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Junimond (German Edition)

Junimond (German Edition)

Titel: Junimond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
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nicht wo er war. Seine letzte Erinnerung war ein Licht gewesen. Grell und unangenehm. Er bewegte sich leicht, spürte einen dumpfen Schmerz im Kopf und hatte das Gefühl, an Armen und Beinen gefesselt zu sein. Was vermutlich daran lag, dass er tatsächlich gefesselt war.
    Er saß auf einem Stuhl, seine Beine waren mit Tape-Band an den vorderen Stuhlbeinen fixiert, seine Arme hinter der Stuhllehne zusammen gebunden. Sogar sein Mund war mit einem breiten, festen Gewebeband verklebt. Ihm fiel James Bond ein. Die Szene in Casino Royal , in der der Agent nackt auf einem Stuhl ohne Sitzfläche sitzt und von irgendwelchen russischen Schurken gefoltert wird. Er hatte zwar im Kino bei der Szene die Hälfte der Zeit die Augen zugekniffen gehabt, aber die Botschaft war auch so angekommen. Nie durfte man in eine solche Situation geraten. War das ein Traum?
    Ares blinzelte in das funzelige Glühbirnenlicht über ihm und die Erinnerung kam zurück. Nein, dies war kein Traum. Dies war seine fürchterliche Realität.
    »He, du!«
    Die Stimme kam aus der Ecke, dem Halbdunkel, wo Ares jetzt ein Mädchen erkannte. Sie saß an der Wand mit angezogenen Knien auf dem Boden, neben sich einen Feldhockeyschläger wie einen Häuptlingsstab.
    Seine erste Vermutung war, dass es doch Hausbesetzer hier gab, und dieses Mädchen ihn bewachen musste. Aber seit wann waren die so militant mit Musikern? Er wollte etwas sagen, aber mit Tape-Band auf dem Mund war das schwierig, also nickte er nur kurz mit dem Kopf.
    Das Mädchen stand auf. Sie war größer als er vermutet hatte und älter. In seinem Alter. Mit braunen, halblangen, wilden Haaren. Sie trug ein schwarzes T-Shirt mit einem Totenkopf und eine an den Knien zerrissene Jeans. Stand ganz lässig da, mit dem Hockeyschläger in der Hand. Und sah toll aus. Sie war genau sein Typ. Eine Art Lara Croft. Nur süßer. Vermutlich trotzdem gefährlich.
    »Ich kann dich anzeigen. Hausfriedensbruch«, sagte sie ruhig.
    Ares musste lachte, obwohl das mit dem verklebten Mund eher ein Glucksen war. Hausfriedensbruch? Das war ja wohl eher ihr Vergehen. Seine Augen lachten. Doch das war nicht so schlau, wie er sofort realisierte. Ihr Blick verfinsterte sich, dann holte sie ihr Handy heraus.
    »Ein Anruf genügt.«
    Sie tippte eine Nummer ein und hielt ihm das Display hin. 110. Alles klar. Dann drückte sie vor seinen Augen auf Verbindung, fixierte ihn, in der einen Hand das Handy in der anderen den Schläger. Schon klar, sie hatte hier das Sagen. No mercy . Er schloss die Augen, hörte sie telefonieren. Verdammt.
    »Hallo? Ich heiße ... Schmidtbauer. Ich habe einen Einbrecher gefasst. Möglicherweise hat er jemanden umgebracht. Sie müssen ihn jetzt abholen. Ja, Virchowstraße 47, in Potsdam Babelsberg. Das ...« Sie zögerte, »... unrenovierte Haus.«
    Ares riss die Augen auf. Jemanden umgebracht? Moment mal. Was ging hier ab? Das war kein Witz mehr. Und überhaupt. Das unrenovierte Haus? Heruntergekommen, verrottet, verfallen hätte es besser getroffen. Das war gar kein Haus mehr, das war eine Ruine, zum Erkunden freigegeben. Er ruckelte wütend an seinen Fesseln. Er würde sich befreien und dann diese Chica fertigmachen. Er war immer noch ein Junge.
    Durch seine heftigen Bewegungen kam der Stuhl ins Taumeln, stand kurz auf zwei Beinen und fiel dann zur Seite.
    Sehr uncool. Und schmerzhaft. Er drohte wieder in Ohnmacht zu fallen. Doch auf einmal war sie da, hatte vor Schreck den Hockeyschläger fallen lassen und kniete besorgt neben ihm. Und roch gut, nach irgendetwas Indischem. Sehr gut. Aber das war unwichtig, denn dies hier war ein Kampf. Also verdrehte Ares die Augen und schloss sie. Sollte sie doch glauben, er wäre tatsächlich ohnmächtig. Oder sogar tot.
    »He! Alles okay? Sag doch was?«
    Sie riss das Tape-Band von seinem Mund.
    Jetzt nicht nachgeben .
    Sie tätschelte sein Gesicht unbeholfen, suchte seinen Puls. Ares begann, die Sache Spaß zu machen. Sie löste seine Bein- und Armfessel, rückte den Stuhl beiseite und versuchte, ihn in die stabile Seitenlage zu bringen. Oder das, was sie dafür hielt. Sie schien sich wirklich Sorgen zu machen. Als die stabile Seitenlage nicht klappte, drehte sie ihn zurück auf den Rücken. Ratlos.
    Er konnte gut tot spielen. Früher in den Kämpfen mit Lars hatte er das oft angewandt. Lars war ein Zombie, wenn man sich mit ihm anlegte und das war Nick und ihm ständig passiert. Und wenn gar nichts anderes mehr ging, dann hatte er sich tot gestellt. Einfach alle

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