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Jupiter

Jupiter

Titel: Jupiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bova Ben
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Gedanke war: Ich kann hören!
    Er öffnete die Augen und sah sich in der Krankenstation. Sein Bett war durch dünne Plastikvorhänge von den anderen abgetrennt. Vom Kopf bis zu den Füßen tat ihm alles weh, aber der Schmerz, der so lange hinter seinen Augen gepocht hatte, war jetzt verschwunden. Er hatte einen klaren Kopf, fühlte sich nicht einmal schwindlig.
    In einem Schwall kehrten die Erinnerungen zurück und schlugen über ihm zusammen. Wie sie in der zerschlagenen, gerade noch funktionsfähigen Zheng He aus dem Ozean und durch die Wolkenhülle gestiegen waren, wie sie die Umlaufbahn erreicht hatten. Die hektischen Botschaften von der Station alle abgelesen vom einzigen noch funktionierenden Konsolenbildschirm, weil er noch immer nichts hatte hören können. Zu erschöpft und mitgenommen, um mehr zu tun als halb betäubt an seiner Konsole auszuharren, hatte Grant den Autopiloten des Rendezvoussystems aktiviert, um sie zurück zur Station zu befördern. Das System hatte gut genug funktioniert, dass die Flugleiter an Bord der Station gemeinsam mit dem Autopiloten die Tauchsonde erfolgreich hatten andocken können.
    Man hatte die ganze Besatzung in aller Eile zur Krankenstation geschafft. Grant erinnerte sich undeutlich, dass Dr. Wo in seinem Rollstuhl neben ihm hergefahren war, während zwei Krankenpfleger ihn im Laufschritt durch den Stationskorridor gerollt hatten. Der Direktor hatte unaufhörlich die Lippen bewegt, wahrscheinlich mit tausend Fragen, aber Grant hatte kein Wort hören können.
    Er hatte keine Ahnung, wie lange er schon in der Krankenstation lag. Wie mochte es Lane, Zeb und Krebs ergehen? Hatten sie überlebt?
    Vorsichtig richtete er sich zu sitzender Haltung auf. Das Krankenbett passte sich automatisch an und hob den oberen Teil, um ihm den Rücken zu stützen. Das Summen der medizinischen Monitore schien sich ein wenig zu verändern.
    »Ich kann hören«, sagte er laut. Seine Worte waren von einem seltsamen leichten Nachhall begleitet, als hätte er im Innern einer Metallröhre gesprochen. »Ich bin am Leben«, sagte er, »und ich kann hören.«
    »Ich auch.«
    Es war Karlstads Stimme von der anderen Seite des Vorhangs zu seiner Linken.
    »Egon!«, rief Grant. »Wir haben es geschafft!«
    »Ja. Sie haben uns gerettet, Grant.«
    »Ich?«
    »Kein anderer, Junge. Sie haben uns ganz allein dort aus der Scheiße gezogen.«
    »Aber ich habe nur…«
    Das Klappern harter Absätze auf den Bodenfliesen hörte sich wie Gewehrfeuer an. Mehrere Personen näherten sich mit schnellen Schritten, ungeduldig.
    Der Plastikvorhang am Fußende von Grants Bett wurde an quietschenden Metallringen ruckartig beiseite gezogen. Ellis Beech stand dort, Verärgerung unübersehbar in seinem dunklen Gesicht. Ein jüngerer Mann stand dicht hinter ihm, blass im Gesicht, mit dünnem blondem Haar. Wie Beech trug auch er einen grauen Straßenanzug. Aber Grant starrte auf die andere Person in Beechs Begleitung: Tamiko Hideshi, gekleidet in ein schwarzes, bodenlanges Seidenkleid mit einem hohen Mandarinkragen. Ihr rundes Gesicht war ausdruckslos bis auf den schwelenden Groll in ihren dunklen Mandelaugen.
    »Ich nehme an, Sie halten sich für einen Helden«, sagte Beech.
    Grant blickte verständnislos die Stirn runzelnd von Tamiko zu ihm. Dann fiel es ihm ein. Die letzten zwei Datenkapseln, die sie von der Zheng He abgefeuert hatten, während die Tauchsonde mit letzter Anstrengung versucht hatte, der Anziehungskraft Jupiters zu entkommen und in eine Umlaufbahn einzutreten.
    »Nein«, erwiderte Grant kopfschüttelnd. »Ich tat bloß, was getan werden musste.«
    »Sie haben uns verraten!«, fauchte Hideshi.
    »Ich teilte dem Rest der Menschheit neues Wissen mit. Wie kann das Verrat sein?«
    In jenen verzweifelten Augenblicken, als er nicht gewusst hatte, ob die Sonde es schaffen oder in einem feurigen Absturz auf den Planeten zurückfallen würde, hatte Grant die Kapseln programmiert, dass sie ihre Daten auf der weitest möglichen Bandbreite senden sollten. Er hatte Dr. Wos Worte im Gedächtnis behalten: Dann senden wir die Information zur Erde. Zum Sitz der Internationalen Astronautischen Beh ö rde, zu den wissenschaftlichen Organisationen der Vereinten Nationen, zu allen Nachrichtendiensten und Universit ä ten. Gleichzeitig. Wir machen unsere Bekanntgabe so laut und so umfassend, dass sie nicht ü bersehen oder unterdr ü ckt werden kann.
    Genau das hatte Grant getan. Er hatte alle Daten, die sie gesammelt hatten, auf allen

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