Julischatten
findet als mich? Das weiß ich nämlich schon.«
Eine Antwort auf seine Frage bekam er nicht. »Warum bemühst du dich um sie? Ich versteh’s nicht.«
Die Geräusche rinnenden Wassers um sie herum waren leiser geworden, der Regen hatte sich in ein gleichmäßiges, sanftes Rieseln verwandelt, das die Blätter der Pappel flüstern ließ. Lukas trank den letzten Schluck aus seiner Coladose und drückte sie zusammen.
»Ich habe mich nicht um sie bemüht, Champ. Ich habe sie nach Hause gebracht, weil du dazu nicht mehr in der Lage warst.«
Verdammt, das war ihm so herausgerutscht, weil er sich über Jimi ärgerte. Er hätte einfach sagen sollen: Weil du kein Benzin im Tank hattest. Lukas hörte Jimi hart schlucken. »Ich bin gerne mit ihr zusammen und ich muss wissen, ob du ein Problem damit hast«, fügte er rasch hinzu.
»Warum sollte ich?«
Das kam zu schnell und zu aggressiv. Lukas spürte den Anflug von Eifersucht in Jimis Stimme. Nie hätte er gedacht, dass der Champion mal eifersüchtig auf ihn sein würde. Aber da war noch ein anderes Gefühl, etwas Dunkleres und Härteres, das ihre Freundschaft bisher nicht kannte.
»Was ist eigentlich mit dir?«, fragte er vorsichtig.
»Was soll mit mir sein?«
Wenn Jimi gewusst hätte, was seine Stimme alles verriet, hätte er lieber geschwiegen.
»Sim ist nicht wie die anderen Mädchen, die du vögelst, Champ. Sie ist…« Ihm fehlten die Worte.
». . . eine Iyasica«, ergänzte Jimi. »Es macht keinen Sinn, sich in sie zu verlieben, weil sie bald wieder weg sein wird.«
Iyasica war das Lakota-Wort für Deutsche. Es stammte noch aus der Zeit der Besiedelung Amerikas, als die Lakota feststellten, dass die Deutschen schlecht Englisch sprachen. Deshalb gaben sie ihnen den Namen Iyasica – die schlecht Sprechenden.
»Lass ausnahmsweise mal die Finger von ihr, okay?«, bat Lukas ihn. »Ich habe nämlich das Gefühl, dass sie nicht zum Vergnügen hier ist.«
»Hey, Amigo, du hast dir ja richtig Gedanken um unser buntes Vögelchen gemacht.«
Lukas hasste den spöttischen Unterton in Jimis Stimme und ahnte, dass sein Ehrgeiz nun erst recht angestachelt war.
Jimi stand auf. »Ich gehe schlafen.«
»Gute Nacht«, murmelte Lukas. »Ich bleibe noch ein bisschen draußen sitzen.«
Jimi würde seine Bitte in den Wind schlagen. Der Champ konnte nicht anders. Er würde alles dransetzen, um bei Sim zum Zug zu kommen.
13. Kapitel
Am Horse Hill begann der nächste Morgen mit heller Aufregung. Ebony hatte in der Nacht ihr Fohlen bekommen, aber Jo hatte bei ihrem morgendlichen Rundgang bemerkt, dass sie das Kleine nicht trinken ließ.
»Ich will die beiden von den übrigen Pferden trennen«, entschied sie, »und ihr müsst mir dabei helfen.«
Schlaftrunken schlüpfte Sim in ihre Sachen. Sie folgte Michael und ihrer Tante zu den Pferden, die sich bei der Tränke aufhielten und aufgeregt mit den Schwänzen schlugen. Ebony, die schwarze Schöne, stand grasend im Abseits und wirkte seltsam unbeteiligt. Ihr falbes Fohlen, ein dürres Ding auf staksigen Beinen mit knubbeligen Gelenken, saugte stattdessen an Angels Euter, die – laut Tante Jo – im vergangenen Jahr ihr Fohlen verloren hatte. Angel beleckte das Kleine mit einer Hingabe, als wäre es ihr eigenes. Die übrigen Pferde standen schützend um die beiden herum.
Jo schlüpfte durch den Zaun und legte Ebony ein Strickhalfter an. Dann winkte sie Sim zu sich heran. Die Pferde drängten sich um die falsche Mutter und ihr Fohlen und die Nervosität der Tiere war zu spüren wie ein herannahendes Gewitter. Big Boy rollte mit den Augen und wieherte durchdringend, ein Laut, der Sim durch Mark und Bein ging. Sie hatte Angst und zögerte, der Aufforderung ihrer Tante nachzukommen.
Michael stieg durch den Zaun und sie folgte ihm schließlich. Jo drückte ihr die Leine von Ebonys Halfter in die Hand. »Bring sie runter in den Korral, okay?« Die Leine in der Hand, stand Sim da und starrte die schwarze Stute an. »Nun mach schon, Simona. Sie muss hier weg sein, bevor wir versuchen können, Angel von dem Kleinen zu trennen.«
Zaghaft zog Sim an der Leine. »Na los, meine Schöne«, sagte sie, »gleich bekommst du dein Baby zurück.«
Ebony folgte ihr ohne Probleme, sie schien froh zu sein, von den anderen wegzukommen. Jo kam ihnen hinterhergelaufen und schnappte nach Sims Hand, mit der sie die junge Stute führte. »Niemals die Leine um ein Körperteil wickeln«, stauchte sie Sim zusammen, »wenn das Pferd scheut und losrennt,
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