Junge Liebe 050 - Bye,bye, Mauerblümchen
dann erzählte ich Robin von dem Deal, den ich mit Mum geschlossen hatte. „Ich habe keine Ahnung, wie sie reagiert hat. Ich weiß nicht, ob sie enttäuscht ist, weil ihr Sohn schwul ist. Es ist doch ein Unterschied, ob es ein Fremder ist, oder das eigene Kind.“
Robin schwieg eine Weile, dann zuckte er die Schultern. „Kann sein. Ich weiß es nicht. Ich hatte Gott sei Dank nie Probleme. Meine Eltern wussten es schon, bevor mir es wirklich klar geworden war. Aber ich kenne diese Probleme von Dan. Seine Eltern haben es bis heute nicht verkraftet, dass ihr Sohn schwul ist. Sein Vater lehnt ihn ab und seiner Mutter ist der Meinung, etwas bei seiner Erziehung falsch gemacht zu haben.“ Er schüttelte den Kopf. „Idioten.“
„Wie kann man sein Kind ablehnen, nur weil es … andere Dinge liebt? Das versteh ich nicht.“
Robin kam zu mir und streichelte meine Wange. „Schatz, du wirst von nun an immer wieder auf Menschen stoßen, die deine Lebensweise nicht akzeptieren. Hass gehört zu unserem Leben dazu. Du kannst ihn an dich heranlassen, doch das macht dich kaputt, oder du stehst drüber und küsst den Kerl neben dir.“
„So wie ihr es bei meiner Großmutter getan habt“, erinnerte ich mich und augenblicklich wurde mir schlecht. „An die will ich gar nicht denken.“
„Versteh ich. Jake, wenn du möchtest, komme ich mit. Dann ist es ein Abwasch. Deine Familie lernt mich kennen und ...“
„Aber sie kennen dich schon.“
„Nur als deinen Friseur. Nicht als deinen Freund. Deinen Partner.“
Ich seufzte glücklich. „Das klingt gut. Mein Partner. Mein Freund Robin.“ Ich küsste ihn zärtlich.
Lächelnd erwiderte er den Kuss. „Na los.“ Er schaute auf die Uhr. „Ich bin mal frech und lade mich einfach bei euch zum Mittagessen ein“, grinste er.
„Das ist ja wie im Grim, wo dieser wandelnde Schminkkasten sich auf einen Drink einladen wollte“, lachte ich.
„Jaah, aber erstens kann ich mich schminken und zweitens bin ich netter als die. Bestimmt!“
Ich kicherte. „Das sah irre aus, mit dem Schwarz um deine Augen. So musst du zu Großmutter kommen, die fällt glatt um, dann hat es sich mit der Diskussion.“
Robin grinste. „Kein Problem. Gib mir fünf Minuten.“
Lachend hielt ich seine Hand fest. „Nein, lass es. Mum will ich ja nicht ausknocken.“ Ich seufzte. „Ich habe trotzdem Angst.“
Er legte seine Hand an meine Wange, streichelte sanft mit dem Daumen über mein Gesicht. „Ich weiß. Aber ich bin bei dir, Kleiner. Du musst keine Angst haben. Und denk an deinen Dad. Der steht auf alle Fälle hinter dir.“
Dad. Mit diesem Gedanken ging es mir gleich besser. Ich würde nicht der ganzen Familie beichten müssen. Nur Großmutter, wenn man es genau nahm.
Entschlossen nickte ich. „Lass uns Mittagessen gehen.“
Als wir eine halbe Stunde später vor dem Haus standen, bekam ich Bauchschmerzen. „Wollen wir nicht lieber irgendwo eine Pizza essen gehen?“
„Nein. Jake, du wohnst hier. Du kannst dich nicht irgendwo verkriechen. Ich bin bei dir, okay?“
Ich sah Robin verzweifelt an, schloss kurz die Augen und lächelte, als er „Ich liebe dich“ in mein Ohr flüsterte. „Ich liebe dich auch.“
„Dann schaffst du es auch.“ Er drückte meine Hand und gemeinsam gingen wir auf die Haustür zu. Ein letztes Mal atmete ich tief durch, dann schloss ich auf. Lauschend trat ich in den Flur, sah mich um. „Ich bin da!“, rief ich.
„Jake. Schön, dass du …“ Dad war aus dem Wohnzimmer gekommen und grinste. „Volles Programm, ja?“ Er musterte Robin hinter mir. „Mahlzeit, Robin.“
„Gleichfalls, Herr Lorenz.“ Sie gaben sich die Hände.
„Dad, wie hat Mum reagiert?“, fragte ich leise.
„Na ja.“ Er rieb sich das Kinn, „sie hat geweint. Sie war geschockt von dem, was dir passiert ist und natürlich auch, weil du lieber Männer küsst. Aber sie hat sich wieder beruhigt. Gib ihr Zeit. Die Sache mit dem Übergriff macht ihr sehr zu schaffen.“
Ich nickte. „Wo ist sie denn?“
„Im Wohnzimmer. Sie deckt den Tisch.“
Hinter mit spürte ich Robin, der mir einen Kuss in den Nacken hauchte. „Du schaffst es.“
Ich zögerte einen Moment, ging dann langsam ins Wohnzimmer. „Hey, Mum“, sagte ich leise.
Was dann passierte, überrumpelte mich total. Sie kam wie eine Rakete auf mich zugeschossen, schlang ihre Arme um mich, wie ein Schraubstock und brüllte mich an, wie schlimm es war, was mir passiert ist.
„Mum … Mum, bitte.“ Ich befreite mich
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