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Julischatten

Julischatten

Titel: Julischatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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hatte sich eigentlich vorgenommen, Jimi und Lukas auch weiterhin cool zu begegnen. Aber wie cool konnte man in ihrem Zustand wohl wirken?
    Am liebsten hätte sie sich in Luft aufgelöst.
    Die Pferde verfielen in einen kurzen Galopp und kamen rasch näher. Für einen Moment durchzuckte Sim die Vision ihrer Kindheit: der Held auf dem rabenschwarzen Pferd, der nur darauf wartete, sie in sein Tipi entführen zu können.
    Vorsichtshalber stieg sie durch den Zaun auf die andere, die sichere Seite (nicht wegen des Helden, sondern wegen der Pferde), auch auf die Gefahr hin, sich lächerlich zu machen. Viel zu retten war an diesem grässlichen Tag ohnehin nicht mehr.
    Inzwischen waren die beiden fast bei ihr angelangt und Sim konnte den Blick nicht von Lukas’ Pferd wenden. Die Grundfarbe des Schecken war dunkelbraun, die weißen Flecken verteilten sich in einem schönen Muster auf dem ganzen Körper. Mähne und Schweif waren elfenbeinfarben und er hatte ein weißes T über den Augen. Ein außergewöhnliches Pferd.
    Beim Wasserbottich angekommen, stiegen die Jungen ab und ließen ihre Pferde trinken. Jimi – in blütenweißem T-Shirt – begrüßte Sim mit einem lässigen »Hi«, das sie ihrerseits mit einem »Hi« erwiderte.
    Beide waren ohne Sattel geritten und Jimi trug einen Rucksack. Sims Blick wanderte wie hypnotisiert zurück zu den Augen des Schecken. Sie waren blaugrau, mit einer dunklen Pupille, die wie eine Supernova aussah. Das Pferd betrachtete sie ebenfalls und Sim hatte das Gefühl, als würde ihr Innerstes gescannt. Schnell wandte sie den Blick ab. Das wäre ja noch schöner, wenn sie sich von einem Pferd in die Seele schauen ließe.
    Lukas fragte höflich, wie es ihr ging. Das übliche »How are you?«.
    I am beschissen, dachte sie. Mir tut alles weh, von den Füßen bis zu den Händen. Ich bin völlig fertig und verschwitzt und durstig. Ich hasse diese Ödnis, ich hasse mich. I hate the world today.
    Sie bräuchte dringend eine Dusche und einen Tequila (oder wenigstens ein Bier).
    »Prima«, antworte Sim. Lukas wandte das Gesicht in ihre Richtung, als hätte er etwas anderes erwartet. Er trug ein ausgewaschenes rotes Achselshirt mit einer stilisierten Schildkröte darauf. Als er die Arme hob, um die Zügel über dem Hals seines Schecken zusammenzuknoten, sah sie die blasse Haut unter seinen Achseln.
    »Ist deine Tante im Laden?«, fragte Jimi.
    »Jap.«
    Das war es dann auch schon an Konversation. Die beiden stiegen durch den Zaun und machten sich zusammen auf den Weg in Richtung Haus. Lukas hatte seine rechte Hand auf Jimis Schulter gelegt und folgte ihm. Jetzt, wo Sim wusste, dass Lukas Brave blind war, betrachtete sie jede seiner Bewegungen mit anderen Augen. Er machte nicht den Eindruck, als ob seine Behinderung ihn in irgendeiner Weise beeinträchtigte, und das imponierte ihr.
    Das Plätschern von Wasser riss sie aus ihren Gedanken. Die Pferdetränke war vollgelaufen und Sim flitzte zum Wasserhahn hinunter, um ihn abzudrehen. Als sie den Schlauch zusammenrollte, sah sie ihre Tante mit den beiden im Schuppen verschwinden. Kurz darauf kam Jimi mit einer Sense heraus und Lukas mit einem Holzrechen. Sie waren zum Heumachen gekommen, wie hatte sie das nur vergessen können?
    Jo zeigte den beiden, wo das hohe Präriegras geschnitten werden sollte. Augenblicklich vergaß Sim ihre schmerzenden Muskeln, die brütende Hitze und den Groll auf ihr Schicksal. Es war fast vier. Ihr erster Arbeitstag war zu Ende. Die Belohnung hatte sich ganz unerwartet eingestellt: Jetzt durfte sie Jimi Little Wolf und Lukas Brave beim Arbeiten zusehen.
    Die Neugier, wie Lukas sich mit dem Rechen anstellen würde, trieb sie hinter dem Trailer hervor – und schon hatte ihre Tante sie entdeckt. Sie winkte Sim zu sich. Leise fluchend trottete sie zum Schuppen. Womöglich war Tante Jo noch etwas eingefallen, das unbedingt erledigt werden musste.
    Doch sie legte lächelnd eine Hand auf Sims Schulter. »Danke, Simona. Du hast mir sehr geholfen heute.«
    Erleichtert atmete sie aus.
    »Eine Bitte hätte ich doch noch.«
    Verdammt, dachte sie, ich hab’s gewusst.
    »Kannst du den Jungs etwas zu trinken bringen? Ich muss zurück in den Laden.« Sie deutete auf einen Wagen, Kundschaft, die gerade die Zufahrt heraufkam.
    Sim schoss das Blut in die Wangen und sie hoffte, es würde ihrer Tante nicht auffallen. »Ja, mach ich«, sagte sie gelangweilt.
    Jo warf noch einen kurzen Blick hinüber zu Jimi und Lukas. »Lass dir Zeit«, sagte sie und

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