Jupiter
schenkte ihm ein blendendes Lächeln. »Nicht der Rede wert. Und hören Sie auf mit dem Einsiedlerleben! Essen Sie mit uns
zu Abend.«
»Uns?«
»Egon, Tamiko, Ursula…«
»Lane?«
Er legte den Kopf ein wenig schief. »Ja, vielleicht sogar sie. Aber wir passen auf, dass Egon bei Tisch außer Reichweite von ihr sitzt!«
Grant lachte.
»Wir werden sie neben Sie setzen.«
*
Er hielt Wort.
Besorgt und unsicher betrat Grant die Cafeteria mit dem ersten Schwall von Menschen, die zum Abendessen kamen. Als er sich in die Schlange vor der Essenausgabe einreihte, sein Tablett weiterschob und geistesabwesend seine Auswahl traf, hielt er Ausschau nach Muzorawa oder Karlstad oder den anderen. Keiner von ihnen war in Sicht.
Dann sah er O’Hara hinten in der Schlange, und ein paar Köpfe hinter ihr tauchte Muzorawas bärtiges Gesicht auf. Als er sein Tablett beladen hatte, standen auch Karlstad, Kayla Ukara und Tamiko Hideshi in der Schlange.
Grant zögerte unbeholfen, dann entschied er, dass es töricht sei, einfach unschlüssig dazustehen. Die meisten Tische waren noch unbesetzt, also wählte er einen aus, der groß genug für sechs war und setzte sich so, dass er die Essenausgabe und die Warteschlange im Blickfeld hatte.
Tatsächlich kam O’Hara mit ihrem Tablett gerade auf seinen Tisch zu, danach Muzorawa und die anderen. Alle setzten sich an Grants Tisch und begrüßten ihn, als wäre nichts geschehen. Auch Karlstad gesellte sich zu ihnen. Muzorawa hatte ihm einen Platz gegenüber von O’Hara freigehalten, die sich neben Grant niedergelassen hatte. Gerade als Karlstad sich setzte, flackerten die Leuchtfelder in der Decke einmal, zweimal. Alle blickten auf.
»O je«, sagte Hideshi.
»Ich glaube«, murmelte Muzorawa, »es hat sich stabilisiert…«
Aber auf einmal gingen alle Lichter aus, und die vollbesetzte Cafeteria lag in völliger Dunkelheit. Grant hörte das Gemurmel und Ächzen der Essensgäste, ein instinktives, kollektives Geräusch von Furcht und Anspannung, das sich rasch in Gemurmel und Murren auflöste. Er merkte, dass er Herzklopfen hatte.
»Es hat sich stabilisiert, kein Zweifel«,höhnte Karlstad.
»Was ist los?«, fragte Grant, atemlos vor ängstlicher Anspannung. »Was geht vor?«
Trübe Notbeleuchtung ging an und erhellte notdürftig den weitläufigen Raum.
»Stromausfall«, zischte Ukara.
»Es kommt hin und wieder vor«, sagte Muzorawa ruhig und gelassen.
Aber Grants Spannung löste sich nicht. Er wusste, dass Elektrizität benötigt wurde, um die Luftzirkulation, die Heizung und alle anderen lebenserhaltenden Systeme in Gang zu halten.
»Es könnte an der Expansion von los Magnetfeld liegen«, meinte Karlstad.
»Eher ein Kurzschluss durch Plasma zwischen Io und dem Planeten«, sagte Ukara.
»Ja«, meinte Muzorawa. »Wahrscheinlich gehen wir durch eine Plasmawolke, und unsere Generatoren wurden überladen.«
»Mir ist es unheimlich«, sagte Hideshi mit bebender Stimme.
Grant fragte: »Plasmawolken verbinden die Atmosphäre Jupiters mit Io?« Seine Stimme klang hoch und zittrig in seinen eigenen Ohren.
»Nicht oft«, erwiderte Muzorawa. »Aber von Zeit zu Zeit ist das der Fall.«
Karlstad murmelte: »Und wir haben gerade das Glück, in der Mitte zu sein.«
»Wie lang…?«
Die Beleuchtung ging wieder an. Alle atmeten dankbar auf.
Die Cafeteria hallte von hundert plappernden, erleichterten Gesprächen wider.
Es dauerte eine Weile, bis Grant sich wieder wohl fühlte. Der Zusammenbruch der Stromversorgung konnte tödlich sein. Er beruhigte sich mit dem Gedanken, dass es Reservegeneratoren gab. Und supraleitende Batterien, die alle wichtigen lebenserhaltenden Systeme tagelang in Gang halten konnten. Trotzdem wusste er das helle, doch blendfreie Licht von den Deckenfeldern zu schätzen.
Alle schienen sich zu entspannen.
»Verdammt, ich hatte mich schon auf ein Abendessen bei Kerzenlicht gefreut!«, rief jemand. Leute lachten; zu laut, dachte Grant.
Sie zwangen sich, den Stromausfall zu verdrängen, so zu tun, als sei er nicht geschehen, oder wenigstens vorzugeben, es würde nie wieder passieren.
Karlstad fing an, zynische Witze über jemand in der biologischen Abteilung zu reißen, den Grant persönlich kannte, einen überempfindlichen Neurophysiologen, der die Tage zählte, bis seine Zeit um war und er die Rückreise in die Heimat antreten konnte. O’Hara fügte eine eigene Geschichte hinzu, wie sie Daten aus dem Gehirnscan des Neurophysiologen in Sheenas Datei
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