gras nieder.
    »Blödmann.« Lukas setzte sich ebenfalls. Er hätte es besser wissen müssen, doch er fiel immer wieder auf Jimis kleine Späße herein.
    »Sorry, Amigo, aber es hat ein bisschen länger gedauert, als ich dachte«, sagte Jimi und drückte Lukas eine kalte Getränkedose in die Hand. »Hier, für dich.«
    Jimi hatte hier und da ein paar Brocken Spanisch aufgeschnappt und benutzte sie gerne. Seine Mutter hatte ihm erzählt, dass sein Vater (den er nie kennengelernt hatte) ein mexikanischer Indianer vom Volk der Zapoteken war und er deshalb die scharfen Wangenknochen, die schrägen Augen und tiefdunkle Haut hatte.
    Lukas hielt die Dose an seine heiße Stirn. »Noch ein bisschen länger und du hättest mich als echte Indianermumie im Red Cloud Museum abgeben können«, beschwerte er sich.
    Jimi lachte leise. »Tut mir leid, aber die Frau, bei der ich den Quilt für Jo abholen sollte, war nicht zu Hause. Ich musste auch warten.«
    Mit einem lauten Knall öffnete Lukas die Dose und trank. Es war Soda Pop. Das süße Zeug rann kühl in seine trockene Kehle, aber später würde ihm davon die Zunge am Gaumen kleben. Am liebsten trank er Wasser, doch die meisten Leute im Res hatten nur diese furchtbar süßen Soda Pops in ihren Kühlschränken, von denen die Kinder schlechte Zähne bekamen.
    Jimis Feuerzeug klickte und gleich darauf zog der typisch aromatische Duft von Tabak und Wildnis in Lukas’ Nase. Jimi drehte seine Zigaretten selbst und mischte dem Tabak immer etwas rote Weidenrinde und manchmal auch Kräuter wie Salbei oder Süßgras bei. Gelegentlich rochen Jimis Zigaretten allerdings nach ganz anderem Gras. Er vertrat die Meinung, Marihuana sei ein Kraut, das ihnen von Wakan Tanka geschenkt worden war, um in Visionen zu lebenswichtigen spirituellen Einsichten zu kommen.
    Lukas hielt Kiffen für eine von vielen Möglichkeiten, sich das Hirn aufzuweichen. Aber da sich Jimis Marihuanakonsum in Grenzen hielt, hatte er seinem Freund nie Vorhaltungen gemacht. Die lebenswichtigen Einsichten vermisste er allerdings nach wie vor.
    »Wollen wir los?« Lukas stand auf und pfiff nach Ghost Face.
    Jimi seufzte. »Warum hast du es so eilig, Amigo? Das Gras läuft uns schließlich nicht davon.«
    »Nun mach schon«, drängte Lukas. »Ghost hat Durst. Wir warten hier seit einer Ewigkeit auf dich.«
    Nach ihrem anstrengenden Garteneinsatz am Vormittag wurde es nach dem Mittagessen für Sim leichter: abwaschen, die Dielen fegen, Wäsche aufhängen, abnehmen und zusammenlegen. Ihr letzter Auftrag für diesen Tag war, die Pferdetränke zu säubern und frisches Wasser nachzufüllen.
    Sim hatte den schlammigen Wasserrest mit den aufgeweichten Grashalmen ausgekippt und schrubbte den badewannenartigen Plastiktrog mit einer Wurzelbürste. Kein noch so winziges Wölkchen stand am Himmel und die Nachmittagssonne brannte unbarmherzig auf sie herab. Ihre Tante hatte ihr eine hellblaue Baseballkappe geschenkt, auf die ein Medizinrad in den vier Farben der Lakota aufgestickt war: Schwarz, Rot, Gelb und Weiß. Aber so ein dämliches Ding würde sie natürlich nicht aufsetzen – niemals.
    Sie spritzte den Trog mit Wasser aus dem Schlauch sauber und ließ neues einlaufen. Schweiß rann zwischen ihren Brüsten herab und das funkelnde kalte Wasser war eine echte Versuchung. Am liebsten hätte sie sich die verschwitzten Klamotten vom Leib gerissen und wäre in den Trog gesprungen.
    Beinahe hätte sie es wirklich getan, doch da erblickte sie zwei Reiter, die aus einer Talsenke hinter dem Hügel auftauchten, und sie ließ den Gedanken an ein kühles Bad augenblicklich fallen. Anscheinend war es hier doch nicht so einsam wie vermutet.
    Die beiden Reiter kamen geradewegs auf Sim zu und schließlich erkannte sie die dunklen Gesichter von Jimi und Lukas unter ihren Baseballkappen und schwarzen Brillen. Sie stieß einen leisen Fluch aus. Mussten die beiden ausgerechnet jetzt hier auftauchen? Wie sah sie aus? Nass, dreckig und zerzaust. Sie

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