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Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht

Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht

Titel: Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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getan hat. Als die Richterin eines Morgens in ihr Büro kommt, liegt unter anderem die Akte Rasmus Schlegel auf dem Tisch. Verena Schlegel denkt: «Ups, den kenne ich doch. Das ist mein Mann.» Die Richterin liest sich die Akte durch. Rasmus Schlegel wird angeklagt, aus dem Elektromarkt einen Fotoapparat geklaut zu haben. Verena Schlegel ist enttäuscht, dass ihr Mann ihr nichts von dem Tatvorwurf erzählt hat. Da sie aber mit dem Angeklagten verheiratet ist, darf sie nicht darüber entscheiden, ob und wie Rasmus Schlegel bestraft wird. Die Richterin könnte ja zu ihrem Ehemann besonders milde sein, weil sie ihn liebt, oder sie könnte besonders streng sein, weil sie ihn nicht mehr liebt und ihn verlassen möchte. Damit Rasmus Schlegel fair behandelt wird, muss die Richterin das Verfahren sofort abgeben. Ein anderer Richter wird über die Anklage entscheiden.
    Hat eine Partei auch nur das Gefühl, der Richter sei befangen, kann sie einen Befangenheitsantrag stellen. Befangenheitsanträge kommen insbesondere in Strafverfahren vor. Glaubt der Angeklagte, der Richter gehe von seiner Schuld aus, obwohl der Prozess gerade erst begonnen hat, stellt er einen Befangenheitsantrag. Die Frage der Schuld oder Unschuld soll ja erst im Laufe des Prozesses geklärt werden und darf für einen Richter nicht bereits von vornherein feststehen. Ein solcher Richter hat auf der Richterbank nichts zu suchen.
6. Warum Richter Roben tragen
    Der Richter trägt bei der Gerichtsverhandlung eine Robe. Das ist ein schwarzer Mantel, den er über seiner normalen Kleidung trägt. Die Robe soll allen Beteiligten zeigen, dass der Richter neutral ist. Der Richter entscheidet nicht als Privatperson, etwa als Paul-Sebastian Sommer oder als Verena Schlegel, sondern als neutraler Richter. Für die Entscheidung des Richters spielt es keine Rolle, was er persönlich denkt. Im Gerichtssaal ist der Richter daher auch nicht «Herr Sommer» oder «Frau Schlegel», sondern er ist der «Herr Vorsitzende» oder die «Frau Richterin».
    Eine Robe sieht förmlich aus, fast ein bisschen wie eine Uniform. Das ist auch so gewollt, denn so wird klar, dass der Richter eine Respektsperson ist. Wenn der Richter den Gerichtssaal betritt, müssen alle Anwesenden aufstehen. Der Richter sorgt für einen ordnungsgemäßen und störungsfreien Ablauf der Gerichtsverhandlung. Der Richter ist die «Sitzungspolizei» und kann ähnlich wie ein Polizist im Gerichtssaal für Ordnung sorgen. Verhält sich jemand respektlos oder stört die Gerichtsverhandlung, kann der Richter gegen ihn eine Geldstrafe von bis zu 1000 Euro verhängen oder ihn sogar bis zu einer Woche ins Gefängnis schicken. Weil beide «Strafen» für Ordnung sorgen, nennt man sie Ordnungsgeld und Ordnungshaft.
    Richterin Schlegel vernimmt den Zeugen Hubertus Schultze. Der Zeuge soll Angaben dazu machen, was er bei einer Schlägerei beobachtet hat. Der Zeuge hat keine Lust dazu. Er sitzt mit einer Baseballkappe auf dem Kopf nach vorne gebeugt auf seinem Stuhl und kaut einen Kaugummi. Ab und zu macht er eine Blase und lässt sie mit einem leisen «plopp» zerplatzen. Die Richterin bittet den Zeugen, sich gerade hinzusetzen, den Kaugummi aus dem Mund zu nehmen und die Kappe abzusetzen. Zeuge Schultze antwortet, er sei ein freier Bürger, und ein freier Bürger dürfe sitzen, wie er wolle, dürfe Kaugummi kauen, wie er wolle unddürfe Kappen tragen, wie er wolle. Die Richterin fordert den Zeugen erneut auf, all diese Dinge zu unterlassen, andernfalls werde sie ein Ordnungsgeld von 200 Euro verhängen. Der Zeuge sieht das immer noch nicht ein. Daraufhin verhängt die Richterin gegen den Zeugen ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 Euro wegen ungebührlichen Verhaltens. Missmutig nimmt Zeuge Schultze seine Kappe ab, nimmt den Kaugummi aus dem Mund und setzt sich einigermaßen aufrecht hin. Geht doch. Die 200 Euro muss Zeuge Schultze trotzdem zahlen.
7. Der Richter ist unabhängig
    Es steht schon im Grundgesetz: Der Richter ist unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Aber von wem soll der Richter unabhängig sein? Kann ein Richter machen, was er will?
    Ein Richter hat keinen Chef. Niemand darf ihm Befehle geben oder ihm in seine Entscheidungen reinreden.
    Der Präsident des Amtsgerichts, Herr Dr. Dumm, bittet Amtsrichter Paul-Sebastian Sommer zu sich ins Büro. Er sagt zu ihm: «Ich habe gesehen, einer Ihrer Fälle ist der Fall Kornelius Küller gegen die Freiburger Motorenwerke. Haben Sie sich schon mal Gedanken darüber

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