Julius Lawhead 2 - Flammenmond
seinen Blick bemerkte, formte ihr Mund stumm: »Ich liebe dich.«
Brandon schloss einmal kurz die Augen. Ich dich auch. Von einem Moment auf den anderen strahlte sie. Eine Träne rollte über Christinas Wange, während sie ein Stückchen näher rutschte. Unsicher streckte sie eine Hand nach ihm aus und Brandon nahm all seine Kraft zusammen, um diese Berührung zu ertragen.
Ihre Finger sanken ganz vorsichtig auf sein Haupt. So sanft, dass nichts in ihm an Coe oder dessen Diener erinnert wurde.
Christina legte den Kopf auf den Tisch, bis sie auf Augenhöhe war, und strich ihm langsam durchs Haar, eine gleichmäßige freundliche Berührung, und dabei lächelte sie.
Wir brauchten fast eine halbe Stunde und beide Sägeblätter, dann endlich war das verbleibende Stück Metall so dünn, dass ich das Werkzeug zur Seite legen konnte.
Ich griff mit beiden Händen zu und zog. Nach mehreren Versuchen brach der Eisenring endlich entzwei, und Brandon war frei. Doch er blieb einfach mit dem Kopf auf dem Tisch liegen.
»Er ist weg, Bran«, sagte Christina leise und strich ihm über die bläuliche Narbe, die mit der Zeit und einigen Blutmahlzeiten verschwinden würde. Red Deer hob die Eisen teile auf, trat zur Tür und warf das Zeichen der Knechtschaft hinaus.
Brandon, rieb sich vorsichtig den Hals, hob den Kopf und sah mich an. »Er wird niemals ganz verschwinden. Niemals!«
»Die Zeit wird deine Wunden heilen«, entgegnete ich.
»So viel Zeit ertrage ich nicht«, flüsterte er.
Red Deer hatte unser Gespräch mit angehört. »Vielleicht hilft es dir, deine Seele in der Schwitzhütte zu reinigen, Brandon. Wir können jetzt gleich dorthin gehen. Der Dampf und die Wärme werden dich reinwaschen.«
Das schien den Ausschlag zu geben.
»Ich war noch nie in einer Schwitzhütte und ich kenne die Gebete nicht«, erwiderte Brandon.
»Keine Sorge, ich werde sie dich lehren«, erwiderte Red Deer und lächelte seltsam zufrieden, was mich vermuten ließ, dass sich gerade ein weiterer Teil seiner Vision erfüllte.
KAPITEL 30
Kurz darauf waren wir auf dem Weg in die nahen Hügel. Warum ich mitkommen durfte, war mir nicht ganz klar. Der alte Indianer hatte sich auf meine Nachfrage nur sehr unzureichend ausgedrückt. Jetzt trug ich einen Stapel Holz unter dem Arm und folgte Takoda einen Hang hinauf. Der Alte schleppte einen blauen wassergefüllten Plastikeimer und leuchtete uns mit einer Taschenlampe den Weg.
Brandon lief in einigem Abstand hinter uns, blieb immer wieder stehen und starrte in die Nacht.
Red Deer hatte ihn gebeten, Salbei zu pflücken, doch bislang hielt er nur einen kleinen Zweig in der Hand, obwohl die Wüste voll davon war und uns die Büsche bis an die Brust reichten. Die Hunde huschten durch das Unterholz.
Der dünne Pfad machte eine Biegung und dann standen wir vor einer kleinen Hütte. Der Bau bestand aus gekrümmten Ästen und darüber gespannten Stoffbahnen sowie einem eckigen Türrahmen.
Red Deer stellte den Wassereimer neben die Tür und machte sich daran, ein Feuer zu entzünden, das schon bald den kleinen Platz beleuchtete. Die Hütte wurde auf drei Seiten von Felsen eingerahmt, die von einigen mageren Kakteen und Gräsern bewachsen waren; die vierte, offene Seite zeigte nach Osten.
»Du wirst das Feuer in Gang halten«, erklärte Red Deer, »und wenn ich rufe, bringst du uns frische, heiße Steine hinein.«
Jetzt bemerkte auch ich die großen runden Kiesel aus Vulkangestein, die offensichtlich nicht zufällig im Feuer lagen.
»Und was machst du in der Zeit?«
»Ich werde mit Flying Crow beten und ihm helfen, die Stimme des Großen Geistes zu hören. Wenn du möchtest, kannst du mit in die Schwitzhütte kommen, bis die ersten Steine ihre Hitze verloren haben. Vielleicht ist es sogar besser so und dein Freund fasst leichter Vertrauen.«
Der Indianer sah sich suchend um, doch von Brandon fehlte bislang jede Spur.
»Soll ich ihn holen? Oder rufen?«
»Ja, das wäre gut.«
Ich konzentrierte mich auf den Punkt über meinem Herzen, wo die Eide lagen, fand den schwächsten und folgte diesem Pfad zu Brandon. Seine Alpträume hatten ihn eingeholt. Ich erhaschte einzelne Bilder. Coe, Conway, der dunkle Kellerraum und Schmerz.
Ich hetzte den Pfad hinunter. Als ich um eine Kurve bog, hob Brandon gerade Salbeizweige auf, die ihm heruntergefallen waren. Ich wurde langsamer. Brandon sah mir mit versteinerter Miene entgegen. »Es ist nichts, Julius. Ich komme.«
»Red Deer hat schon Feuer gemacht.«
»Es
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