Junge Liebe 050 - Bye,bye, Mauerblümchen
mühsam, legte meine Hände auf ihre Schultern. „Bitte, beruhige dich. Mir geht es gut.“ Ich lächelte leicht. „Ich bin nicht allein. Ich habe euch. Ich schaff das.“
„Er hat meinem Baby wehgetan!“, widersprach sie weinend.
„Ja. Ja, das hat er. Es tut mir leid, dass ich es dir nicht sagen konnte.“
„Ach was, darum geht es mir nicht. Es ist schrecklich, dass so etwas überhaupt passiert. Würdest du … normal sein, wäre das nicht passiert.“
„Wie bitte?“ fragte ich leise und hob eine Augenbraue. „Normal?“
„Ja. Na ja, Hetero eben.“
Ich holte tief Luft. „Tja, bin ich aber nicht. Ich möchte es auch nicht sein, Mum. Ich hoffe, du kannst damit leben.“
„Das kann ich. Auch wenn es mir nicht gefällt. Immerhin werde ich nie einen Enkel bekommen.“ Jetzt schmollte sie.
„Hm … kann man nie wissen.“ Ich zwinkerte ihr zu. „Mum, ich möchte dir gern jemanden vorstellen. Du kennst ihn zwar schon, aber … na ja, nicht so.“ Ich nahm ihre Hand und führte sie in den Flur zu Robin und Dad. „Mum, das ist Robin Melura, mein Freund. Robin, meine Mutter Silvia Lorenz.“
Robin sah mich amüsiert an. „So förmlich.“
„Dein Freund? So wie ... Dein Freund?“, fragte sie verständnislos.
„Nun, mein Freund. So wie Dad dein Freund war, bevor ihr geheiratet habt. Ich … ich habe mich in Robin verliebt, Mum.“
„Oh …“ Zu mehr kam Mum nicht mehr, denn hinter uns erklang ein tiefes Knurren, wie von einem wilden Hund. Die Bestie.
„Was will der hier? Raus mit ihm. Sowas kommt mir nicht ins Haus!“
Robin hob die Augenbrauen, Mum und Dad starrten Großmutter erstaunt an, doch ich trat langsam auf sie zu. „Wenn er geht, dann gehe ich auch. Denn ich bin auch so einer!“, sagte ich leise. Plötzlich kam es mir so leicht vor. Vielleicht lag es daran, dass mein Verhältnis zu Großmutter eh schon extrem unterkühlt war.
„Was willst du damit sagen?“, zischte sie.
„Hm … ich bin schwul, liebe Großmutter. Ich bin, wie du es ausdrückst, eine Schwuchtel. Muss ich dich nochmal daran erinnern, dass dies nicht dein Haus ist? Vielleicht solltest du lieber gehen!“
Großmutter schnappte nach Luft. „Das glaube ich nicht! Ich habs gewusst. Deine Besuche bei denen waren nicht gut für dich!“
Laut lachte ich auf und ging zu Robin, der von Mum bereits ins Wohnzimmer geschoben worden war. „Nicht gut für mich? Verdammt, Großmutter! Homosexualität ist nicht ansteckend. Ich war schon immer so. Nicht Robin hat mich dazu gemacht!“
„Da bin ich anderer Meinung. Silvia, wie kannst du das hinnehmen? Das ist doch … unnormal!“
„Es ist nicht das, was wir kennen. Da stimme ich dir zu, Mutter. Aber es ist Jakes Leben. Es ist mit Sicherheit kein einfaches Leben. Aber es ist sein Leben. Und wir müssen es akzeptieren.“
„Akzeptieren? Wie kann man so etwas akzeptieren? Jake, du solltest das vergessen und dir eine Frau suchen. Wie jeder normale Mann auch!“
„Normalität ist relativ, nicht wahr, Großmutter“, gab ich bissig zurück.
„Normal ist es, wenn Mann und Frau zusammen leben, heiraten und Kinder bekommen!“, beharrte sie auf ihrem Standpunkt, der mich allerdings nur den Kopf schütteln ließ.
„Mutter, Jake ist dein Enkel. Du solltest akzeptieren, was er tut, wie er lebt.“
„Was hat das mit Akzeptanz zu tun, Mum?“, fragte ich.
„Ist es nicht das, was ihr wollt? Akzeptanz?“ Sie sah mich verwirrt an.
„Nein, Mum. Homosexualität zu akzeptieren, bedeutet etwas hinzunehmen, was anders ist. Homosexualität ist nicht anders. Sie ist so normal wie das Atmen! Es ist egal, ob sich ein Mann und eine Frau lieben. Ob sich zwei Frauen lieben, oder zwei Männer. Liebe ist Liebe. Sex ist Sex. Das hat nichts mit Akzeptanz zu tun.“ Ich spürte Robins Hände auf meiner Taille. „Niemand von euch muss verstehen, warum ich schwul bin. Alles, was ich will, ist, dass ihr mich nicht als unnormal betrachtet. Denn das bin ich nicht. Ich möchte keine Akzeptanz. Ich möchte als das behandelt werden, was ich bin. Euer Sohn. Euer Enkel. Nur weil ich einen Mann liebe, bin ich kein anderer Mensch. Ich bin immer noch Jacob Lorenz.“ Ich senkte den Blick, lehnte mich in Robins warme Umarmung.
Meine Familie schwieg. Lange. Zu lange für meinen Geschmack und ich begann zu zittern. Sollte es mir ergehen wie Dan? Würde ich plötzlich ohne Familie dastehen?
Es war mein Vater, der sich als erstes zu Wort meldete. „Für mich wirst du immer mein Sohn bleiben. Mir ist es
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