Julius Lawhead 2 - Flammenmond
Stimme war leise und drohend.
Beschwichtigend hob ich die Hände. »Ich verstehe nur nicht, wie Sie erst den Eid leisten können und Ihre Schutzbefohlenen dann derart behandeln, es gibt Regeln, Pflichten.«
Coe lachte wieder, und ich begann sein Gelächter wirklich zu hassen. »Und das soll ein Meister sein? Ein Greenhorn, ein echtes Greenhorn! Ja, glauben Sie denn, dass ich meiner Judith den gleichen Eid abgenommen habe wie dem Neger oder dem Indianer?«
»Nicht?« Ich konnte mein Erstaunen kaum verbergen.
»Natürlich nicht!«
Ich schwieg einen Moment. Jetzt verstand ich! Und erschauerte, als mir die Tragweite des Unheils klarwurde.
Es gab keine Blutschwüre, die Darren oder Brandon schützten, es gab keine Magie, die darüber wachte, dass die Regeln eingehalten wurden.
Mein Schwur zwang mich dazu, meine Vampire mit allen Mitteln zu schützen, solange es nicht um mein eigenes Leben ging.
Nathaniel Coe konnte tun und lassen, was er wollte. Wo kein Eid, da war auch kein Schutz, und der Codex griff auch nur, wenn ein Schwur geleistet worden war.
Aber dann, so folgerte ich, musste Brandon für ihn beim richtigen Preis austauschbar sein.
»Sie haben Ihre Rache gehabt, Sie haben Brandon zum zweiten Mal zerstört. Was kann er Ihnen also noch bedeuten, wenn er ohnehin, wie Sie sagen, nicht unter Ihrem Schutz steht?«
»Kluge Antwort, Lawhead. Es ist wahr, der Indianer beginnt mich zu langweilen. Ich überlege, ob ich ihn töten soll, aber das kann ich nicht, denn er sehnt sich nach dem Tod, und ich bin nicht der Weihnachtsmann, ich erfülle keine Wünsche. Was also soll ich tun?«
»Verkaufen Sie ihn mir!«, schlug ich vor.
»Aber vielleicht gefällt mir der Gedanke nicht, ihn lebend und glücklich zu wissen, und vielleicht habe ich auch schon genug Geld. Was also dann, Mr Lawhead, was können Sie bieten, das mich zufriedenstellen könnte?«
Er stellte diese Frage, als hätte er die ganze Zeit über gewusst, dass ich mehr anbieten würde als Geld.
Mein Herz begann zu rasen. Konnte ich Steven wirklich ausliefern, um Brandon zu retten? Brandon, dessen Seele gebrochen war und der sich selbst bereits aufgegeben hatte? Wer machte mich zum Richter, der entschied, wessen Leben mehr wert war?
Tief in meinem Inneren zerrten die Schwüre an mir. Ich würde Brandons Leben beschützen, um fast jeden Preis. Dass er seinen Teil des Schwurs nicht halten konnte, fiel nicht ins Gewicht. Ich hatte geschworen, und die Magie, die ich zum Zeugen angerufen hatte, kannte die Entscheidung. Ich hatte keine Wahl, ich habe sie nie gehabt.
»Ich biete einen Unsterblichen zum Tausch«, sagte ich und starrte krampfhaft auf meine Hände. Im Geiste hatte ich Steven vor mir, seinen blonden Lockenschopf, seine lachenden Augen.
»Erzählen Sie mir von ihm«, erwiderte Coe ruhig, »es ist also nicht die junge Vampirin, die Sie bei sich haben? Ich muss gestehen, dass mir ein mexikanischer Mischling durchaus gefallen würde.«
Ich sah erschrocken auf. »Nein, es ist nicht Christina, niemand aus meiner Camarilla.«
»Also einer von Leonhardts Vampiren, das macht die Sache interessanter.«
»Sein Name ist Steven Brenton, er ist dreißig Jahre alt und seit elf Jahren nicht mehr sterblich.«
Coe schlug sich mit der flachen Hand aufs Bein und lachte lauthals. »Ich soll den Indianer hergeben für einen Jungen, dessen Leib noch nicht einmal ganz kalt ist? Warum, um alles in der Welt, sollte ich so dumm sein?«
Ich wartete, bis mir der Meister wieder seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte. »Wenn Brandon im jetzigen Zustand bleibt, ist er schwächer als Steven, die Jahre fallen also nicht ins Gewicht. Steven ist weiß, und das macht für Sie doch einen gehörigen Unterschied, oder? Mein Angebot ist also fair.«
Ehe Coe etwas erwiderte, zog ich zwei Fotos aus der Innentasche meiner Jacke, legte sie auf den Tisch und schob sie zu ihm hinüber. »Er ist ein hübscher Junge«, setzte ich noch hinzu und beobachtete angewidert, wie der Meister die Fotos aufhob und sie gierig befingerte.
Ich kannte Steven schon vor seiner Geburt in die Nacht. Ich kannte ihn, seit Curtis ihn auserwählte und begann, ihn zu beobachten. Ich war bei Stevens Erweckung zugegen und hatte einige seiner ersten Opfer betäubt, weil sein Mentor keine Zeit fand. Ich habe mit ihm gelacht, sehr viel sogar. Er war wie ein kleiner Bruder für mich.
»Wäre es nicht schön, wenn Judith und Sie einen Sohn haben könnten? Eine perfekte kleine Familie. Steven ist gebildet,
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