Junimond (German Edition)
drin, meinte Stella. Da müsste auch Salz und Pfeffer und so sein.«
Sie wühlten nebeneinander in der Kiste und während sich Olivia mit den bunten Tellern und dem Besteck aufhielt, entdeckte Nick einen großen, gusseisernen Topf, der absolut geeignet für dieses Essen war. Er stellte ihn auf den Gasherd, goss Olivenöl hinein und briet erst die Zwiebeln, dann das übrige Gemüse an. Jeder Handgriff erschien ihm selbstverständlich, obwohl er seinen Eltern beim Kochen meist nur zugesehen hatte.
Olivia stand neben ihm und sah ihm zu wie einem Hexenmeister, der einen Zaubertrank zusammenrührte.
Er reichte ihr den Kochlöffel.
»Magst du es würzen?«
»Oh nein, ich weiß gar nicht, was das ist.«
»Salz und Pfeffer?«
»Mach du besser.«
Sie beobachtete, wie er einen Teelöffel Salz in den Topf streute.
»Es riecht gut, oder?«, sagte er, als sie neben ihm schnüffelte.
Sie beugte sich über seinen Nacken. »Du riechst gut.«
»Ja? Wie denn?«
»Weiß nicht, kommt mir irgendwie bekannt vor.« Sie lachte. »So männlich.«
34
»Wenn man eine Vision hat, dann muss man für sie kämpfen.«
(Ed Wood)
Sonntagmorgen
Es war erst acht Uhr, aber Stella war schon wach. Schon gestern hatte sie die ganze Nacht nicht schlafen können, war erst am Morgen eingeschlafen und trotzdem kurz danach wieder aufgewacht. Aufregung. Natürlich.
Gestern hatte Stella die Zeit totgeschlagen, indem sie das Haus geputzt hatte. Von oben bis unten, so als ob es jemand kontrollieren würde. Alle Zimmer gewischt, die Küche geputzt und von dem letzten Geld frischen Kaffee und Cola gekauft. Das war doch zu verrückt. Und jetzt lag sie schon wieder wach und starrte an die Decke des Zimmers, lauschte auf die Geräusche im Haus. Natürlich gab es keine, alle schliefen noch, aber es war so schön, hier nicht mehr allein zu sein. Vielleicht gab es Menschen, die gerne allein lebten und manchmal, wenn sie besonders genervt von den Mitbewohnern ihrer Mutter gewesen war, hatte sie es sich sogar gewünscht. Aber dann wieder gab es so viele Vorteile, mit anderen zusammen zu leben. Zum Beispiel der gestrige Abend. Obwohl sie dieser ganzen ich-koche-Aktion von Olivia nicht eine Chance gegeben hatte, hatte es irgendwie geklappt. Während sie mit Ares auf der Terrasse gestanden hatte, war in der Küche ein Wunder geschehen und am Ende hatten sie zusammen am Tisch gesessen und ein sehr leckeres Ratatouille gegessen. Wie auch immer es entstanden war, ganz bestimmt hatte Jamie Olivier am wenigsten dazu beigetragen. Stella dachte an Olivias großzügigen Einkauf. Sie war immer noch etwas schockiert davon, dass sie nicht nur mit dem teuersten Biogemüse, Wein und Kuchen zurückgekommen war, sondern auch mal eben ein Kochbuch gekauft hatte. Andererseits war es angenehm, dass es hier offenbar keine Diskussionen über Geld geben würde. Olivia hatte abgelehnt, dass jemand etwas zu dem Einkauf beisteuerte und dazu noch 200 Euro, die sie von ihrem Vater für ihren »Urlaub« bekommen hatte, in eine Dose gelegt. Für den Haushalt, für Essen, für alle.
Und Ares? Erst hatte sie nicht einschlafen können, weil sie über ihn nachgedacht hatte und jetzt konnte sie nicht weiter schlafen, weil sie schon wieder an ihn dachte. Sie würde sich in ein übermüdetes, hohläugiges, schlecht gelauntes Monster verwandeln, wenn das so weiter ging. Aber zurzeit löste der Schlafentzug nur Euphorie aus. Sie waren eine gute Gruppe. Olivia war großzügig und voller Energie. Nick war nett, sensibel und einfühlsam. Und Ares? Sie seufzte.
Wieso war ihr nichts Besseres eingefallen, auf der Terrasse, als sie allein mit ihm gewesen war, als über Mülltrennung zu reden? So wichtig war ihr das Thema doch gar nicht. Und dann hatte dieser Vogel gesungen. Eine Nachtigall, hatte ihr Ares erklärt. Dass sie während der Brutsaison auch tagsüber sängen, um ihr Revier zu verteidigen. Und so lange sängen, bis sie ein Weibchen gefunden hätten.
Das war romantisch gewesen.
Auch, dass er sich damit auskannte und früher selber Vögel beobachtet hatte. Das hätte sie niemals von ihm gedacht. Und sie hatte stattdessen nur über Mülltrennung geredet. Und wenn er jetzt wach auf seiner Matratze lag, dann dachte er hoffentlich nicht an sie und die Mülltrennung. Als wäre das eine Einheit.
Sie stand auf und überlegte, was sie Konstruktives tun konnte, bis die anderen wach waren. Kaffee kochen, damit der Geruch sie aus den Betten holte? Irgendetwas zusammenhämmern, damit sie wach wurden?
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