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Jung genug zu sterben

Jung genug zu sterben

Titel: Jung genug zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Liemann
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Axel bleiben?«
    »Aber natürlich. Du musst mir genau berichten, was passiert ist. Deine Angaben werden wichtig sein.«
    Shirin hatte noch ein anderes Anliegen: »Können die beiden auch mitkommen, bitte?«
    »Ihr seid bei uns in guten Händen, Mädchen«, sagte die Ärztin und warf den Männern ein Abschüttler-Lächeln zu.
    »Bitte   … «, flehte Shirin.
    »Wir müssen zum nächsten Notfall, weißt du«, sagte Gero.
    »Wir haben Feierabend«, setzte Piet nach und machte das Kehlkopf-Zeichen.
    Als sie im Gang hinter der Ärztin und den Leuten mit dem luxuriösen Bett auf Rädern hinterhergingen, raunte Gero: »Sie hat doch keinen Schock.«
    »Nein. Aber Sie hat Angst.«
     
    Axel lag in Embryonalstellung auf der Seite, ein Assistent desinfizierte seinen gekrümmten Rücken. Der Operationstisch hatte die Form eines Kleeblatts. So konnte das Team nah an den Patienten herantreten, und er hatte dennoch eine stabile und halbwegs bequeme Lage. Der Raum war nicht schwarz, sondern weiß. Klinisch.
    Eine Schwester rollte eine Apparatur heran, die wie der Alptraum eines Zahnarztpatienten aussah. Jede Menge Gummischläuche, und an ihrem Ende spitz grinsende Metallspitzen. Piet legte seine Hand auf Shirins Schulter. Er war ganz froh, sich festhalten zu können, denn so was hatte er auch noch nicht gesehen.
    »Jetzt kommt noch einmal ein kleiner Stich, Axel«, sagte Dr.   Harissa. »Aber den wirst du nicht merken, wir haben ja mit der Spritze deinen Rücken betäubt.« Bis eben hatte die Ärztin mit den inzwischen zu einem Pferdeschwanz gebundenen Haaren während all ihrer Handgriffe Shirin ausgefragt. Einmal fragte sie auch Axel, ob er schon früher ähnliche Anfälle gehabt hatte. »Nein«, kam es leise, einsilbig und tonlos.
    »Wir nehmen ein kleines Quantum Nervenwasser ausdeinem Rücken«, sagte Dr.   Harissa. Und mit Blick zu den skeptischen Männern: »
Progress 700
– das Gerät führt uns lasergestützt zum idealen Einstichpunkt. Das Nervenwasser gelangt ohne Sauerstoffkontakt direkt in die Analyse.«
    »
Progress 700«,
flüsterte Piet. »Klingt nach Staubsauger.«
    »Oder nach ’nem Raumschiff«, wisperte Gero, als er Shirin wieder vor sich wahrnahm.
    Sie hatten nicht bemerkt, dass die Mattglastür aufgeglitten war. Ein weiterer Arzt in dem speziellen Institutskittel stürmte herein. Schwarze Haare, jung, und offenbar kochte er. »Was ist das hier?«
    Dr.   Harissa konzentrierte sich auf ihre Metallspitzen und entschied sich für die gemeinste.
    »Ist das der Junge?«
    »Ja. Möglicherweise sein erster Anfall. Wenn ich weiß, ob es Hinweise gibt auf epileptische   … «
    »Der Patient wird sofort überführt! Er ist bei mir angemeldet. Es gibt keinen Grund, dass Sie ihn untersuchen.«
    Die Frau sah den Mann ruhig an. »Es ist eine Notfallerstuntersuchung, deshalb ist er bei mir.«
    Piet wollte die Situation entschärfen: »Ähm, Doktor Lascheter? Ich glaube, wir hatten vorhin miteinander telefoniert. Berliner Feuerwehr, es ging um den Jungen und einen epileptischen Anfall.«
    Der Arzt zeigte auf Piet, Gero und Shirin: »Was ist das denn?«
    Anstelle einer Antwort zog Harissa eine Augenbraue hoch und betupfte Axels Rücken.
    Der schwarzhaarige Arzt trat auf Piet zu: »Ich bin Dr.   Hans-Henrik Fogh. Sie sind von der Feuerwehr? Dann danke und – verlassen Sie uns jetzt bitte. Das ist die Freundin? – Du kannst auch gehen.«
    Harissa protestierte nicht, im Gegenteil. »Ich habe alle Angaben von ihnen, die wir brauchen.«
    »Na also.« Damit war das Dreiergrüppchen Luft für ihn, und er wandte sich dem rostfarbenen Pferdeschwanz zu. »Der Professor erwartet die au-gen-blick-liche Überführung des Patienten. Die Liquorpunktation ist unnütz und gefährlich. Stoppen Sie sie sofort!«
    Einer der Assistenzärzte legte Shirin die Hand um die Schulter. »Du kannst mit mir kommen. Ich erkläre dir alles.« Dann sah er den Männern in die Augen. Ein Blick, als wolle er ihnen nach der Schlacht Orden anheften. Kräftiges Händeschütteln. Wegweis zur Tür.
     
    Gero und Piet liefen schweigend einen schwarz glänzenden Gang hinunter.
    Im Kittel kam ihnen ein Mann entgegen, der genau auf der Mitte des Gangs Kurs hielt und keine Anstalten machte, auch nur einen Millimeter auszuweichen.
    Auf dem Schädel ihres Gegenübers spiegelten sich die Leuchtstoffröhren. Er schritt zügig, aber keinesfalls gehetzt, der Oberkörper blieb auf einer Linie, aufrecht fast bis zum Stolz.
    Als Piet mit den Lippen stumm ein »Guten Tag«

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